Ich Töte
Arschloch!
Stricker zu Ehren dachte Frank diese Sätze auf Italienisch. Er setzte sich in einen Sessel.
»Das weiß ich nicht. Ehrlich gesagt haben wir, abgesehen von dem, was du auch schon weißt, keinerlei Informationen über diesen Killer, außer den Kriterien für die Auswahl seiner Opfer und dem, was er mit ihnen macht, nachdem er sie umgebracht hat …«
Seinen Gedanken weiterverfolgend, hatte Frank wieder Italienisch gesprochen und die Grausamkeit des Wortes »Killer« als einzigartiges Zugeständnis an Roby Stricker noch leicht unterstrichen.
Er hielt es aber nicht für angebracht, das Mädchen auf dem Sofa, das sich praktisch vor lauter Angst das Fleisch von ihrem Finger biss, noch mehr zu erschrecken. Auch wenn …
Gleich und Gleich gesellt sich gern.
Wenn die beiden zusammen waren, so hatte das einen Grund.
Wie bei Nicolas und Celine Hulot. Wie bei Nathan Parker und Ryan Mosse. Wie bei Bikjalo mit Jean-Loup Verdier.
Aus Liebe. Aus Hass. Aus Berechnung.
Im Fall von Roby Stricker und Malva Reinhart handelte es sich vielleicht um die banale, abgrundtiefe Anziehung zwischen zwei Hohlgefäßen.
Das Walkie-Talkie, das Frank an der Hüfte trug, summte. Seltsam. Aus Gründen der Vorsicht hatten sie beschlossen, rigorose Funkstille einzuhalten. Keine der Vorkehrungen schien übertrieben, wenn man bedenkt, mit wem sie es zu tun hatten. Ein Typ, der sich so gut im Bereich der Telekommunikation auskannte, konnte sich sehr wohl in jegliche Funkfrequenz der Polizei einklinken. Er erhob sich vom Sessel und ging in den Flur, bevor er den Apparat aus der Gürtelhalterung löste und dicht vor den Mund hielt. Er wollte nicht, dass die beiden sein Gespräch mithörten. Er drückte die Antworttaste.
»Frank Ottobre.«
»Frank, hier Nicolas. Wir haben ihn vielleicht.«
Frank kam es vor, als habe man neben seinem Ohr einen Kanonenschuss abgefeuert.
»Wo ist er?«
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»Hier unten, im Heizungskeller. Einer meiner Männer hat einen verdächtigen Mann überrascht, der sich heimlich die Kellertreppe runterschmuggeln wollte, und er hat ihn gestoppt. Ich bin noch hier.
Geh aber gerade dorthin.«
»Ich komme gleich.«
Blitzschnell kehrte er ins andere Zimmer zurück.
»Ihr bleibt hier und bewegt euch nicht. Öffnet keinem außer mir.«
Er ließ sie allein zurück mit ihrer Verwunderung und mit ihrer Angst. In einer einzigen Bewegung öffnete und schloss er die Eingangstür. Der Fahrstuhl war nicht oben. Da er nicht warten konnte, entschied er sich für die Treppe und nahm jeweils zwei Stufen auf einmal.
Er betrat die Eingangshalle genau in dem Moment, als Hulot mit Morelli durch die Glastür hereinkam, die zur Straße ging. Ein Zivilpolizist stand vor der Tür, die in den Keller führte und die sie nun erreichten.
Sie stiegen nach unten, im schwachen Licht einer Reihe von Lampen, die an der Wand angebracht und durch ein Gitter geschützt waren. Frank dachte, dass die Häuser in Monte Carlo alle irgendwie gleich aussahen. Nach außen hin extrem gepflegt, aber ebenso trostlos in den versteckten Details. Es war heiß da unten, und es stank nach Müll.
Der Polizist ging vor. Gleich hinter der Ecke stand ein Polizist neben einem Mann, der am Boden an die Wand gelehnt saß, leicht schräg, die Hände hinterm Rücken. Der Polizist hatte seine Infrarotbrille für die Nachtsicht auf die Stirn geschoben.
»Alles klar, Thierry?«
»Na ja, Kommissar, ich …«
»Nein, Jesus!«
Franks Aufschrei unterbrach den Polizisten.
Der Mann am Boden war der rothaarige Journalist, den er vor der Polizeiwache gesehen hatte, als Yoshidas Leiche entdeckt wurde.
Derselbe, den er dann an jenem Morgen vor Jean-Loup Verdiers Haus wiedererkannt hatte.
»Das ist ein Journalist, verdammte Scheiße!«
Der Reporter nutzte die Gelegenheit, um einen Ton von sich zu geben.
»Natürlich bin ich Journalist. Ich bin René Coletti von der ›France Soir‹. Das sag ich diesem Holzkopf schon seit zehn Minuten.
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Hätte er mich meinen Ausweis aus der Jacke holen lassen, wäre uns dieses Chaos erspart geblieben.«
Hulot war fuchsteufelswild. Er hockte sich drohend vor Coletti nieder. Frank fürchtete, er könne ihn schlagen. Hätte er es getan, hätte Frank ihn verstanden und ihn vor menschlichem und göttlichem Gericht verteidigt.
»Wenn du geblieben wärst, wo du hingehörst, wäre dir nichts passiert, du Arsch. Und wenn du’s wissen willst, du steckst in der Scheiße.«
»Ach wirklich? Und welche Anklage?«
»Behinderung polizeilicher
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