Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition)
aber genau das tat mir weh.
»Doktor, ich kann jetzt aber nicht …«
»Verstehe«, erwiderte er schnell und zog ein Formular aus einer Schreibtischschublade.
»Bitte füllen Sie diese Einwilligungserklärung aus und unterzeichnen Sie hier. Bringen Sie mir dann die Papiere morgen um 14 Uhr mit. Da Sie eine Narkose bekommen, dürfen Sie heute nach 21 Uhr nichts mehr essen und nach Möglichkeit auch nichts trinken. Bis morgen dann.«
Ich faltete das Formular zusammen, steckte es ein und ging zurück zur Arbeit.
Natürlich hätte ich das Baby gerne bekommen, es war ja das Kind von mir und Takamitsu, meinem Ehemann. Und wenn ich mir nur Bettruhe hätte leisten können … Aber so bat ich den Manager lediglich, mir am nächsten Tag Urlaub zu geben, doch er gestand mir zwei Tage zu, um mich richtig zu erholen.
Am nächsten Tag brachten wir meinen Brillantring, den Taka mir angesteckt hatte, als er mir den Antrag gemacht hatte, ins Leihhaus, um genügend Geld für den Eingriff zu haben. Um 14 Uhr standen wir dann vor der Klinik. Ich zögerte einen Moment. Jetzt konnte ich noch umkehren … Ich blickte mich um und sah die alte, rissige Mauer, von der die Farbe abblätterte. Dann drehte ich am grünen, verrosteten Türgriff, der wackelte und nicht besonders vertrauenserweckend aussah. Wir nahmen im Wartezimmer Platz, und ich übergab der Krankenschwester die Papiere, die sie an den Arzt weiterreichte. Nach der Überprüfung meiner Einwilligungserklärung konnten die Vorbereitungen für die Operation beginnen. Ich wurde narkotisiert und zählte mit dem Arzt zusammen.
»Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn …« Normalerweise waren die meisten Leute spätestens jetzt nicht mehr bei Bewusstsein. Da mein Körper aber an Drogen gewöhnt war, war ich immer noch wach. Als mein Arzt überrascht feststellte, dass ich noch bei vollem Bewusstsein war, fragte er: »Sie sind ja immer noch wach, Takamitsu-san, trinken Sie vielleicht viel Alkohol? Das kann doch gar nicht sein …« Seine Stimme zitterte ein wenig.
»Nein.«
Noch während ich das sagte, schlief ich ein.
Als ich dann langsam wieder zu mir kam, hatte ich plötzlich furchtbare Schmerzen und musste schreien.
»Nicht bewegen! Ich bin noch nicht fertig!«
Ich nickte, unterdrückte das Stöhnen und ertrug die Schmerzen.
»Doktor! Geht es Shoko gut?«
Ich konnte Takamitsu durch die dünne Sperrholztür hören.
Dann legte der Arzt die medizinischen Instrumente mit einem Klirren auf dem Metalltisch neben mir ab und seufzte: »So, ich bin fertig.«
Ich fühlte mich unendlich kraftlos, und der Arzt wirkte ziemlich erleichtert.
»Ich bin schon seit vielen Jahren Arzt, aber das ist das erste Mal, dass ich erlebe, dass jemand so resistent gegen die Narkose ist. Sie waren sehr tapfer. Jetzt wird alles wieder gut. Ich bin zwar alt, aber ich kann das«, beruhigte er mich, als er mich vom OP-Tisch auf das Bett hievte.
Das Zimmer, in das ich gebracht wurde, war dunkel, und auf dem Kopfkissen hatte sich Schimmel gebildet. Ich war schrecklich traurig und weinte, nicht wegen der Schmerzen, sondern weil es so furchtbar war, dass ich einfach kein Baby bekommen konnte. Takamitsu stand neben mir am Bett.
»Du hast dich richtig entschieden, es wäre einfach nicht gegangen. Versuch, dich zu beruhigen …«
Er nahm meine Hand, legte sie an seine Wange, senkte den Blick und sah mich nicht an. Die Wirklichkeit war grausam für uns beide.
Lange bevor ich mich von meinen seelischen und körperlichen Wunden erholt hatte, fing ich wieder an zu arbeiten. Als wir unseren ersten Lohn bekamen, gingen wir zu Sogo, dem besten Kaufhaus Yokohamas, und kauften eine Spezialität von Yokohama – Sablé-Kekse. Die schickte ich dann mit einem Brief an meine Mutter.
Liebe Mama,
bitte verzeih mir, dass ich so wenig Gutes für dich getan habe und dass du dir so viele Sorgen um mich machen musstest. Wenn ich etwas Schlimmes angestellt habe, hat es mir immer leidgetan, aber trotzdem habe ich es getan, weil ich einfach nur Spaß haben wollte. Eigentlich sollte ich mich persönlich bei dir entschuldigen, aber da würde ich mich bestimmt so schämen, dass ich kein Wort herausbringen würde.
Ich habe dich wirklich sehr lieb, aber ich konnte oft nicht ehrlich zu dir sein und deswegen musstest du wegen mir so viel leiden. Wir zwei werden hier hart arbeiten und dich stolz machen. Bitte verzeih mir. Pass gut auf dich auf und überanstrenge dich nicht.
Shoko
Als Mutter den
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