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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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spöttischen Finale der Verbeugung und dem Schneeeffekt, der das Ende der Aufzeichnungen markierte. Guillaume stoppte das Video.
    »Was soll ich für euch tun?«, fragte er, ohne sich umzudrehen.
    Am Ton seiner Stimme hörte man, dass er es vorgezogen hätte, nicht da zu sein, jenen Todestanz nicht gesehen zu haben und auch nicht die Verbeugung, mit welcher der Mörder Applaus von einem Publikum der Verdammten zu erwarten schien.
    Frank kam näher und blieb hinter dem Jungen stehen.
    »Spul das Band zurück, aber so, dass man den Film dabei sieht.«
    Guillaume drehte am Regler, und die Bilder liefen schnell zurück. Trotz der Geschwindigkeit und der umgekehrten Laufrichtung, die normalerweise menschliche Bewegungen zur Karikatur, bis hin zur Lächerlichkeit verzerrten, blieb die Dramatik der Aufnahme vollständig erhalten.
    »Genau, langsamer, hier … jetzt stopp mal.«
    Ein vorsichtiger Tastendruck brachte das Band ein paar Bilder zu weit hinten zum Stehen.
    »Kannst du langsam vorspulen, aber nur ein bisschen?«
    Guillaume betätigte leicht den Regler und der Film lief frame für frame weiter, wie eine Serie von Fotos, die sich langsam überlagern.
    »Stopp.«
    Frank stellte sich neben Guillaume und berührte mit dem Zeigefinger eine Stelle auf dem Bildschirm.
    »Sieh mal, hier ungefähr, auf dem Schrank, da liegt etwas, das eine Schallplattenhülle sein könnte. Man sieht das Bild nicht richtig.
    Kannst du das so bearbeiten und vergrößern, dass es zu erkennen ist?«
    Guillaume langte nach der Computertastatur rechts von ihm, die Augen immer auf den von Frank gezeigten Punkt gerichtet.
    »Hmm, ich kann’s versuchen. Ist diese Kassette das Original oder eine Kopie?«
    »Nein, das Original.«
    »Das ist gut. VHS ist nicht gerade das beste Medium, außer es handelt sich ums Original. Erst mal muss ich das Bild digitalisieren.
    Dabei verliert es ein bisschen Qualität, aber so kann ich es besser bearbeiten.«
    Seine Stimme war fest und ruhig. Jetzt, da er in seinem Element war, schien Guillaume den Schock über das, was er eben gesehen 325

    hatte, überwunden zu haben. Er begann, mit Hilfe der Maus auf dem Computerbildschirm herumzuklicken. Auf seinem Monitor erschien dasselbe Bild wie auf dem vor Frank. Guillaume tippte kurz auf der Tastatur herum, und das Objekt trat klarer hervor.
    »Geschafft. Nun schauen wir mal, was passiert, wenn wir diesen Ausschnitt hier herausarbeiten.«
    Mit dem Mauspfeil öffnete er ein schraffiertes Quadrat um den Ausschnitt des Objekts herum, das Frank ihm gezeigt hatte. Er hielt eine Taste auf der Tastatur gedrückt, und der Bildschirm füllte sich mit einer Art elektronischem, völlig sinnlosem Mosaik.
    »Man sieht ja gar nichts.«
    Die Bemerkung war Frank versehentlich herausgerutscht, und er bereute sie auf der Stelle. Mit hochgezogenen Augenbrauen drehte sich Guillaume in seine Richtung.
    »Ruhe, du ungläubiger Mensch. Wir haben doch eben erst angefangen zu arbeiten.«
    Ungefähr zehn Sekunden lang tippte er auf der Tastatur herum, und auf dem Bildschirm erschien ein dunkles Plattencover, deutlich genug, um als solches erkennbar zu sein. In der Mitte des Objekts beugte sich als Schatten im Gegenlicht die Silhouette eines Mannes zurück, eine Trompete spielend mit der Körperspannung des Musikers, der zum eigenen und der Zuhörer Entzücken die Reise in die Welt der unerhörten Klänge angetreten hat. Es war der große Moment, in dem der Künstler Ort und Zeit vergisst und nur der Musik nachjagt, deren Opfer und gleichzeitiger Henker er ist. Darunter stand in weißen Buchstaben:
    Robert Fulton – Stolen Music.
    Frank las das, was auf dem Bildschirm stand, laut vor, als sei im ganzen Raum nur er dazu in der Lage.
    »Robert Fulton. Stolen Music. Geklaute Musik. Was soll das hei
    ßen?«
    »Ich hab keinen Schimmer. Und du, Guillaume, kennst du die Platte?«
    Die Stimme von Nicolas überraschte ihn. Während Guillaume am Computer herumhantiert hatte, war er vom Sofa aufgestanden und hatte sich unbemerkt hinter sie gestellt.
    Der Junge starrte weiterhin das Bild auf dem Monitor an.
    »Nie gesehen. Und nie gehört von diesem Robert Fulton. So auf den ersten Blick würde ich sagen, es handelt sich um eine ziemlich alte Jazz-LP, aber ehrlich gesagt habe ich mit dieser Art von Musik 326

    nicht viel am Hut.«
    Nicolas setzte sich wieder aufs Sofa. Frank strich sich nachdenklich übers Kinn. Er ging im Zimmer auf und ab, die Augen halb geschlossen.
    Er begann zu sprechen, aber es war

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