Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition)
Ihre große, allseits bekannte Villa, die seit Generationen im Familienbesitz gewesen war, hatten sie dank ihres geliebten Sohnes bereits verloren. Irgendwann waren sie bei Nacht und Nebel abgehauen und hatten sich in der Nähe eine kleine Wohnung gemietet.
»Ich weiß ja nicht, wie viel ihr braucht, also nehmt euch einfach so viel wie nötig«, meinte mein Vater und übergab ihnen sein Sparbuch und seinen Stempel 43
› Hinweis
.
Stempel: In Japan ist es teilweise immer noch üblich, Dokumente nicht zu unterschreiben, sondern mit seinem Namensstempel zu versehen. Wer den Namensstempel eines anderen hat, kann also ungehindert von dessen Konto Geld abheben.
Icchans Eltern hoben daraufhin den gesamten Betrag von 800 000 Yen ab. Ich erfuhr erst davon, als ich meinen Vater an meinem freien Tag besuchte. Als Icchan völlig unbekümmert nach Hause kam, obwohl er wieder einmal sein ganzes Geld beim Glücksspiel verloren hatte, packte ich ihn und schrie ihn an: »Was für ein verdammter Mistkerl muss man eigentlich sein, um seine Eltern vorzuschicken, um einem Sterbenden sein Geld abzuluchsen? Ich könnte dich echt umbringen!«
Ich stieß ihn gegen die Wand im Flur und trat gegen die Stühle im Wohnzimmer.
»He, Moment mal, was ist denn los?«
»Shoko, bitte hör auf! Papa kann dich hören. Beruhige dich doch.«
»Gibt es denn etwas, das er nicht hören sollte?«
»Es ist mir vor meinem Schwiegervater einfach so herausgerutscht, dass Papas Partner ihm Geld überwiesen hat. Icchan weiß gar nichts davon.«
»Was? Meine Eltern haben von meinem Schwiegervater Geld geliehen?«
»Ja genau!«
Maki versuchte, Icchan ins Zimmer zu zerren.
»Ich bin noch nicht fertig!«
Ich stieß die Glastür mit dem Fuß zu.
»Shoko, es tut mir wirklich leid, dass meine Eltern hier aufgetaucht sind.«
»Weißt du, Icchan, ich habe dich niemals gebeten, mir Geld zurückzuzahlen. Und du hast auch niemals Anstalten gemacht, aus eigenem Antrieb Geld zurückzugeben. Du nutzt unsere Gutmütigkeit einfach gnadenlos aus und machst dir keinerlei Gedanken, wie es uns damit geht. Aber jetzt ist Schluss! Du wirst Papa sein Geld zurückgeben!«
»Natürlich werde ich das tun, es tut mir wirklich sehr leid.«
»Shoko, das ist doch alles meine Schuld, entschuldige …«
»Ich gehe erst, wenn ich mit Papa geredet habe.«
Daraufhin knallte ich die Küchentür zu.
»Papa, willst du dich nicht doch operieren lassen?«, fragte ich und versuchte dabei möglichst ruhig zu klingen.
»Das würde doch nichts bringen, aber bitte hör auf, dich so mit Maki zu streiten.«
»Entschuldige.«
»Shoko, du bist immer ein wirklich einfaches Kind gewesen. Schon als du in den Kindergarten gegangen bist, bist du von allein aufgewacht und hast dich selbst angezogen. Wenn ich dich zum Kindergarten bringen und wieder abholen wollte, hast du darauf bestanden, allein zu gehen, weil er ja ganz in der Nähe war. Maki habe ich einmal eine Ohrfeige gegeben, weil sie immer gejammert hat und nicht hingehen wollte. Sie wollte auch immer etwas haben. Aber du warst immer so vernünftig, das war schon fast unheimlich. Du hast nie etwas gesagt, daher wusste ich nie wirklich, woran ich bei dir war. Weißt du, warum ich dich kein einziges Mal besucht habe, nachdem du verhaftet worden warst?«
Jedes Mal, wenn Maki festgenommen worden war, hatte er sie abgeholt und er hatte sie auch oft besucht, als sie im Jugendgefängnis war.
»Nein, warum?«
»Ich wollte, dass du dein Leben in den Griff bekommst. Dafür war ich auch bereit, dich zu schlagen. Maki war brav und hat sich immer wieder unter Tränen entschuldigt, aber du hast keinen Ton von dir gegeben, ganz egal, wie oft ich dich geschlagen habe. Zum Schluss hast du dann gemacht, was du wolltest, und ich fand keinen Zugang zu dir, da wusste ich einfach nicht mehr, was in dir vorgeht. Als du dann von der Polizei in Gewahrsam genommen wurdest, wollte ich dich eigentlich abholen, aber dann fürchtete ich, dass das falsch wäre, dass du nichts daraus lernen würdest. Ich dachte, dass ich dich von mir stoßen muss, dass ich dir das antun muss. Aber ich habe immer daran geglaubt, dass du dich wieder fängst.«
Endlich konnte er mit mir darüber reden, wie es für ihn gewesen war, als ich noch ein Yankee war.
»Du bist immer auf Konfrontation gegangen. Und jetzt bist du so erwachsen, dass wir so miteinander reden können. Damals wäre das unvorstellbar gewesen, es verändert sich wirklich vieles.«
Er lächelte und streichelte mir
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