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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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ausgewählten Dingen, für ein ruhiges Leben ohne Ambitionen. Es gab das unlösbare Band zwischen Nicolas und seiner Frau, der Schmerz über das, was nicht mehr war, die Trauer um das, was hätte sein können, aber niemals sein würde.
    Frank konnte es deutlich spüren. Es war ein Seelenzustand, den er nur zu gut kannte, dieses unausweichliche Verlustgefühl an den Orten, die das Leben mit der harten Hand des Schmerzes berührt.
    Doch seltsamerweise fand Frank, statt zurückzuschrecken, einen gewissen Frieden in den lebendigen Augen von Celine Hulot, die den Mut besessen hatte, den Tod ihres Sohnes zu überleben, indem sie sich in den ruhigen Hafen ihrer unschuldigen Wahnvorstellungen zurückgezogen hatte.
    Frank beneidete sie und war sicher, dass ihr Ehemann dasselbe empfand. Für sie waren die Tage keine Nummern, die täglich aus dem Kalender gestrichen wurden, für sie war die Zeit kein unendliches Warten auf jemanden, der niemals mehr kommen würde. Celine lächelte das glückliche Lächeln eines Menschen in einem leeren Haus, der weiß, dass die Menschen, die er liebt, in wenigen Stunden zurückkommen werden.
    »Was möchtest du trinken, Frank?«, fragte Hulot.
    »Der Duft, der in der Luft liegt, erzählt Geschichten von franzö173

    sischer Küche. Was hältst du von einem französischen Aperitif? Ich würde sogar einen Pastis wagen.«
    »Schon geschehen.«
    Nicolas ging zu einem Schrank hinüber und begann, mit Gläsern und Flaschen zu hantieren. Frank ging auf die Terrasse hinaus und blieb dort stehen, um die Aussicht zu betrachten. Von hier aus konnte man einen langen Küstenstreifen sehen, die Buchten und Windungen und Vorsprünge, die wie Finger ins Meer hineinragten und auf den Horizont wiesen. Das Abendrot versprach einen weiteren schönen Tag, der ihnen wohl verwehrt war.
    Vielleicht hatte die Geschichte ihn endgültig gezeichnet, denn Frank kam der Titel eines Albums von Neil Young in den Sinn, Rust never sleeps.
    Rost schläft nicht.
    Vor seinen Augen lagen all die Farben des Paradieses. Blaues Wasser, grüne Berge umschlossen vom Meer, ein rotgoldener Himmel in einem Sonnenuntergang, so schön, dass er einem das Herz brechen könnte.
    Doch hier auf der Erde wandelten sie, die Menschen dieser Erde, den Menschen an hundert anderen Orten gleich, im Krieg um alles Mögliche und nur in einer Sache vereint: dem verzweifelten Versuch, all dies hier zu zerstören.
    Wir sind der Rost, der niemals schläft.
    Er hörte Nicolas von hinten herankommen, bis er neben ihm stand, zwei Gläser mit einer trüben, milchigen Flüssigkeit in der Hand. Das Eis klingelte gegen das Glas, als Nicolas ihm den Aperitif reichte.
    »Nimm und fühl dich für einen oder zwei Schlucke als Franzose, dann kannst du wieder zu dem Amerikaner werden, als den ich dich im Moment brauche.«
    Frank führte das Glas an die Lippen, und der scharfe Geruch des Anis stieg ihm in die Nase und füllte seinen Mund mit seinem Geschmack. Sie tranken in aller Ruhe, schweigend, einer neben dem anderen, allein in ihrer fest umrissenen Gestalt standen sie etwas gegenüber, das kein Ende zu nehmen schien. Ein Tag war seit der Entdeckung von Yoshidas Leiche vergangen, und es war nichts passiert. Ein Tag war mit der Jagd auf ein Indiz, eine Spur unnütz vertan worden. Hektische Aktivität wie ein atemloser Lauf eine Straße entlang, die sich am Horizont dem Blick entzieht. Waffenruhe. Das war es, was sie brauchten. Nur einen kurzen Moment der Ruhe.
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    Doch selbst in diesem Moment, da sie nur sie zwei waren und niemand anderer, gab es etwas, das sie nicht austreiben konnten.
    »Was tun wir jetzt, Frank?«
    Der Amerikaner ließ sich Zeit und nahm noch einen Schluck.
    »Ich weiß es nicht, Nicolas. Ich weiß es wirklich nicht. Wir haben fast nichts in der Hand. Irgendwelche Nachrichten aus Lyon?«
    »Die Analyse des ersten Bandes ist abgeschlossen, aber es kamen im Prinzip dieselben Resultate heraus, die uns Clavert schon in Nizza präsentiert hat. Daher befürchte ich dasselbe für das zweite Band.
    Cluny, der Psychologe, hat gesagt, dass er mir morgen einen Bericht zukommen lässt. Ich habe eine Kopie des Videos weggeschickt, das wir in dem Wagen gefunden haben, um zu sehen, ob nicht doch irgendein Hinweis bei der Vermessung herausspringt, aber wenn es so ist, wie du gesagt hast, werden wir da auch nicht viel gewinnen
    …«
    »Neuigkeiten von Froben?«
    »Keine. In Yoshidas Haus haben sie nichts gefunden. Alle Abdrücke in dem Raum, in dem er ermordet

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