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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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den Parc Saint-Roman zurückgekehrt und hatte ein paar Stunden geschlafen, doch er war im Büro geblieben, um noch den ganzen Verwaltungskram zu erledigen, den so ein Fall mit sich brachte. Als er ihn zurückließ, hatte Frank gedacht, dass man an dem Tag, von dem an Polizisten nicht mehr gezwungen würden, die Hälfte ihrer Zeit damit zuzubringen, irgendwelchen Papierkram von einer Seite auf die andere zu stapeln, gleichzeitig den Regenwald am Amazonas und die Menschheit vor dem Verbrechen retten würde.
    Jetzt fuhren sie zum Essen in das Haus hinauf, das Nicolas zusammen mit seiner Frau Celine bewohnte. Sie ließen den Parkplatz hinter sich zurück, die Restaurants und die Souvenirläden und bogen nach links in die Straße ab, die zum höchsten Punkt des Dorfes führte. Etwas unterhalb der Kirche, die das Ortsbild bestimmte, befand sich das Haus von Nicolas Hulot, eine kleine, hell verputzte Villa mit dunklem Dach. Sie war so dicht am Abhang zur Talebene errichtet worden, dass Frank sich schon oft gefragt hatte, mit welchem Kniff 171

    der Architekt, von dem es entworfen worden war, wohl zu verhindern gewusst hatte, dass es der Schwerkraft folgte, sich losriss und Hals über Kopf in die Tiefe stürzte.
    Sie parkten den Peugeot auf dem reservierten Parkplatz, und Frank folgte Nicolas, der die Tür aufschloss. Sie traten ein. Frank blieb im Flur stehen und sah sich um. Nicolas schloss hinter ihnen die Tür.
    »Celine, wir sind da.«
    Der dunkelhaarige Kopf von Madame Hulot erschien in der Küchentür am Ende des Flurs.
    »Salut, Liebling. Hi, Frank, ich sehe, du bist immer noch der schöne Mann, den ich in Erinnerung habe. Wie geht es dir?«
    »Fix und fertig. Das Einzige, was mich wieder auf die Beine bringen kann, ist deine gute Küche. Nach dem Duft zu urteilen, stehen meine Heilungschancen aber sehr gut.«
    Ein Lächeln erhellte Madame Hulots sonnengebräuntes Gesicht.
    Sie kam aus der Küche und trocknete sich die Hände an einem Geschirrtuch ab.
    »Es ist so gut wie fertig. Nic, biete Frank etwas zu trinken an, während ihr wartet. Ich bin ein bisschen spät dran. Leider habe ich heute eine ganze Menge Zeit damit verloren, Stephanes Zimmer aufzuräumen. Ich habe ihm schon tausendmal gesagt, er soll versuchen, etwas ordentlicher zu sein, aber da ist nichts zu machen. Jedes Mal, wenn er das Haus verlässt, herrscht in seinem Zimmer das reinste Chaos.«
    Mit wehenden Röcken kehrte sie in die Küche zurück. Frank und Nicolas sahen sich an. Ein Schatten von Trauer lag in den Augen des Kommissars und würde wohl niemals ganz daraus verschwinden.
    Stephane, der zwanzigjährige Sohn von Celine und Nicolas Hulot, war einige Jahre zuvor an den Folgen eines Autounfalls gestorben, nachdem er lange Zeit im Koma gelegen hatte. Seitdem weigerte sich Celines Verstand, den Tod des Sohnes zu akzeptieren. Sie war die Frau geblieben, die sie immer gewesen war, freundlich, intelligent und scharfsinnig, ohne irgendetwas von ihrer Persönlichkeit zu verlieren. Sie verhielt sich ganz einfach so, als sei Stephane immer noch im Haus, statt nur noch ein Foto und ein Name auf dem Grabstein zu sein. Die Ärzte, von denen sie untersucht worden war, hatten Hulot nach einigen Sitzungen achselzuckend geraten, den harmlosen Wahn seiner Frau zu unterstützen, mit dem sie sich wohl vor schwereren psychischen Schäden schütze.
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    Frank kannte Celine Hulots Problem und hatte sich daran gewöhnt, seit er das erste Mal in Europa gewesen war. Dasselbe hatte Harriet getan, als sie Urlaub an der Côte d’Azur gemacht hatten.
    Nach Harriets Tod war die Freundschaft zwischen ihm und Nicolas nur noch tiefer geworden. Ein jeder von ihnen kannte den Schmerz des anderen, und nur dank dieser Bindung hatte Frank seine Einladung, ins Fürstentum Monaco zu kommen, überhaupt angenommen.
    Hulot zog sich die Jacke aus und hängte sie an eine Thonet-Garderobe aus gebogenem Buchenholz. Das ganze Haus war mit wertvollen modernen Möbeln eingerichtet, Frucht einer Sammelleidenschaft, die einen auf angenehme Art und Weise in jene Zeit zurückversetzte, in der das Haus gebaut worden war.
    Er ging Frank ins Wohnzimmer voraus, das über zwei Glastüren auf eine weitläufige Terrasse sah, von der aus man die gesamte Küste überblicken konnte.
    Draußen war bereits der Tisch liebevoll fürs Abendessen gedeckt, mit einem Strauß gelber und blauer Blumen auf einem makellosen Tischtuch. Alles umgab eine einladende Atmosphäre, mit einfachen, aber sorgfältig

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