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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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sich herum und blickt in ihre leblosen Augen. Die Bewegung lässt einen kleinen Schwung Wasser aus ihrem halb geöffneten Mund schwappen. Ihm ist sofort klar, dass sie tot ist, und ein stiller Schrei wühlt sein Inneres auf. Er springt auf die Füße und im selben Augenblick, da er steht, fühlt er, wie sich ein feuchter Arm um seinen Hals legt. Ein heftiger Ruck zwingt ihn, den Rücken nach hinten durchzudrücken.
    Jochen ist etwas größer als der Durchschnitt, und sein Körper ist der eines Sportlers, perfekt trainiert durch ausdauerndes Krafttraining und stundenlanges Jogging, damit er den enormen physischen Belastungen der Rennen gewachsen ist. Dennoch ist der Angreifer größer als er und ebenso stark. Zu seinen Gunsten arbeiten das Überraschungsmoment und die Erschütterung des anderen über den Tod des Mädchens. Der Rennfahrer hebt instinktiv die Hände und packt den in Neopren gehüllten Arm, der ihm die Kehle zusammendrückt 43

    und die Luft abschnürt. Mit aller Kraft versucht er, den erstickenden Griff zu lockern. Im Augenwinkel sieht er etwas aufblitzen. Den Bruchteil einer Sekunde später zischt das Messer, das der Angreifer in der erhobenen Hand umklammert hält, blitzschnell in einem Bogen durch die Luft hinab.
    Der Körper des Opfers erschauert und verkrampft sich im Todeskampf, als die Klinge zwischen die Rippen dringt und ihm das Herz zerteilt. Der unnatürliche Geschmack des eigenen Blutes erfüllt seinen Mund, und er stirbt mit dem kalten Lächeln des Mondes im Blick. Der Mann drückt das Messer weiter in den Körper, bis er nur noch ein lebloses Gewicht in seinen Armen ist. Erst dann lässt er den Griff los und stützt den Körper mit seinem eigenen ab. Gewandt lässt er auch ihn auf die Brücke gleiten. Einen Moment verharrt er, um die beiden leblosen Gestalten zu seinen Füßen anzuschauen, und wartet darauf, dass sein Atem sich beruhigt. Dann ergreift er den Körper des Mannes bei den Armen und beginnt, ihn unter Deck zu schleifen.
    Ihm bleibt wenig Zeit, und er hat vor Sonnenaufgang noch einiges zu erledigen.
    Das Einzige, was er in diesem Moment vermisst, ist Musik.
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4
    Roger trat an Deck der Baglietto und sog die frische Morgenluft ein. Es war halb acht, und der Tag versprach großartig zu werden.
    Die Besitzer der Yacht, auf der er sich befand, waren nach der Woche vom Grand Prix weggefahren und hatten das Schiff bis zur Kreuzfahrt im Sommer, die erfahrungsgemäß einige Monate dauern würde, in seiner Obhut zurückgelassen. Er konnte letzt mindestens einen, vielleicht sogar anderthalb Monate in aller Ruhe im Hafen von Monte Carlo bleiben, ohne dass ihm der Reeder auf den Wecker fiel.
    Oder seine Frau, eine aufgetakelte Nervensäge, die dermaßen mit Schmuck behängt war, dass man bei gutem Wetter eine dunkle Sonnenbrille brauchte, um sie anzusehen.
    Donatella, die italienische Bedienung des Restaurant du Port, deckte die Tische auf der Terrasse ein. In Kürze würden die Büroangestellten und Geschäftsleute in den Hafen kommen, um zu frühstücken. Roger blieb schweigend stehen und sah ihr zu, bis sie ihn schließlich bemerkte. Sie lächelte ihn an, richtete sich auf und schob fast unmerklich die Brust vor.
    »So lässt es sich leben, was?«
    Roger nahm das Geplänkel auf, das sie schon einige Zeit verband. Er begann, gramvoll dreinzuschauen.
    »Sicher, aber es könnte noch viel besser sein …«
    Donatella überwand die paar Meter, die zwischen den Tischen und dem Heck des Schiffes lagen, und blieb unterhalb von ihm stehen. Die halb geöffnete Bluse erlaubte einen tiefen Einblick in die verführerische Furche zwischen ihren Brüsten, und Roger senkte seinen Blick hinein wie eine Angelschnur ins Meer. Das Mädchen bemerkte es, schien aber nicht im Mindesten empört zu sein.
    »Vielleicht, wenn du, statt deine Augen so anzustrengen, dich ausnahmsweise mal um die richtigen Worte bemühen würdest … Eh, was macht denn der Verrückte da drüben?«
    Roger drehte den Kopf in die Richtung, in die das Mädchen schaute, und sah eine zweimastige Beneteau direkt auf die Reihen der vertäuten Schiffe zuhalten, volle Fahrt voraus. Niemand stand auf der Brücke.
    »Verfluchte Idioten!«
    Er ließ Donatella stehen und rannte ans Heck der Baglietto. Er fing an, wie wild mit den Armen zu rudern und zu brüllen.
    »Hallo, ihr mit dem Zweimaster, passt mal auf, wo ihr …«
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    Von dem Schiff kam kein Lebenszeichen. Es hielt weiterhin direkt auf die Mole zu, ohne seine Geschwindigkeit zu

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