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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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sich durch die Sprechanlage als Polizisten zu erkennen gaben. Sie hatten sie Pierrot wecken und sich Hals über Kopf etwas anziehen lassen, dann wurden sie beide in einen Wagen verfrachtet, der mit einer Geschwindigkeit davongerast war, dass sie es mit der Angst zu tun bekam.
    Sie hatten den Komplex von Sozialwohnungen hinter sich gelassen. Die Frau war wegen der Nachbarn besorgt gewesen. Umso besser, dass sie um diese Uhrzeit wahrscheinlich niemand im Polizeiwagen hatte wegfahren sehen wie zwei Verbrecher. Ihr Leben war schon bitter genug, mit dem Tratsch und dem Geflüster hinter ihrem Rücken, als dass sie noch mehr davon hätte brauchen können.
    Der Kommissar, der ältere Mann mit dem gutmütigen Gesicht, hatte ihr versichert, dass es keinen Grund zur Beunruhigung gebe und dass sie ihren Sohn in einer sehr wichtigen Angelegenheit brauchten. Jetzt waren sie hier, und sie fragte sich, bei was denn wohl einer wie Pierrot helfen könne, ihr Sohn, den sie liebte, als sei er ein Genie, und den die Leute nur mit Mühe nur als dumm ansahen.
    Ängstlich schaute sie zu Robert Bikjalo, dem Intendanten von Radio Monte Carlo, hinüber, der ihrem Sohn erlaubte, hier zu bleiben, an einem sicheren Platz, und sich mit dem zu beschäftigen, was er am allermeisten liebte, mit Musik. Was hatte die Polizei damit zu tun? Sie betete, dass Pierrot in seiner Arglosigkeit nicht irgendetwas angestellt hatte. Sie hätte es nicht ertragen, wenn man ihr den Sohn weggenommen hätte. Die Vorstellung, ohne ihn allein zu bleiben, während er irgendwo hinmüsste ohne sie, erfüllte sie mit Entsetzen.
    Sie spürte die Angst mit kalten Fingern nach ihrem Magen tasten und ihr die Kehle zuschnüren. Wenn nur …
    Bikjalo lächelte ihr aufmunternd zu als Bestätigung, dass alles in Ordnung sei.
    Sie schaute wieder diesen jüngeren Typen an, den mit dem harten Gesicht und den langen Bartstoppeln, der mit einem leicht fremdartigen Akzent Französisch sprach und auf dem Boden kniete, um mit Pierrot, der auf einem Stuhl saß, auf gleicher Höhe zu sein. Ihr Sohn 118

    blickte ihn neugierig an und hörte, was er ihm sagte.
    »Entschuldige, wenn wir dich um diese Zeit geweckt haben, Pierrot, aber wir brauchen in einer sehr wichtigen Angelegenheit deine Hilfe. Etwas, das nur du machen kannst …«
    Die Frau entspannte sich. Dieser Mann hatte zwar ein furchteinflößendes Gesicht, aber seine Stimme klang ruhig und freundlich.
    Pierrot lauschte ihm ganz gelassen und schien keine Angst zu haben.
    Im Gegenteil, dieses außerplanmäßige nächtliche Abenteuer, diese Fahrt in einem Polizeiwagen und sich ganz plötzlich im Zentrum des allgemeinen Interesses wiederzufinden, schien ihn ziemlich stolz zu machen.
    Sie verspürte eine akute Welle von Zärtlichkeit und Fürsorge gegenüber diesem ihrem seltsamen Kind, das in seiner ganz eigenen, verschlossenen Welt aus Musik und Gedanken lebte. Wo sogar die schmutzigen Wörter, wie er sie nannte, die süße Bedeutung von Kinderspielen hatten.
    Der jüngere Mann fuhr fort, mit seiner ruhigen Stimme zu ihm zu sprechen.
    »Wir werden dir jetzt ein Lied vorspielen, eine Musik. Höre sie dir an. Höre sie dir ganz aufmerksam an. Achte darauf, ob du sie erkennst und ob du uns sagen kannst, was es ist und auf welcher Platte diese Musik ist. Wirst du das versuchen?«
    Pierrot schwieg, dann nickte er fast unmerklich.
    Der Mann stand auf und drückte einen Knopf an dem Rekorder, der hinter ihm stand. Die Töne einer Gitarre füllten plötzlich den Raum. Die Frau beobachtete das in Konzentration angespannte Gesicht ihres Sohnes, der versunken den Tönen lauschte, die um ihn herum aus den Boxen drangen. Wenige Sekunden nur, dann endete die Musik. Der Mann kniete erneut neben Pierrot nieder.
    »Möchtest du sie noch einmal hören?«
    Immer noch schweigend, schüttelte der Junge den Kopf.
    »Erkennst du sie?«
    Pierrot wandte die Augen Bikjalo zu, als sei er für ihn die einzige Bezugsperson.
    »Sie ist da«, sagte er leise.
    Der Intendant kam näher.
    »Du willst sagen, dass wir sie haben?«
    Pierrot nickte mit dem Kopf, als wolle er seinen Worten mehr Gewicht verleihen.
    »Sie ist da, in dem Zimmer …«
    119

    »Welches Zimmer?«, fragte Hulot und kam näher.
    »Das Archiv. Unten im Souterrain. Da, wo Pierrot arbeitet. Dort sind tausende von Platten und CDs, und er kennt sie alle, jede einzelne.«
    »Wenn du weißt, wo im Zimmer sie ist, würdest du sie für uns holen?«, fragte Frank höflich. Dieser Junge war gerade dabei, ihnen

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