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Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich

Titel: Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Bettermann
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reagierten die südländischen Besucher mit noch mehr Befremden – kein Mensch in Athen hätte sich billige Flokatis, wie sie die Schafhirten benutzten, in die gute Stube gelegt, nicht einmal damals, als diese überall – außer in Griechenland – im Trend lagen. Griechen lieben Statussymbole und statten ihre Wohnungen möglichst protzig aus, mit teuren Spiegeln, Anrichten aus poliertem dunklen Holz und wertvollen Orientteppichen. Hauptsache, alles sieht teuer aus, Understatement ist ihre Sache nicht. Hätten wir nicht luxuriös im Grünen gewohnt – die griechische Verwandtschaft hätte uns wahrscheinlich bemitleidet.
    Abgesehen von dem vielen Grün waren die griechischen Besucher beim allerersten Mal immer absolut beeindruckt von der Sauberkeit in Deutschland: von den blitzenden Gaststättentoiletten, den ordentlich renovierten Häusern, an denen keine Schmierereien und keine Plakate prangten, sowie den Straßen und Gehwegen, die nicht von Schlaglöchern verunziert waren. »Nicht zu vergleichen mit den schrecklichen Zuständen bei uns, wo jeder seinen Müll auf den Boden wirft«, sagte Tante Meri und schwärmte: »Großartig, wie gepflegt hier alles ist.« Allerdings hielt ihre Begeisterung – wie bei allen griechischen Deutschlandneulingen – nur so lange an, bis sie das erste Mal in Hundekacke trat.
    Kopfschüttelnd streifte Tante Meri ihre Schuhe vor der Eingangstür ab und empörte sich: » Skata, Scheiße! – ausgerechnet in Deutschland! Und da heißt es immer, die Deutschen wären ein sauberes Volk. Dabei lassen sie überall ihre Hunde hinmachen!« Mama wand sich ein wenig, als schämte sie sich für die Deutschen: »Das mit dem Hundekot ist kein großes Problem, es regnet hier ja so oft«, sagte sie. »Der viele Regen spült den Dreck immer wieder weg.« Es klang ein wenig lahm – sie hatte selbst so ihre Probleme mit den deutschen Hunden und ihren Haltern. Zum Beispiel mit den alten Damen, die sich immer beschwerten, wenn Kinder zum Pinkeln in die Büsche bei den Spielplätzen gingen. »Und dann lassen dieselben Frauen ihre Hunde überall in der Wiese Hundechaufen machen, und die armen Kiiender treten rein und alles ist voller Baktärien!« Doch vor den griechischen Besuchern hielt sie sich mit solcher Kritik zurück. Onkel Michalis freilich hätte die Verwandten vorwarnen können, er war ja bereits ein alter Deutschlandexperte, denn er besuchte uns fast jährlich – er zog es offenbar vor, sie ihre eigenen Erfahrungen machen zu lassen.
    Michalis kannte das Problem mit den Hunden schon von seiner allerersten Deutschlandreise. Damals war Mamagerade erst nach München gezogen, und er hatte vor, ebenfalls in Deutschland zu bleiben und sich hier ein Studium durch Jobs zu finanzieren – Ende der Fünfzigerjahre gab es bereits eine Menge Jobs, und so mussten Studenten (anders als in Athen) ihren Eltern nicht auf der Tasche liegen.
    Das nette Ehepaar in München-Pasing, bei dem meine Mutter eine Dachkammer mit Klavier gemietet hatte, organisierte für Michalis eine Stelle beim Bau. Dort musste er den ganzen Tag Zementsäcke schleppen. Onkel Michalis aber war harte körperliche Arbeit nicht gewohnt, abends schmerzten ihm der Rücken, die Beine, die Arme, jede Faser seines Körpers. Ans Studieren, ja selbst ans Deutschlernen, war nicht zu denken: In seiner Freizeit konnte Michalis nichts anderes tun als schlafen. Auch waren die derben Kollegen auf dem Bau nicht gerade zuvorkommend gegenüber dem schmalbrüstigen Griechen, der nur ein paar Brocken ihrer Sprache konnte und der bei jedem Sack, den er transportierte, zusammenzubrechen drohte und so alle aufhielt.
    Michalis’ Wirtsleute setzten dem Unbehagen noch die Krone auf, sie fanden nämlich, der junge Untermieter aus dem Ausland verbrauche zu viel Strom. Denn manchmal, wenn Michalis nach der harten Arbeit auf dem Bau in sein Bett fiel, war er so müde, dass er es nicht einmal mehr schaffte, das Licht auszumachen. Die Lampe brannte die ganze Nacht, und bald meckerte seine Vermieterin, die den Verbrauch akkurat am Stromzähler nachgewiesen hatte, und verlangte mehr Miete. »Dabei waren das nur ein paar lächerliche Pfennige«, sagte mein Onkel. Doch die Vermieterin machte eine große Sache daraus und schimpfte tagelang über den Strom verschwendenden Griechen. »So waren die Deutschen damals«, sagte Onkel Michalis. »Kleinlich.«
    Weil er als Großstadtgrieche nicht gewohnt war, beim Gehen auf den Boden zu blicken, um dem Kot auszuweichen (inAthen kam

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