Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition)
das Yakuzasein an sich als Sicherheit beim Geldleihen. Da gibt es keine lästigen Dinge wie Sicherheiten, Bürgschaf-ten, Geschäftspläne oder Ähnliches, wie es normale Banken fordern.
Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass der Körper eines Yakuza seine Sicherheit ist. Auf jeden Fall können sich Yakuza problemlos große Mengen von Geld beschaffen, und genau das ist das Fatale. Auch dabei habe ich ähnliche Erfahrungen gemacht wie Shoko Tendo.
Heutzutage gibt es keinen einzigen Geschäftsbereich, der so viel Gewinn abwerfen würde, dass es lohnend wäre, Geld mit extremen Zinsen von zehn Prozent in zehn Tagen zu verwenden. Wer auf solche Kredit zurückgreift, der endet in der Pleite. Und so gerät der Yakuza durch seine außerordentliche Eitelkeit und Sturheit in eine viel schlimmere Lage, als jeder normale Mensch, der Insolvenz anmelden muss.
Wenn Yakuza bankrottgehen, verschanzen sich diese stolzen Männer oft zu Hause oder verschwinden bei Nacht und Nebel. Im Gegensatz dazu schlucken viele Frauen schon sehr bald ihren Stolz herunter und nehmen einen Halbtagsjob an, um die Familie zu ernähren. Ihr Überlebenswille ist das ganze Gegenteil von der Eitelkeit und Sturheit ihrer Ehemänner, und so sollte man eigentlich betonen, dass das Herz von Yakuza-Frauen, die für gewöhnlich so zurückhaltend im Hintergrund stehen, wesentlich stärker ist als das der ach so männlichen Yakuzas.
Abwärts
Shoko Tendo schreibt, dass sie in der Mittelstufe auf die schiefe Bahn geraten ist. Bei mir kam das etwas später.
Das Alter, in dem man abstürzen kann, ist bei Männern und Frauen oft unterschiedlich. Anscheinend geraten Mädchen früher auf die schiefe Bahn als Jungen. Ich interessiere mich schon lange dafür, wie dieser Prozess funktioniert. Denke ich über meine eigenen Erfahrungen nach, dann ging es für mich damit los, dass ich erwachsener sein wollte. Es war ein Versuch, auf jeden Fall erwachsener zu wirken. Wer erwachsen ist, muss nicht in die langweilige Schule, und dessen Eltern schimpfen nicht, wenn er schon morgens in Kinos oder ins Vergnügungsviertel geht. Darum schien es mir erstrebenswert, so schnell wie möglich erwachsen zu werden.
Aber es braucht seine Zeit, um wirklich erwachsen zu werden.
Doch Zeit war genau das, was ich dem Ganzen nicht geben wollte. Also machten meine Freunde und ich vermeintlich erwachsene Dinge, um erwachsen zu erscheinen. Ein paar von uns, die das gleiche Interesse hatten, schlossen sich dann zu einer Gang zusammen.
Innerhalb der Gruppe galt derjenige als besonders cool, der uns am erwachsensten erschien. Er wurde von den anderen geradezu verehrt, wenn er besonders radikal und »böse« war oder verbotene Dinge tat. Deshalb gab es in der Gang auch einen ständigen Konkurrenzkampf darum, wer der Wildeste von allen war. Wir begannen mit Ladendiebstahl, gingen dann zum Schnüffeln von Lösungsmitteln über und schließlich kam Speed. Wir hatten keinerlei Hemmungen bei diesen Schritten, daher ging alles ziemlich schnell. Natürlich dachten wir auch, dass Speed viel »erwachsener« sei als Lösungsmittel.
Jeder Schritt schien uns wie ein Teil eines Rituals, das aus einem Jungen schließlich einen Mann macht. Und so gerieten Jungen wie Mädchen schnell auf die schiefe Bahn und versanken in einer eigenen Welt der Subkultur.
Natürlich gab es in unserer Gang auch manchmal Verrat, zum Beispiel an die Polizei. Und die ganze Gruppe war auch nur sehr lose organisiert, aber trotzdem war es ein gutes Gefühl, dazuzugehören.
Die Jugendgangs vermitteln Gefühle von Solidarität und Zusammengehörigkeit, die in der Schule, im Viertel oder sogar in der Familie nicht mehr existieren. Und wer diese Dinge spürte, blieb länger in der Gang, wer es nicht empfand, der löste sich schneller wieder davon.
Faszinierend war für mich, dass wir innerhalb der Gruppe erstaunlich erwachsen miteinander umgingen und sprachen, Jungen und Mädchen akzeptierten sich gegenseitig als Erwachsene. Und das ist gerade für Kinder, die möglichst schnell erwachsen werden wollen, natürlich sehr anziehend.
Shabu – Speed
Shoko Tendo schreibt in diesem Buch viel über Speed und ihre Erfahrungen damit. Mir scheint, dass Shabu in der heutigen Gesellschaft ein ernsthaftes Problem darstellt. Wer aber schon so viele Süchtige kennengelernt hat wie ich, der muss leider einsehen, dass es nichts bringt, sie zu warnen und darauf hinzuweisen, dass es verboten ist. Jede Mahnung, jedes Wort ist völlig
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