Ich Töte
Schwarz-Weiß-Films katapultiert.
Sie hatten Strickers Wohnung bei der Condamine, in der Nähe der Zentrale, erreicht. Sie konnten gar nicht anders, als angesichts der Kühnheit des mordenden Irren sprachlos zu sein. Falls sein Ziel wirklich Stricker war, so lag in dieser Wahl ein unheimlicher und spöttischer Sinn für Herausforderungen. Dieser Mann hatte es auf jemanden abgesehen, der knapp hundert Meter Luftlinie vom Polizeirevier entfernt wohnte.
Frank war bei ihm und dem Mädchen geblieben, während Nicolas nach Inspektion der Wohnung Morelli und seinen Männern, die gerade Stellung bezogen, weitere Anweisungen gab. Um das Gebäude hatte sich ein Sicherheitsnetz gebildet, das unmöglich zu durchdringen war. Bevor Hulot ging, hatte er Frank zum Eingang gerufen, hatte ihm ein Walkie-Talkie gegeben und ihn gefragt, ob er die Pistole bei sich habe. Wortlos hatte Frank die Jacke geöffnet, um ihm die Glock an seinem Gürtel zu zeigen. Als er die kalte Oberfläche der Waffe berührt hatte, war er leicht erschaudert.
Er tat einen Schritt in die Mitte des Zimmers und reagierte geduldig auf Strickers Beschwerden.
»Erstens tun wir alles, um deine Sicherheit zu garantieren. Auch wenn man’s nicht sieht, aber hier in der Gegend ist praktisch das gesamte Polizeiaufgebot des Fürstentums präsent. Zweitens wollen wir dich nicht als Köder benutzen, wir brauchen ganz einfach deine Mitarbeit, um zuzusehen, dass wir die Person schnappen, die wir gerade jagen. Ich garantiere dir, dass du keinerlei Risiko eingehst.
Du wohnst hier in Monte Carlo und weißt, was seit längerem in dieser Gegend abgeht, oder?«
Roby wandte sich in seine Richtung, blieb aber mit dem Rücken zum Fenster stehen.
»Du glaubst doch nicht, dass ich Angst habe, oder? Mir gefällt ganz einfach die Situation nicht. Mir kommt alles so … so übertrie275
ben vor, genau.«
»Freut mich, dass du keine Angst hast, aber trotzdem dürfen wir die Person, mit der wir es hier zu tun haben, nicht unterschätzen.
Deswegen würde ich dir raten, vom Fenster wegzugehen.«
Stricker versuchte, gleichgültig zu bleiben, wandte sich aber wieder um und setzte sich mit dem, was er für die Coolness eines erfahrenen Abenteurers hielt, aufs Sofa. In Wirklichkeit sah man mit blo
ßem Auge, dass er sich in die Hose machte.
Frank kannte ihn seit ungefähr einer Stunde, und wäre er seinem Instinkt gefolgt, so wäre er gegangen und hätte ihn ruhig seinem Schicksal überlassen. Stricker entsprach so sehr dem Stereotyp des Muttersöhnchens, dass Frank unter anderen Gegebenheiten gedacht hätte, Opfer einer versteckten Kamera zu sein.
Roberto Stricker, für die Klatschspalte »Roby«, war Italiener, aus Bozen, um genau zu sein, aber mit einem deutschen Nachnamen, der genauso gut als englischer Name durchgehen konnte. Vor kurzem hatte er die dreißig überschritten und war das, was man gewöhnlich als schönen Mann bezeichnet. Groß, athletisch, schöne Haare, schönes Gesicht, schönes Arschloch. Er war der Sohn eines Milliardärs, der, neben vielfältigen anderen Aktivitäten, auch eine Diskothekenkette in Italien, Frankreich und Spanien besaß, unter dem Namen
»No Nukes« und mit dem Logo der lachenden Sonne. Daher Barbaras Hinweis in Verbindung mit Nuclear Sun, dem Dancesong, den ihnen der Mörder während der letzten Sendung vorgespielt hatte.
Von Roland Brant, dem englischen Pseudonym des durch und durch italienischen DJs Rolando Bragante. Roby Stricker lebte in Monte Carlo und tat das, was ihm sein Wesen und das Geld des Vaters erlaubten: absolut nichts. Die Skandalblätter waren voll von seinen Liebesabenteuern und Urlauben, in denen er mit dem momentanen Topmodel in Sankt Moritz Ski fuhr oder mit Björn Borg in Marbella Tennis spielte. Was die Arbeit betraf, so fütterte der Vater ihn vermutlich durch, um ihn aus dem Familienbetrieb rauszuhalten, und rubrizierte in seiner Bilanz die Ausgaben für den Sohn als »das kleinere Übel«.
Stricker nahm das Glas in die Hand, stellte es aber wieder ab, als er sah, dass das Eis schon völlig geschmolzen war.
»Wie wollt ihr vorgehen?«
»Man kann nicht wirklich viel tun in solchen Fällen. Es geht lediglich darum, die richtigen Vorkehrungen zu treffen und zu warten.«
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»Und warum hat es dieser Irre da draußen auf mich abgesehen?
Denkt ihr, es ist einer, den ich kenne?«
Wenn er dich kennt, würde es mich nicht wundern, wenn er beschlossen hätte, dich zu killen, und das wäre auch gut so, du widerliches
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