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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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Moment lag das auch kilometerweit vom Mittelpunkt seiner Interessen entfernt.
    »Ja, mach ich morgen …«, antwortete er ausweichend.
    Bevor Besson in den Aufzug trat, öffnete er Pierrot die Tür, die links zum Archiv hinunterführte.
    »Vorsicht auf der Treppe«, mahnte er, während er das Licht einschaltete.
    Pierrot nickte, wie so oft, und begann, die Stufen hinabzusteigen.
    Als er an die Tür zum Archiv kam, schob er sie mit dem Fuß auf, denn vorhin hatte er sie angelehnt gelassen. Vorsichtig stellte er seinen Stapel auf dem Tisch ab, der vor den Regalen voller Schallplatten und CDs an der Wand stand. Zum ersten Mal, seit er bei Radio Monte Carlo arbeitete, räumte er die CDs, die er hinuntergebracht hatte, nicht sofort an Ort und Stelle.
    Er nahm seinen Rucksack und hob ihn sich mit dieser leichten, 506

    schwungvollen Bewegung, die Jean-Loup ihm beigebracht hatte, auf den Rücken. Dann schaltete er das Licht aus und schloss die Tür ab, wie jeden Abend, bevor er nach Hause ging.
    Nur dass er jetzt nicht nach Hause gehen würde. Er stieg die Treppe hinauf und befand sich wieder in der Eingangshalle des Gebäudes, einem breiten Raum, der an einer Glastür endete. Jenseits der durchsichtigen Türflügel lag der Hafen, die Stadt, die Welt. Und irgendwo dort versteckte sich sein Freund, der seine Hilfe benötigte.
    Und dann tat Pierrot etwas, was er noch nie zuvor in seinem Leben getan hatte.
    Er drückte die Tür auf, trat hindurch und wagte sich allein in die Welt hinaus.
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    Frank saß in seinem Megane auf dem unbefestigten Platz oberhalb der Villa von Jean-Loup Verdier. Es war ziemlich heiß, und er ließ den Motor laufen, damit die Klimaanlage funktionierte. Während er darauf wartete, dass Morelli und die anderen von Roncaille geschickten Männer kamen, konnte er nicht anders, als ständig auf die Armbanduhr zu sehen.
    In seinem Geist formierte sich das Bild von Nathan Parker und seiner kleinen Gesellschaft am Flughafen von Nizza, wie er ungeduldig im Sessel saß, Helena und Stuart zu seiner Seite, und Ryan Mosse die Formalitäten für die Abreise überlassend. Er sah die wuchtige Gestalt von Froben oder einem seiner Männer nahen und dem alten General mitteilen, dass es unerwartete Komplikationen gegeben habe und sie vorerst ihren Abflug verschieben müssten. Er konnte sich nicht im Entferntesten vorstellen, was Froben sich als Vorwand hatte einfallen lassen, aber die Reaktion des Alten konnte er sich umso lebhafter ausmalen. Ihm schoss durch den Kopf, dass er nicht in der Haut seines Kommissarfreundes stecken wollte.
    Die Absurdität dieses impulsiven Gedankens, der schlicht einer Redensart entsprungen war, ließ Frank lächeln.
    In Wirklichkeit war es genau das, was er sich wünschte.
    Er wäre gerne selbst am Flughafen von Nizza gewesen, um zu tun, worum er Froben gebeten hatte. Um General Nathan Parker beiseite zu nehmen und ihm endlich zu sagen, was er ihm sagen wollte. Nein, was ihm zu sagen sein unbändiger Wunsch war. Es gab keinen Grund, etwas zu erfinden, es mussten nur ein paar Dinge klargestellt werden …
    Stattdessen saß er hier, schmeckte wie Salz auf der Zunge die Zeit, blickte alle halbe Minute auf die Uhr mit dem Eindruck, es müsse eine halbe Stunde vergangen sein.
    Er zwang sich, diese Gedanken zu vertreiben. Roncaille fiel ihm ein. Das war eine andere Geschichte. Und eine andere Schererei.
    Trotz berechtigter Zweifel hatte der Polizeipräsident wagemutig seine Männer mobilisiert. Frank hatte sich bei ihrem Telefonat kategorisch gegeben, aber von der Gewissheit, mit der er geredet hatte, war er meilenweit entfernt. Tatsächlich wagte er nicht einmal, sich selbst einzugestehen, dass es weniger ein Bluff als vielmehr eine Wette gewesen war, und eine ziemlich riskante dazu. Jeder Buchmacher hätte sie, ohne lange nachzudenken, mit dreißig zu eins gehan508

    delt. In Wirklichkeit entsprang seine Behauptung, er kenne Keiners Versteck, nicht absoluter Sicherheit, sondern einer begründeten Annahme. Die Wahrscheinlichkeit von neunundneunzig Prozent, die er dem Polizeichef gegenüber angegeben hatte, war gehörig zu reduzieren. Sollte sich seine Hypothese als falsch erweisen, hätte es allerdings keine schwerwiegenden Konsequenzen, außer dass es ihre soundsovielte Niederlage wäre. An ihrer konkreten Situation würde sich nichts Wesentliches ändern. Keiner war verschwunden und würde es auch bleiben. Nur was von Frank Ottobres Prestige noch übrig war, würde empfindliche Einbußen

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