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Ich Und Kaminski

Ich Und Kaminski

Titel: Ich Und Kaminski Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Kehlmann
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anderen Seite zu. Wir führten ihn zur Tür.
    »Es geht schon«, sagte ich. »Lassen Sie!«
    »Kein Problem«, sagte Quilling, »kein Problem.«
    Manz tippte mir auf die Schulter, ich ließ Kaminski für einen Moment los. »Sagen wir lieber doch Ende dieser Woche. Freitag. Ruf meine Sekretärin an.«
    »Freitag«, sagte ich, »sehr gut.« Manz nickte zerstreut, die dünne Frau legte ihren Kopf auf seine Schulter. Als ich mich umdrehte, sah ich, daß Hochgart gerade Quilling und Kaminski fotografierte. Die Gespräche verstummten. Hastig faßte ich Kaminskis anderen Arm, doch zu spät: Hochgart hatte schon aufgehört. Wir gingen weiter, der Boden schien mir uneben, ein sanftes Zittern ging durch die Luft. Ich hatte zuviel getrunken.
    Wir gingen die Treppe hinunter. »Vorsicht, Stufe!« sagte Quilling bei jedem Schritt. Ich sah auf Kaminskis schütteres Haar, seine rechte Hand umschloß fest den Stock. Wir traten auf die Straße. Es regnete nicht mehr, in den Pfützen zerliefen die Spiegelbilder der Laternen.
    »Danke!« sagte ich. »Ich parke dort drüben.«
    »Ich parke näher«, sagte Quilling. »Ich kann ihn fahren. Ich habe auch ein Gästehaus.«
    »Müssen Sie nicht zurück?«
    »Die kommen ohne mich aus.«
    »Es ist Ihre Ausstellung.«
    »Das hier ist wichtiger.«
    »Wir brauchen Sie nicht mehr!«
    »Es wäre einfacher so.«
    Ich ließ Kaminski los, ging um die beiden herum und sagte in Quillings Ohr: »Lassen Sie ihn los, und gehen Sie wieder hinein!«
    »Haben Sie mir jetzt zu befehlen?«
    »Ich schreibe Kritiken, und Sie stellen aus. Wir sind gleich alt. Ich werde jedesmal da sein.«
    »Ich verstehe Sie nicht.«
    Ich ging zurück und faßte Kaminskis Arm.
    »Aber vielleicht muß ich wirklich zurück.«
    »Vielleicht«, sagte ich.
    »Es ist immerhin meine Ausstellung.«
    »Ist es«, sagte ich.
    »Da kann man nichts machen.«
    »Schade«, sagte ich.
    »Es war mir eine Ehre«, sagte er, »eine große Ehre, Manuel.«
    »Wer sind Sie denn?« fragte Kaminski.
    »Er ist unbezahlbar!« rief Quilling. »Auf Wiedersehen, Sebastian!«
    »Auf Wiedersehen, Alonzo!« Ein paar Sekunden sahen wir uns haßerfüllt an, dann drehte er sich um und lief die Treppe hinauf. Ich führte Kaminski über die Straße zu Elkes Auto. Ein geräumiger Mercedes, schnell und luxuriös, fast so schön wie der gestohlene BMW. Manchmal kam es mir vor, als ob jeder außer mir Geld verdiente.
    Ich mußte mich konzentrieren, um in der Fahrspur zu bleiben, ich war ein wenig betrunken. Ich öffnete das Fenster, die kühle Luft tat gut, ich mußte bald schlafen gehen, morgen würde ich einen klaren Kopf brauchen. Der Abend war wohl ein Erfolg gewesen, sie hatten mich mit Kaminski gesehen, es war alles gutgegangen. Trotzdem war ich plötzlich traurig.
    »Ich weiß, warum Sie das gemacht haben«, sagte Kaminski. »Ich habe Sie unterschätzt.«
    »Wovon sprechen Sie?«
    »Sie wollten mir zeigen, daß ich vergessen werde.«
    Ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, was er meinte. Er legte den Kopf zurück und atmete tief aus. »Niemand kannte ein Bild von mir.«
    »Das hat nichts zu bedeuten.«
    »Das hat nichts zu bedeuten?« wiederholte er. »Sie wollen über mein Leben schreiben. Hat Sie das nicht verunsichert?«
    »Überhaupt nicht«, log ich. »Das Buch wird großartig, jeder ist neugierig darauf. Außerdem haben Sie es selbst vorausgesehen: Man ist unbekannt, dann berühmt, dann wieder vergessen.«
    »Das soll ich gesagt haben?«
    »Allerdings. Und Dominik Silva hat erzählt...«
    »Kenne ich nicht.«
    »Dominik!«
    »Habe ich nie getroffen.«
    »Sie wollen doch nicht behaupten...«
    Er stieß scharf die Luft aus und nahm seine Brille ab. Seine Augen waren geschlossen. »Wenn ich sage, ich habe jemanden nie getroffen, dann meine ich genau das. Ich kenne ihn nicht. Glauben Sie mir!«
    Ich antwortete nicht.
    »Glauben Sie mir das?« fragte er. Es schien ihm wichtig zu sein.
    »Ja«, sagte ich leise, »natürlich.« Und auf einmal glaubte ich es wirklich, ich war bereit, ihm alles zu glauben, es war mir egal. Es war mir sogar egal, wann das Buch erschien. Ich wollte nur schlafen. Und ich wollte nicht, daß er starb.

XI
    Ich ging auf der Straße. Kaminski war nicht bei mir, aber er war in der Nähe, und ich mußte mich beeilen. Immer mehr Leute kamen mir entgegen, ich stolperte, fiel zu Boden, wollte aufstehen, konnte nicht: Das Gewicht meines Körpers hatte zugenommen, die Schwerkraft hielt mich fest, Beine streiften mich, ein Schuh trat, aber es

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