Ich trug das Meer in Gestalt eines Mädchens (German Edition)
Stuhl, beantwortet Fragen und unterschreibt. Der attraktivste unter ihnen wollte zur Feuerwehr gehen, aber aufgrund eines gesundheitlichen Problems ist er nicht imstande, Leute zu tragen. Die Seeleute versammeln sich in einem Raum, einer Art Zuschauerraum, und es kommt mir vor wie in einem Laden, wo ich auswählen kann. Ich versuche mit Macht, mich zu entspannen, aber es gelingt mir nicht.
Am Pier im Ort kaufe ich mit meinen Schulfreunden am helllichten Tage Haschisch, und die Dealer bestehen darauf, dass wir es gleich an Ort und Stelle rauchen, damit wir feststellen können, ob es gut ist. Der Saharasand in der Luft macht alles körnig. Ich stelle mir vor, dass sie Fotos machen, mir eine Falle stellen, wie in
Midnight Run,
und mich in einen unterirdischen Abwasserkanal sperren, dass sie zueinander sagen:
Wir nehmen die mit den Locken – ihr Haar ist viel zu groß,
keins ihrer Wörter verständlich, wie bei einem Radio mit schlechtem Empfang. Selbst wenn wir wieder auf dem Stützpunkt sind, verhalte ich mich auf dem Spielplatz paranoid, kann die Turngeräte, die Schaukel nicht loslassen. Haschisch war nie mein Ding – das High so ruhig im Vergleich zum Trinken. Aber die Mädchen von der Schule sind meistens kühl, außer wenn wir in die Stadt gehen, um Stoff zu kaufen, das ist etwas, was wir zusammen machen können. In Spanien darf ich nirgendwo allein hingehen. Deshalb bin ich dankbar für die Gesellschaft. Als ich in Rota ankam, hatte ich Geschichten gehört zur Warnung, dass amerikanische Jugendliche aus Militärfamilien von der Guardia mit Haschisch aufgegriffen und in das spanische Gefängnis geworfen worden waren. Ich hatte gehört, wenn die Familien der eingesperrten Jugendlichen kein Essen vorbeibrachten, mussten sie ohne auskommen. Wenn die Familien an einen anderen Stützpunkt versetzt wurden, blieben die eingesperrten Jugendlichen angeblich zurück. Obwohl die Geschichten erfunden klangen, machten sie mir Angst. Aber ich konnte nicht zu Hause bleiben, ich war zu einsam. Und noch weniger selbstbewusst, denn meine dürftigen Umgangsformen nahmen mit jedem Umzug in ein neues Land, in eine neue Schule weiter ab. Ein schönes Mädchen ist dabei, klug und freundlich, das sich mit mir anfreundet. Abends gehen wir joggen. Manchmal nimmt sie mich zu Partys mit in die Stadt, alle sind high. Es kommt mir unhöflich vor, nicht mitzumachen. Ich riskiere es. Die Droge selbst scheint harmlos. Anders als Alkohol verändert sie nicht meine Persönlichkeit.
Bei der Arbeit in der Waffenabteilung suche ich mir einen Jungen mit einer John-Lennon-Brille aus, die Gläser blau und herzförmig. Sein Lächeln so gelassen, es ist wie ein Lied, das mir durch die Kehle rinnt, das Pochen in der Brust überdeckt. Er ist nicht wie die Männer, mit denen ich später ausgehe, als ich wieder in den Staaten bin, nicht wie der Mann, der sagt, er mag es, wenn die Brüste einer Frau von hinten sichtbar sind und seitlich hervorquellen wie Kuchen, oder der Mann mit den münzkleinen Augen, der Frauen auf der Straße ansieht und sagt, er mag es, wenn die Frauen in der Stadt sich für ihn fein machen. Der Junge aus der Waffenabteilung kann mich sehen. Obwohl wir die meiste Zeit, die wir miteinander verbringen, high sind.
Ich verlasse meine Familie in Spanien, ziehe nach Bridgewater, Massachusetts, um aufs College zu gehen. Bewege mich auf meinen Sohn zu – wir sind weniger als drei Jahre voneinander entfernt.
In Massachusetts bekomme ich einen Brief von dem Jungen und sehe zum ersten Mal seine Handschrift, sehe, dass er nicht richtig schreiben kann, dass er auf dem Papier kaum denken kann. Wenn er keine Uniform trug, hingen ihm die Cordhosen tief auf den Hüften. Sein Haar war zu lang. Er war ein Angel-Dust-Dealer aus einer Bergstadt in Montana, hatte mit siebzehn die Schule aufgegeben und war zur Navy gegangen. Bevor ich ihm begegnete, hatte ich mich so sehr nach Berührung gesehnt, dass ich abends trotz Knochenhautentzündung meilenweit lief, nur um mich durch die Luft zu bewegen. Seine Arme, auch in der Erinnerung, waren ein Mantel, in den ich mich einhüllen konnte.
Sugar Mountain
Einmal erzählte mir ein Freund, er könne die Songs von Neil Young nicht mehr hören, nachdem er erfahren hatte, dass sie unter dem Einfluss von Heroin geschrieben worden waren. Ich habe mir oft gewünscht, unter diesem Einfluss zu stehen, aber schon mit Alkohol, Kokain oder Qualuudes fuhr ich gegen die Leitplanke, und ich wusste, dass Heroin mich ganz und
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