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Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition)

Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition)

Titel: Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shoko Tendo
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Betäubung? Das sind furchtbare Schmerzen, das halten Sie nicht aus!«
    »Doktor, Sie sehen doch, dass ich Schmerzen aushalten kann. Bitte tun Sie, was ich sage.«
    Der Arzt verstand, was ich meinte, und seufzte tief. Eine Weile schwieg er, dann behandelte er meine Wunden ohne Betäubung.
    »So, fertig, Tendo-san. Aber bitte seien Sie vorsichtig.«
    »Vielen Dank.«
    Ich verneigte mich tief vor ihm, nahm die Tabletten mit, die er mir verschrieben hatte, und fuhr mit einem Gips am linken Arm zurück nach Hause. Als ich den Schlüssel ins Schloss steckte, um aufzusperren, merkte ich, dass die Tür bereits offen war. Taka war also zu Hause.
    »Was war denn hier los?«, rief er laut, denn das ganze Zimmer war voller Blut und es herrschte ein Durcheinander.
    »Gar nichts … war nicht so schlimm.«
    »War das Tanaka?«
    Als ich nicht antwortete, verhärtete sich Takamitsus Gesicht. Dann holte er seine Pistole aus dem Wandschrank, steckte drei Patronen hinein und ging zur Tür.
    »Halt, wo willst du damit hin? Warte!«
    »Lass mich!«
    Er schüttelte meine Hand ab, mit der ich nach seinem Ärmel gegriffen hatte. Dann steckte er die Waffe hinten in den Gürtel und knallte die Tür mit Schwung zu.
    Ich rief sofort seinen Aniki an.
    »Hallo, jemand muss Takamitsu aufhalten, schnell, sonst wird er Tanaka umbringen!«
    »Shoko, was ist los? Ganz ruhig, erzähl doch erst mal, was passiert ist.«
    Ich erklärte ihm so kurz wie möglich alles.
    »Dieser Idiot! Los, macht euch auf und sucht Taka, aber schnell!«
    »Hallo? Hallo?«
    »Shoko, du bleibst, wo du bist, ist das klar?«
    Das Telefon am anderen Ende wurde mit einem Knallen aufgelegt. Da ich nicht wusste, was ich tun sollte, blieb mir nichts anderes übrig, als zu warten, bis Takamitsu nach Hause kam.
    Abends war er endlich wieder da, mit einem Verband an der linken Hand.
    »Taka …«
    »Du hast angerufen, oder? Aniki meinte, ich solle wegen einer Frau keine Dummheiten machen, aber das kann ich nicht hinnehmen. Ich habe den verdammten Drecksack halb totgeschlagen. Dann habe ich meinen kleinen Finger 38
› Hinweis
abgeschnitten. Ich bin also bei der Yakuza ausgestiegen.«
    Amputation des kleinen Fingers bzw. einzelner Glieder desselben: Diese Yakuza-Tradition geht auf die Zeiten zurück, als die Yakuza noch mit Schwertern bewaffnet waren, also bis in die Nachkriegszeit hinein. Ohne den kleinen Finger kann man das Schwert nicht mehr richtig greifen, somit ist man als Kämpfer nutzlos. Der kleine Finger oder Glieder davon werden als Entschuldigung oder als »Kündigung« bei der Yakuza selbst abgetrennt. Begeht jemand weitere Fehler, geht es mit dem Ringfinger der rechten Hand weiter. Tabu sind einzig Mittelfinger, Daumen und Zeigefinger rechts, damit der Betroffene weiterhin mit Stäbchen essen kann.
    Ich starrte ihn fassungslos an.
    »Meine Frau wird geschlagen und ich soll das als Yakuza einfach so hinnehmen? Das geht einfach nicht, da mache ich nicht mit.«
    »Es tut mir so leid, wirklich …«
    »Wieso entschuldigst du dich denn dafür?«
    »Das ist alles meine Schuld.«
    »Ist es nicht! Nicht weinen!«
    Ich konnte ihm unmöglich auch noch gestehen, dass Tanaka mich vergewaltigt hatte.
    »Verzeih mir, bitte verzeih mir …«
    »Mach dir keine Sorgen.«
    »Schlaf mit mir.«
    »Wie soll das gehen in deinem Zustand?«
    »Bitte!«
    »Wenn es dir wieder besser geht.«
    »Nein, jetzt.«
    »Aber das würde dir furchtbar wehtun.«
    Weh taten mir nur die Wunden in meiner Seele.
    »Shoko, war da vielleicht noch etwas?«
    »Nein …«
    »Du darfst mir nichts verheimlichen.«
    »Nein wirklich, gar nichts.«
    »Hör mal, lass uns morgen heiraten.«
    »Morgen?«
    »Ja, an deinem Geburtstag.«
    »Du hast daran gedacht?«
    »Natürlich.«
    »Lass uns zu Maki fahren. Wir fangen neu an, nur wir zwei.«
    Am nächsten Tag heirateten wir auf dem Standesamt. Ich war 22 und hieß jetzt Shoko Takamitsu. Ich kündigte meinen Mietvertrag und mit nur wenig Geld und einer Reisetasche verließen wir Osaka und kehrten nie wieder zurück.
    Nach der Sache in Kyoto waren Maki und Icchan nach Yokohama gezogen, wo sie eine Wohnung gemietet hatten. Auf der Fahrt dorthin ließ ich alle Geschehnisse der letzten Tage Revue passieren. Alles tat mir weh, auch mein Herz. Wie konnte ich nur jemals einen Menschen lieben, der mich so geschlagen und getreten hatte? Hatte ich geglaubt, dass meine Liebe ihn eines Tages verändern würde? Doch trotz all der Qualen hatte ich ihn niemals gehasst, auch nicht,

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