Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition)
Kehle drang ein gurgelndes Geräusch.
»Jetzt hör aber auf mit dem Scheiß, es wird dir sicher gleich wieder besser gehen. Aber ich muss jetzt los, ich habe noch was zu erledigen, tut mir leid.«
»Warte … Maejima-san!«
Dann fiel die Tür mit einem Krachen ins Schloss. Er drehte sich nicht einmal um. Er ließ mich einfach im Stich, obwohl ich mit großer Mühe gerade noch seinen Namen rufen konnte.
Zum Aufstehen fehlte mir jede Kraft und ich konnte mich kaum bewegen. Aber ich wollte auf keinen Fall in einem Love Hotel sterben.
»Papa … Mama … helft mir!«
Ich schnappte nach Luft, kratzte in der Hoffnung auf Besserung an meinem Hals und meiner Brust und wand mich hin und her. Nach einer Weile fingen meine Zehen und Finger an zu kribbeln, als wären sie eingeschlafen gewesen. Irgendwie schaffte ich es, vom Bett auf den Boden zu kriechen und schließlich aufzustehen, dann schminkte ich mich mit zitternden Händen und trüben Augen, um die Spuren der Schläge zu überdecken.
Wie dumm war ich bloß gewesen, ich hatte ihm immer alles verziehen, ganz egal, was er auch getan hatte, wenn er nur »Shoko, ich liebe dich doch« sagte. In Wirklichkeit sollte mich dieser Satz nur an ihn binden, obwohl die ganze Sache absolut nichts mit Liebe zu tun hatte. Bis zum Schluss war ich nur ein Spielzeug gewesen, um seine Bedürfnisse zu befriedigen.
Als es mir etwas besser ging, verließ ich dieses traurige Hotelzimmer, das so leer war wie all die Lügen, die er mir erzählt hatte.
Während der nächsten zwei Tage lag ich in meiner Wohnung und hätte viel darum gegeben, etwas Speed zu bekommen. Aber es reichte, die Einstiche an meinen Armen anzusehen, dann fielen mir die schrecklichen Momente in dem Hotelzimmer wieder ein.
Zu dieser Zeit kam Na-chans Anruf und ich schwor mir, endlich mit dem Speedspritzen aufzuhören. Die Halluzinationen waren so schlimm, dass ich nicht schlafen konnte. Erst ab dem dritten Tag wurde ich langsam ruhiger und bekam Hunger, unglaublich großen Hunger. Ich aß zwei riesige Schüsseln Reis mit Ei und Fleisch und trank zwei Liter Wasser auf einmal, dann schlief ich ein. Doch der Durst weckte mich wieder, und ich trank erneut eine Menge Wasser. Dann setzte ich mich in die heiße Badewanne und schwitzte alles heraus, aß wieder Reis, bis ich satt war, und schlief erneut ein. So ging das ganze zehn Tage lang. Erst dann hatte sich mein Appetit wieder normalisiert und ich hatte endlich meinen Frieden gefunden.
Das war das Ende meiner Zeit in der Drogenhölle.
Nur wenig später hörte ich von einem anderen Ende. 29 Tage, nachdem Maejima mich halbtot im Love Hotel zurückgelassen hatte, starb er an einem Lungenödem.
Bald darauf fing ich an, abends in einer Hostessenbar zu arbeiten. Es war die Zeit, als die japanische Wirtschaft Mitte der Achtzigerjahre boomte, und viele Gäste gaben unglaubliche Mengen an Geld aus, was mich immer wieder überraschte. Zur gleichen Zeit begann die Firma von Shin schlechter zu laufen, sodass er mich kaum noch unterstützen konnte. Dennoch versuchte ich stets, wenigstens einen kleinen Teil meines Lohns an meine Eltern zu schicken. Obwohl die Wirtschaft wirklich aufblühte, liefen die Dinge für mich und meine Lieben schlecht. Schließlich musste Shins Firma Konkurs anmelden, doch das änderte nichts an meinen Gefühlen für ihn, denn ich liebte ihn, auch wenn er kein Geld mehr hatte.
Das Leben war nicht einfach für mich, denn ich brauchte viel Geld für Kleider, Schuhe, Friseurbesuche und Kosmetika, um als Hostess arbeiten zu können. Daher versuchte ich so viel wie möglich an den normalen Lebenshaltungskosten zu sparen, damit ich meinen Eltern wenigstens kleinere Summen schicken konnte. Meist blieb mir kaum etwas übrig, um mir etwas zu essen zu kaufen. Doch von all dem erzählte ich Shin nichts, ich versuchte, immer fröhlich zu sein und ihm das Gefühl zu geben, dass alles bestens war.
Meine Eltern zogen mit Na-chan in ein kleines Mietshaus und wohnten dort zu dritt. Mein großer Bruder mietete eine Wohnung in der Nähe. Obwohl mein Vater noch immer nicht völlig gesund war, übernahm er einfache Zulieferaufträge am Bau für wenig Geld. Und meine Mutter hatte angefangen, als Putzfrau in Love Hotels zu arbeiten. Meine Mutter war nicht mehr die Jüngste und überhaupt nicht an diese Art von Arbeit gewöhnt, daher waren ihre Hände bald knallrot, voller Schwielen, rau und rissig. Damals, als ich ins Erziehungsheim geschickt worden war, hatte sie mich im
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