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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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handeln müsse und weil sie ohne Mucks nicht spielen konnten, erschienen sie wieder oben bei mir in der Wohnung, wo ich sie seufzend empfing.
    »Warum kommt ihr denn schon wieder? Es ist doch so schönes Wetter!«
    »Mir wäret au lieber drauße, Mulchen, aber ‘s geht net, weil sonscht d’ Polizei kommt!« erklärte Andreas.
    »Ja, und wenn du willsch, daß die uns einsperret, dann gehet mir halt wieder nunter!« sagte Mathias.
    »Manfred, red doch mal mit dem Mann! Schließlich gehört er zu deiner Gemeinde. Er darf den Kindern keine solche Angst machen!«
    Manfred ging und kam nach kurzer Zeit wieder.
    »Er hat mich nicht mal in die Wohnung gelassen«, erzählte er mir, »die Türkette war eingehängt, wir haben nur durch den Spalt miteinander verhandelt, und sein alter, dicker Dackel hat dazu gebellt. Seit ich die Menschen kenne, liebe ich die Tiere, so hat er gesagt, ein armer, verbitterter, alter Mann. Schrecklich!«
    »Kommt, gehen wir halt spazieren«, sagte ich zu Andreas und Mathias. Wir stiegen erst viele Stäffele hinauf, gingen an Gärten vorbei und kamen schließlich in den Wald. »Huch, isch des langweilig«, stöhnte Mathias, »Mulchen, erzähl was!«
    Also erzählte ich alle Märchen, die ich kannte, und erfand neue dazu.
    »Erzähl noch mal des von dem Bär, des was du uns geselltem erzählt hasch!«
    Die Schwierigkeit bestand darin, daß sie ein besseres Gedächtnis hatten als ich und die Märchen wortgetreu hören wollten.
    »Nei, Mulchen, so war des net! Geschtern hasch du’s anders erzählt. Also, da isch dr Bär komme...«
    »Ja, da kam er und sagte...«
    »Nei, falsch! Erseht hat ‘r doch brummt, daß se richtig Angscht kriegt habet und dann...«
    »Ja, dann hat er gesagt...«
    »Nei, Mulchen, dann hat ‘r sei Maul aufgrisse...«
    Es waren anstrengende Spaziergänge.
    Zu Hause in ihrem Zimmer spielten sie die Märchen nach. Ich sank aufseufzend an meinen Schreibtisch und gedachte, einen Brief zu schreiben.
    »Mulchen, du musch komme!«
    Da standen sie schon wieder, alle beide.
    »Himmel, jetzt laßt mich mal in Frieden!«
    »Mir brauchet en Bär! Niemand kann so gut brülle wie du. Und wenn du net kommsch, dann könnet mir net weiterschpiele und dann schtreitet mir!«
    Wir spielten. Ich brüllte, und im gleichen Augenblick schoß mir die Idee durch den Kopf. Ich warf die Decke weg, in der ich als Bär gesteckt hatte und lief in Manfreds Zimmer.
    »Jetzt weiß ich, was ich machen kann!«
    »Hoffentlich ein gutes Abendessen, und zwar bald, denn in einer halben Stunde muß ich weg!«
    »Nein, in der Gemeinde. Manfred, was hältst du von einem Laienspielkreis?«
    »Wenig! Malchen, ich hab Hunger, ich muß weg, laß mich mit deinen Ideen in Frieden!«
    Ich ging den ganzen Abend wie auf Wolken. Theaterspielen! Proben! Festliche Aufführungen! Begeisterter Applaus! Ich als Hauptdarstellerin oder Regisseuse - dies war mein Traum seit Kindertagen! Nun konnte ich ihn verwirklichen. Und wenn ich es schlau anfing, dann brauchte ich nicht einmal Farbe zu bekennen, mußte nicht sagen: »Leute, ich will Theater spielen! Ich will Regie fuhren, weil mir das so großen Spaß macht!« Nein, ich konnte die ganze Sache als gute Tat ausgeben und etwa folgendermaßen sprechen: »Leute, man sollte etwas tun für die Jugend in der Gemeinde! Die jungen Menschen müssen eine Aufgabe bekommen und den Eindruck gewinnen, daß sie wichtig sind! Es taugt nicht, daß sie auf der Straße und in Diskotheken herumlungern, nein, Theater sollen sie spielen, und zwar unter meiner kundigen Hand! Ich opfere mich auf, ich gründe einen Laienspielkreis!«
    Als Gutenachtgeschichte erwählte ich an diesem Abend Shakespeares »Macbeth«, denn die Rolle der »Lady« hatte ich schon einmal in der Schule mit großem Heiterkeitserfolg gespielt. Meine Klassenkameradinnen hatten geschrien vor Vergnügen, als ich eine Wahnsinnige mimte, in stummer Verzweiflung und mit rollenden Augen die Hände wusch und rieb und rieb. Es schmerzte mich damals tief, daß sie meine tragischen Versuche nicht ernst nehmen und die Größe meiner Schauspielkunst nicht erkennen wollten, aber ich tröstete mich mit dem Gedanken, daß sie alle Banausen seien, kleine Seelen, die dermal einst, wenn ich zu Weltruhm gelangt, weinend zu meinen Füßen liegen und ihren Irrtum beklagen würden. Nicht so mein eigen Fleisch und Blut.
    Andreas und Mathias folgten mit aufgerissenen Augen meiner wahrhaftigen Darstellung und lauschten ergriffen.
    »Mensch, Mulchen, isch des a

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