Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich soll nicht töten

Ich soll nicht töten

Titel: Ich soll nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Lyga
Vom Netzwerk:
dass dir nichts passiert.«
    » Mir geht es gut«, sagte er. » Begleiten Sie die Gäste Ihrer Gefangenen immer persönlich?«
    Der Direktor brach in Lachen aus– für einen so großen, eindrucksvollen Mann hatte er ein überraschend hohes, keckerndes Lachen. Jazz ertappte sich bei dem Wunsch, dem Mann den Kehlkopf herauszureißen, um dieses mädchenhafte Lachen zu unterbinden.
    Stattdessen setzte er sein höflichstes Lächeln auf und ließ sich nicht anmerken, dass er den Kerl am liebsten umbringen würde.
    Ein Summer ertönte. Durch einen vergitterten Schlitz auf Augenhöhe in der zweiten Tür sah Jazz das Gesicht eines Vollzugsbeamten. » Gefangener!«, blaffte der Mann.
    Der Direktor nickte, und einer der Vollzugsbeamten im Raum öffnete die Tür. Der Beamte, der hereingeschaut hatte, kam durch die Tür und trat zur Seite.
    Jazz bekam seinen Vater zum ersten Mal seit vier Jahren leibhaftig zu sehen.
    Billy Dent sah…
    Er sah glücklich aus.
    Sein Mund war zu einem sarkastischen Grinsen verzogen, seine Augen waren groß, und es leuchtete etwas in ihnen, das manche Leute– allerdings niemand in diesem Raum– vielleicht fälschlicherweise für spitzbübische Freude gehalten hätten. Seine Haltung war so ungezwungen großspurig, als könnte jeden Moment Musik erklingen, und er müsste sich entscheiden, ob er tanzen wollte oder nicht. Er trug eine grell orangefarbene Gefängnishose mit einem gleichfarbigen, nicht zugeknöpften Hemd und ein sauberes weißes T-Shirt darunter.
    Jazz hatte sich Billy irgendwie schmutzig vorgestellt. Voller Ruß und Staub. Stattdessen stellte er zu seiner Enttäuschung fest, dass Billy aussah, als wäre er gerade aus der Dusche gekommen und hätte sich dann aus einem Schrank voll frischer Wäsche etwas ausgesucht. Das sandblonde Haar, das jetzt nicht mehr abrasiert und etwas länger war, als Jazz es je gesehen hatte, war frisch gewaschen und nach hinten gekämmt.
    » Willkommen, Billy«, sagte der Direktor mit höhnischem Grinsen. » Das hier ist der Besucherraum. Ich muss Sie wohl damit bekannt machen, da Sie bisher ja keine Verwendung dafür hatten.«
    Billy schlurfte herein. Er war an Händen und Füßen mit Ketten gefesselt. Sie ließen ihm vielleicht fünf Zentimeter Spielraum an den Handgelenken und zehn an den Knöcheln. Eine dritte Kette verband die beiden, die seine Gliedmaßen fesselten, und sie war gerade so lang, dass er leicht gebückt gehen musste. Es klirrte und klapperte. Ein weiterer Vollzugsbeamter stand hinter ihm. Zwei waren also mit ihm gekommen, zwei waren bereits hier, dazu der Direktor. Fünf Männer zwischen Billy und Jazz, und immer noch hatte Jazz den Eindruck, als würde Billy den Raum beherrschen. Sein Vater sah ihn geradewegs an, nach wie vor mit diesem Lächeln auf den Lippen und dem nicht nachlassenden Leuchten in den Augen.
    » Lesen Sie ihm die Bestimmungen vor«, sagte der Direktor zu dem ranghöchsten Beamten, dann verließ er den Raum.
    » Jetzt wird es lustig, Billy«, sagte der Vollzugsbeamte in nüchternem Ton. » Ich werde es nur einmal sagen, also alle gut zuhören, ja? Es läuft folgendermaßen ab. Sie sitzen auf diesem Platz hier. Ich werde Sie an den Tisch fesseln. Meine Männer und ich sind auf der andern Seite von dieser Tür.«
    Er deutete. Jazz beobachtete die Augen seines Vaters. Sie bewegten sich nicht im Geringsten; Billy sah ihn weiter an. Es war, als wäre außer Jazz niemand im Raum.
    » Die Tür wird nicht verschlossen sein. Ich möchte, dass Sie so tun, als gäbe es einen unsichtbaren Zaun quer über diesen Tisch. Genau in der Mitte. Wenn Sie diesen Zaun berühren, wenn Sie sich zu weit vorbeugen, kommen wir durch diese Tür, und wir werden Ihnen wehtun, Billy. Und ich rede nicht davon, dass wir Sie mit unseren Knüppeln schlagen oder die Elektroschockpistole einsetzen. Es wird richtig wehtun, Billy. Furchtbar weh. Und es wird lange anhalten. Ihr Junge hier wird schon längst zu Hause und im Bett sein, und es wird immer noch wehtun, verstehen Sie? Ich versuche Ihnen genau zu vermitteln, wie ernst wir Ihnen wehtun werden. Haben wir uns verstanden?«
    Ohne seinen Blick von Jazz zu nehmen, nickte Billy Dent einmal.
    Der Oberaufseher sah Jazz noch einmal an. » Und du bist dir sicher, Junge?«
    Jazz traute seiner Stimme plötzlich nicht mehr. Er nickte genau wie sein Vater, und als ihm bewusst wurde, was er tat, nickte er ein zweites Mal, nur um sich zu unterscheiden, und im nächsten Moment verfluchte er sich, weil er damit

Weitere Kostenlose Bücher