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Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition)

Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition)

Titel: Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shoko Tendo
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schwer und traurig, andererseits klopfte es wegen seiner Worte auch schnell und aufgeregt.
    Wenn ich morgen bei ihm bliebe, wie er angeboten hatte, dann würde ich meine Eltern vielleicht aus der Armut retten können. Das war mein erster Gedanke, doch dann musste ich an Shin denken und wurde sehr unsicher.
    »Lass mich bitte ein bisschen darüber nachdenken. Wir können ja das nächstes Mal in Ruhe darüber reden.«
    Ich legte seine Hand wieder in seinen Schoß.
    »Gut. Tut mir leid, dass ich dich damit überrumpelt habe, aber nächstes Mal kommst du sicher mit …«
    Dabei huschte ein seltsames Lächeln über seine Lippen.
    »Ich muss jetzt los, zur Arbeit. Ich rufe dich auf dem Heimweg von meinem Mobiltelefon aus an, denn es wird eine Weile dauern, bis ich im Büro angekommen bin, und so lange können wir uns unterhalten, einverstanden?«
    Ein dünner Lichtstrahl drang durch die Vorhänge und verkündete, dass der Morgen angebrochen war.
    »Shacho, du suchst wirklich nur jemanden, mit dem du reden kannst«, kicherte ich, und er lachte mit, während er seine Sachen zusammensuchte.
    »Vielen Dank, dass du so lange bei mir geblieben bist. Hier, das ist für dich.«
    Er drückte mir 500 000 Yen (etwa 4600 Euro) in die Hand. Das war selbst für diese wirtschaftlich guten Zeiten schockierend viel Geld.
    »Ich kann das nicht annehmen. Wir werden uns doch wiedersehen, oder? Das ist mehr als genug für mich.«
    Als ich ihm das Geld zurückgeben wollte, meinte er nur: »Keine Widerrede, nimm es einfach.«
    »Aber nein, das geht nicht.«
    »Willst du wohl damit aufhören?«
    »Nein, ich kann das nicht annehmen.«
    »Dann muss ich dich wohl zum Schweigen bringen.«
    Und dann küsste er mich plötzlich.
    »Jetzt darfst du aber nicht mehr widersprechen«, sagte er Stirn an Stirn mit mir, mit einem sehr ernsten Gesichtsausdruck.
    »Danke.«
    »Ich rufe dich dann gleich an. Geh bitte ans Telefon.«
    »Natürlich.«
    Als ich wieder zu Hause war, rief er wie versprochen an. Wir redeten so lange, bis er in seinem Büro angekommen war. Und das alles mit seinem Mobiltelefon, ohne auch nur einen Moment wegen der damals noch sehr hohen Telefongebühren zu zögern. Zum Schluss verabredeten wir uns für die nächste Woche und legten dann auf.
    Der nächste Tag war ein Sonntag. Ich besuchte meine Eltern und gab meiner Mutter die 500 000 Yen.
    »Woher hast du denn so viel Geld?«
    »Keine Sorge, ich musste nichts Schlimmes dafür tun, nimm es ruhig, Mama.«
    »Na wenn das so ist, dann vielen Dank. Magst du noch ein bisschen hierbleiben? Ich muss nur noch etwas für heute Abend einkaufen. Du könntest doch mit uns essen?«
    »Gut, ich begleite dich.«
    »Ach Shoko-chan, bleib ruhig hier.«
    »Nein, ich komme mit.«
    »Das musst du wirklich nicht.«
    »Nein? Na gut, aber pass auf dich auf.«
    »Aber das ist doch nicht weit weg«, lachte Mutter, wickelte sich in den langen Wollschal, zog ihren Steppmantel an, schlüpfte in die Handschuhe und machte die Tür hinter sich zu.
    An diesem Abend aßen wir Sukiyaki 27
› Hinweis
, ein Eintopfgericht. Mit den Stäbchen fetteten wir die eiserne Pfanne ein, dann brieten wir das Fleisch an, das es im Sonderangebot gegeben hatte, gaben Gemüse, Tofu und Shirataki-Glasnudeln dazu, würzten alles mit Sojasauce und etwas Zucker und gossen noch Wasser in den Topf. Dann legten wir den Deckel darauf, ließen das Ganze eine Weile kochen, und als wir den Deckel wieder anhoben, stieg der aromatisch süßliche Duft in unsere Nasen. Ich genoss es sehr, so gemütlich beim Essen mit meiner Fa-milie zusammenzusitzen, dennoch fiel mir auf, dass meine Mutter sich nur das Fleisch aus dem Sonderangebot hatte leisten können, obwohl ich ihr 500 000 Yen gegeben hatte. Jetzt verstand ich auch, warum sie unbedingt alleine hatte einkaufen gehen wollen, sie wollte unbedingt vermeiden, dass ich mitbekam, wie schlecht es um ihr Haushaltsbudget bestellt war.
    Sukiyaki: japanisches Eintopf- bzw. Fondue-ähnliches Gericht aus dünnen Fleischscheiben und Gemüse, wird fast nur in Gesellschaft gegessen.
    Meine Eltern und Na-chan schlugen die frischen Eier in den kleinen Schüsselchen auf. Dann tauchten sie mit den Stäbchen Tofu und Fleisch in das rohe Ei und aßen. Ich nahm das Fleisch und aß es einfach so, ohne etwas dazuzugeben. Wann hatten wir das letzte Mal abends zusammen gegessen?
    Es war lange her, dass ich meine Eltern lachen gesehen hatte und dass Na-chans Züge so entspannt und weich waren. Es war einfach herrlich, ein

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