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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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ehrliche Gschicht? Isch die wirklich passiert? Und die Hexe au? Und die Ledi, wie die sich d’ Händ wascht? Mein lieber Scholli, des isch a saumäßig schöne Gschicht.«
    Tiefbewegt schliefen sie ein.
    Ich saß am Schreibtisch und baute Luftschlösser, eines schöner als das andere, da hörte ich tappsende Schritte auf dem Flur. Die Tür ging auf, und beide Knaben drückten sich zu mir ins Zimmer. Andreas hielt seinen schlotternden, kleinen Bruder an der Hand.
    »Du, der Mathias hat en furchtbare Traum ghabt!«
    »Ja!« schrie Mathias, »furchtbar! Furchtbar!«
    Ich zog ihn auf meinen Schoß. »Komm, erzähl mir, was hast du denn geträumt?«
    »Hu, von de Hexe und dr Ledi, und wie du dir d’ Händ gwasche hasch, Mulchen, und mir müsset’s au mache, immer d’ Händ wasche, furchtbar!«
    Ich Rabenmutter! Ich dumme Person! Da hatte ich diesen Kleinen Angst gemacht, nur weil mir das Theaterspielen solchen Spaß machte und weil sie ein so dankbares Publikum waren!
    »Heideblitz, jetzt fällt mir’s ein, ich hab euch die Geschichte ja ganz falsch erzählt, bin ich blöd!«
    »Ehrlich, Mulchen? War’s wirklich net so? Erzähl’s!«
    Und nun erzählte ich »Macbeth« als Gutenachtgeschichte, ohne Blut und Leichen, mit freundlichen Menschen, die einander Gutes taten. Die Hexen verwandelten sich in Feen und erfüllten Wünsche. Die blutrünstige Lady entpuppte sich als liebes Mütterlein, tollte mit den Kindern durch die Burg, entdeckte eine Schatzkammer und kochte ihnen schließlich Linsen und Spätzle...
    »Des mag i au!« rief Mathias und hörte auf zu zittern, »aber, Mulchen, warum hat se sich d’ Händ gwasche?«
    »Weil sie doch mit den Kindern die Burg angemalt hat, damit alles schön aussieht, wenn der Vater heimkommt. Was meinst du, wie schmutzig ihre Hände waren und wie sie reiben mußte, bis die Farbe weg war!«
    »Ja, des schtimmt!« sagte Andreas, »weisch nimmer, Mathias, wie mir die Farb net wegkriegt habet von dere Kriegsbemalung, und dei Gsicht war ganz rot und hitzig vom Reibe?«
    Mathias nickte. Ich erzählte und erzählte. Die Abenteuer wurden immer langweiliger, die Kinder immer schläfriger. Schließlich fielen ihnen die Augen zu, und ich trug sie hinüber ins Bett.
    Tief in der Nacht kam Manfred von der Sitzung nach Hause. Er war müde und ärgerlich und begann auch gleich zu schimpfen. Julius und Hugo seien sich wieder einmal in die Haare geraten. Er, Manfred, in seiner grundgütigen Art habe vermitteln wollen, aber dieser Sigmund habe nichts besseres zu tun gewußt, als ihm in den Rücken zu fallen und die beiden Kampfhähne zu bestärken, sie sollten ihre Aggressionen kommen lassen, denn nur so sei eine Konfliktbewältigung möglich. Hugo habe sich daraufhin von Julius abgewandt und seinen geballten Zorn über Sigmund und seine verhaßte Psychologie entladen, und auch der Kirchengemeinderat habe sich in zwei Fronten gespalten und mit in den wortreichen Kampf eingegriffen.
    Ich ließ ihn schimpfen, hörte geduldig und verständnisvoll zu und streichelte ihm sanft die Stirn.
    Am nächsten Morgen erwachte er heiter. Nach einem guten Frühstück ging ich zielstrebig ans Werk und überzeugte ihn von der Notwendigkeit eines Laienspielkreises. Als er schließlich den Eindruck gewonnen hatte, daß ein solcher Kreis die Lösung des Jugendproblems in der Nikodemusgemeinde bedeuten, ihm eine Menge Arbeit ersparen und mir zu einiger Befriedigung verhelfen würde, verließ ich hochbeglückt das Zimmer.
    Ich bestellte eine Probesendung Laienspiele und beschränkte mich dabei weise auf Komödien, denn es war mir inzwischen klar geworden, daß mich beim Theaterspiel nur meine Kinder ernst nahmen.
    Manfred unterrichtete die Kollegen von meinem Vorhaben. Sie stimmten freundlich abwartend zu. Julius Fink meinte, es würde sich ja doch kein Interessent finden. Hugo Pratzel hätte die Gründung einer sportlichen Damenriege lieber gesehen, und Sigmund Säusele hatte das Rollenspiel schon immer für einen wichtigen Weg zur Selbstfindung gehalten.
    Also wurde per Anschlag an der Gemeindehaustür und durch Bekanntmachung von der Kanzel kundgetan, daß ein Laienspielkreis entstehen solle und spielfreudige Gemeindeglieder herzlich eingeladen seien, sich am Mittwochabend zu einer ersten Besprechung im Gemeindehaus einzufinden.
    Meine Hochstimmung schwand dahin, je näher dieser Mittwochabend rückte. Julius Fink hatte recht, es würde sich kein Interessent finden und wenn, dann würde der nicht Theater spielen

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