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Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich

Titel: Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Bettermann
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deutschen Heilquelle, das auf der Speisekarte stand.
    »Aber das ist ja ungenießbar!«, sagte Meri. »Ganz bitter! Können wir nicht von dem köstlichen Wasser bekommen, das hier aus der Leitung kommt? Einfaches Leitungswasser! Bitte, Maria, mir wird schon ganz schwindlig vor Durst!«
    Mama seufzte: Aus langer Erfahrung wusste sie, dass die damals recht unwirschen bayerischen Bedienungen mit Unverständnis oder sogar Empörung auf »Extrawürste« wie Leitungswasser reagieren konnten, die sich zudem nicht abrechnen ließen.
    »Leitungswasser führen wir nicht«, sagte denn auch die Kellnerin. »Aber ich bringe Ihnen gerne noch mal die Karte.«
    »Wissen Sie«, flehte Mama, »die Dame ist Aosländerin. Sie braucht Leitungswassär. Könnten Sie nicht Wassär aus der Kühche cholen?«
    »Aus dem Spülhahn?! Das geht doch nicht!!!«
    »Ich bieette Sie! Der Dame ist nicht guttt.«
    Schließlich bekam Tante Meri ihr Leitungswasser – ein kleines Saftglas voll. Sie betrachtete es mit einer Mischung aus Resignation und Erstaunen: »Das sind ja nur ein paar Tropfen!« Dann führte sie es zum Mund, leerte es in einem Zug und seufzte: »Und außerdem lauwarm!«
    Schließlich gewöhnte sich Mama an, stets ein paar Pappbecher in der Handtasche mitzuführen, aus denen diegriechischen Besucher sich im Kaufhaus aus den Wasserhähnen in der Toilette labten. Onkel Michalis als Deutschlandkenner verließ das Haus ohnehin nie ohne seine Thermoskanne, die mit Eiswasser gefüllt war – als genießbar gelten den Griechen Kaltgetränke eigentlich nur dann, wenn deren Temperatur nur knapp über dem Gefrierpunkt liegt. Sogar das Bier wird in Griechenland in eisgekühlten Gläsern serviert. Von daher ist es ein Wunder, dass den Griechen das bayerische Bier, das als vergleichsweise warme Brühe auf den Tisch kommt, schmeckte. Doch war dies tatsächlich der Fall.
    Papa warnte zwar immer vor dem Genuss des bayerischen Bieres, das viel stärker ist als die holländischen Sorten – Amstel und Heineken –, die in Griechenland bekannt sind: » Bira very strong in Monacho! Prosochi , Vorsicht!« Trotzdem kam es häufig vor, dass die Griechen ihre Trinkfestigkeit überschätzten und sich einen ordentlichen Rausch einhandelten.
    Einmal saßen wir mit Onkel Michalis und seiner Familie im Biergarten am Chinesischen Turm im Englischen Garten. Wir hatten eine Brotzeit und Teelichter dabei, eine Blaskapelle spielte. Bereits der Anblick der Musiker, die mit Lederhosen und Filzhüten mit dicken Gamsbärten ausstaffiert waren, versetzte meinen Onkel in Hochstimmung. Wasser war mal wieder nur in homöopathischen Dosen in winzigen Sprudelflaschen erhältlich gewesen, der Durst aber groß – die Münchner Sommerschwüle machte den Gästen ziemlich zu schaffen, denn obwohl es in Griechenland um mindestens zehn Grad heißer war, handelte es sich dort meist um eine trockene, nicht so drückende Hitze.
    Aber es gab ja köstliches bayerisches Bier in stattlichen Maßkrügen. »Solche müssen wir für zu Hause kaufen«, sagte Matina zu Michalis, der begeistert nickte. Er nannte sie schon den ganzen Abend über »Matinoula« und grinste breit vor sich hin. Selbst der kleine Alexis hatte von einer Maß probiertund dabei wohl etwas zu viel erwischt: Er tobte wie ein Derwisch zwischen den Bankreihen herum und lachte ohne Unterbrechung, und niemand rief proseche , pass auf, oder min trechis, renn nicht – kurz: Die Stimmung war sehr ausgelassen.
    An jenem Tag hatten wir das Nymphenburger Schloss besichtigt, und nun fiel Tante Matina ein, was wir bei der stundenlangen Führung nicht zu sehen bekommen hatten: ein Badezimmer! Da prusteten Mama und Michalis laut los: Es handelte sich um einen Insiderwitz – Deutschlandkenner wie Mama, Matina und Michalis fanden nämlich, dass die Teutonen, die ihre Gärten, Häuser und Straßen so liebevoll pflegten, es mit der Körperhygiene nicht ernst genug nahmen. Als Mama und Michalis einst in den Fünfzigern hier ankamen, gab es in den Haushalten ihrer Vermieter sogar noch den Badetag – nur ein Mal wöchentlich. Das war mit den Jahren zwar wesentlich besser geworden, dennoch gab es da so einige deutsche Gewohnheiten, die für Griechen nicht nachvollziehbar waren.
    Sogar Mama, die sonst nie trank, hatte an jenem Abend zu tief in den Maßkrug geblickt, darum verließ sie jede Zurückhaltung und sie begann, über die Deutschen zu lästern. Zum Beispiel über deutsche Waschlappen: »Sie nehmen zum Waschen diese Lappen statt ihrer

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