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Ich steig aus und mach 'ne eigene Show (German Edition)

Ich steig aus und mach 'ne eigene Show (German Edition)

Titel: Ich steig aus und mach 'ne eigene Show (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eveline Hall , Hiltud Bontrup , Kirsten Gleinig
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erzählt, dass du Solotänzerin bist und übergroß und blond.« – »Du hast was?« Ich hatte keinen Schimmer, wovon er redete. – »Du kannst ihn morgen in meiner Wohnung kennenlernen«, sagte er. Ich versprach zu kommen, legte auf und schaute meine Eltern an: »Mama, Papa, kennt ihr Lido?«
    Mein Tanzpartner bewohnte nur ein Zimmer von vierzehn Quadratmetern – zum Vortanzen war es viel zu klein. Der Lido-Mann stellte sich als Peter Baker vor, er war der britische Manager und erste Talentscout der Truppe. Einen Revuemenschen hatte ich mir anders vorgestellt, schwul vielleicht, zumindest exaltiert, doch Baker trug einen nüchternen Anzug und schien überhaupt sehr geschäftsmäßig. Er hätte auch Möbel verkaufen können. Ich sollte mich zum Messen an die Wand stellen – ein Meter vierundsiebzig. »Great«, sagte Baker. »Die Größe ist perfekt.« Dann schob er den Tisch zur Seite. »Können Sie mal den Kick vormachen, sich dann so und so drehen?«, bat er. Na klar! Der Kick, ein Tritt hoch in die Luft, war natürlich das Allergrößte bei meinen langen Beinen. Dann drehte ich ein paar Chaînés und er fragte nur: »Sind Sie denn ernsthaft an dem Job interessiert?« – »Öhm, ja.« – »Dann passen Sie mal auf. Es gibt zwei Lidos. Eins in Paris und eins in Vegas. Die neue Show startet zuerst in Vegas, ich würde empfehlen, Sie gehen dorthin. Die Bezahlung ist gut und für Ihre Sicherheit wird auch gesorgt. Um Sie herum sind überall Shows. Was anderes gibts da nicht.« Mein Bauch sprach klare Worte: Paris ist zwar schön, aber es gibt dort sehr viel mehr zu sehen als Bühnen und Theater. Wenn du es aber ernst meinst mit der neuen Karriere, dann stürz dich in die Welt der Shows. Schon war ich wild entschlossen: »Ich gehe nach Las Vegas!«
    Wie ein Hurrikan rannte ich nach Hause. Dort saßen meine Eltern auf dem Sofa und schauten mich groß an. »Mama, Papa, ich geh nach Las Vegas!« – »Kinners«, rief Kurt, »jetzt mach ick uns mal ne schöne Stulle, Mama kocht Tee und dann setzen wa uns hin und machen nen Plan.« Es war ja das erste Mal, dass ich fortging, und dann gleich so weit. Mein Bruder war schon lange ausgezogen, doch ich lebte mit meinen vierundzwanzig Jahren noch immer wie ein Kind bei ihnen, kam jeden Mittag zum Essen nach Hause und hatte nie einen Freund mitgebracht. Und jetzt ging das Küken nach Las Vegas. Papa fand das großartig, ein Abenteuer, das erlebt sein wollte! Das war nach seinem Geschmack. Und zu verlieren gab es ja nichts. »Wenn de nich glücklich bist, Püppi, dann kommste sofort wieder«, sagte er. »Et kann ja nüscht passiern, hier steht dein Bett und wir sind immer da. Denn jehn wa zum Ernst-Deutsch-Theater, habt ihr n paar kleene Rollen für meine Tochter? Det kriegen wa schon hin.« »Jetzt wart doch erst mal ab«, sagte Mama. »Die Leute reden viel, am Ende wird gar nichts daraus.« Doch schon zwei Tage später kam der Vertrag mit der Post. Mein kleines Vortanzen hatte also überzeugt. Mehr brauchte Baker von einer Solotänzerin nicht zu sehen. Ich war quasi ein Mercedes im Tanzfach, da konnte man sich auf Qualität verlassen. Hätte ich für die Hauptrolle in Schwanensee vorgetanzt, hätte ich viel mehr zeigen müssen. Fürs Lido reichten ein paar Drehungen. Fünfundsiebzig Dollar pro Woche sollte ich verdienen, dazu wurden noch die Versicherungen bezahlt. Im Mai kam die neue Show schon raus, im März trafen sich alle neuen Tänzerinnen in Paris. Ich war so aufgeregt! Zum ersten Mal würde ich an einem anderen Ort arbeiten, weit weg von allem, was ich kannte. Ich hatte keine Ahnung, wer und was mich erwartete, doch eines schien sicher: Ich war eine sehr gute Tänzerin. Was konnte schon schiefgehen?
    Wir neuen Lido-Mädchen sollten uns in Paris kennenlernen und ein paar Tage auf die Arbeitsvisa warten, bevor wir in die USA einreisen durften. Die Amerikaner fanden es gar nicht lustig, dass ein englisches Unternehmen so viele Europäerinnen mitbrachte. Die amerikanischen Tänzerinnen sollten schließlich auch Geld verdienen. So hielt das Konsulat uns hin, viel länger als geplant, jedoch zu meinem Glück. Ich saß in meiner Traumstadt, in der schönsten Zeit des Lebens, und bewohnte ein süßes altes Hotel mitten im Herzen von Paris. Alles knarrte, die Türen gingen nicht zu, der Hahn machte unka-unk, bevor Wasser kam. Nichts funktionierte. Alles war wundervoll.
    Am ersten Abend trafen wir sie: Miss Bluebell, die Legende des Showbusiness. Ich war offenbar die Einzige,

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