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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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drosseln.
    Schließlich war es nur noch wenige Meter entfernt, und eine Kollision erschien unvermeidlich.
    »Hallo, ihr …«
    Roger stieß einen letzten, verzweifelten Schrei aus, dann klammerte er sich an die Reling und erwartete den Aufprall. Mit einem trockenen Krachen rammte der Bug der Forever die linke Seite der Baglietto , zwängte sich zwischen sie und das Schiff, das daneben lag, und neigte sich leicht auf die Seite. Zum Glück hatte der Motor nicht genug Kraft, um großen Schaden anzurichten. Die Fender trugen dazu bei, den Aufprall abzufedern, dennoch blieb im Lack der Yacht ein grauer Streifen zurück. Roger war stinkwütend. Er brüllte zu dem Schiff, das ihn gerammt hatte, hinüber: »Ja, seid ihr denn nicht ganz dicht, ihr bescheuerten Idioten?«
    Keine Antwort vom Zweimaster. Von der Brücke der Baglietto sprang Roger direkt an Deck der Forever , während am Kai eine kleine Menge Schaulustiger zusammenlief. Als er das Achterdeck erreichte, sah er etwas, das ihn verblüffte. Die Ruderpinne war blockiert. Jemand hatte einen Bootshaken darin verkeilt und mit einem Seil festgebunden. Ein roter Streifen zog sich von der Brücke hinunter zu der Treppe, die in die Kajüte führte. Etwas Seltsames und Unheimliches lag in dieser Szenerie, und Roger merkte, wie sich ein eiskaltes Gefühl in seinem Magen ausbreitete. Er ging langsam die Treppe hinunter und folgte dem Streifen, der in eine dunklere Pfütze zu Füßen eines Tisches mündete. Roger überlief es kalt, als ihm klar wurde, dass es Blut war. Mit leicht zitternden Beinen trat er näher.
    Irgendjemand hatte mit derselben Flüssigkeit zwei Wörter auf die Tischplatte geschrieben.
    Ich töte …
    Die Drohung in dieser Inschrift und den drei Auslassungspunkten war furchteinflößend. Roger war achtundzwanzig und kein Held, dennoch trieb ihn etwas, das stärker war als er, zur Tür hinüber, die wahrscheinlich zum Schlafzimmer führte. Er hielt einen Moment inne, den Mund trocken vor Anspannung, dann drückte er sie entschieden auf.
    Eine Wolke süßlichen Gestanks umfing ihn, nahm ihm den Atem und rief eine leichte Übelkeit hervor. Er hatte nicht einmal mehr die Kraft zu schreien. Was er sah, würde ihn all die Jahre, die er noch zu leben hatte, verfolgen, würde jede Nacht in seinen Träumen erschei46

    nen und sie in Albträume verwandeln.
    Der Polizist, der gerade an Bord kommen wollte, und die Leute am Kai sahen nur, wie er hektisch auf die Brücke stürmte, sich über Bord lehnte und sich ins Meer übergab, sein Körper von heftigen, hysterischen Krämpfen geschüttelt.
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    Frank Ottobre wachte auf und spürte seinen Körper, ausgestreckt zwischen den Laken eines Bettes, das nicht seines war, in einem Haus, das nicht seines war, in einer Stadt, die nicht seine war.
    Unmittelbar danach drang die Erinnerung in sein Bewusstsein wie die Sonnenstrahlen durch die Jalousien, und der Schmerz kehrte genauso stark zurück, wie er ihn am Abend zuvor verlassen hatte.
    Wenn es draußen noch eine Welt gab und in jener Welt ein Vergessen möglich war, dann versperrte ihm sein Geist den Zutritt zu beidem. Das schnurlose Telefon auf dem Nachttisch begann zu klingeln.
    Er drehte sich herum und streckte die Hand nach dem blinkenden Display des Apparats aus.
    »Hallo?«
    »Hi, Frank.«
    Er schloss die Augen, und sofort rief die Stimme aus dem Hörer in seinem Geist ein Gesicht wach. Die platte Nase, das sandfarbene Haar, die Augen, der Geruch des Rasierwassers, der lässige Gang, manchmal eine dunkle Sonnenbrille und ein grauer Anzug, schon fast wie eine Uniform.
    »Hi, Cooper.«
    »Ich weiß, dass es für dich noch ganz schön früh ist, aber ich war mir sicher, dass du schon wach bist.«
    »Ach … Was gibt’s?«
    »Hier praktisch von allem etwas, zumindest im Moment. Totaler Wahnsinn. Wir schieben Vierundzwanzig-Stunden-Schichten. Wenn wir doppelt so viele wären, wie wir es sind, brauchten wir nochmal doppelt so viele Männer, um hinterherzukommen. Alle bemühen sich, so zu tun, als sei nichts passiert, aber sie haben Angst. Und wir können es ihnen nicht verdenken, wo wir doch selber Angst haben.«
    Eine kurze Pause entstand.
    »Und du, wie geht es dir?«
    Tja, wie geht es mir?
    Er stellte sich diese Frage, als käme ihm gerade jetzt zu Bewusstsein, dass er am Leben war.
    »Gut, würde ich sagen. Ich bin hier in Monte Carlo und amüsiere mich mit dem Jetset. Die einzige Gefahr besteht darin, dass ich mich zwischen all den Milliardären selber reich fühlen

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