Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)
solle entspannen und mir keine Sorgen machen. Mir war selbst klar, dass ich mich fast neurotisch gebärdete.
»Nein, eigentlich nicht. Er kommt eher, wenn ich ganz bestimmte Bewegungen mache. Bestimmt sind es die Muskeln, so fett, wie ich jetzt bin.«
»Du bist nicht fett, du bist im achten Monat«, sagte ich lächelnd. Ich hasste es, wenn sie Schmerzen hatte, aber ich war unendlich dankbar, dass wir es dieses Mal so weit geschafft hatten. »Komm her, ich massiere dir den Rücken. Leg dich hin.«
Wir gingen zum Sofa im Erker. Sie setzte sich gern zum Lesen dorthin, und ich dachte, es würde ihr gefallen, dem Schneezuzuschauen. Sie legte sich auf die Seite, und ich massierte ihre Lendenwirbelsäule, bis sie einschlief.
Schließlich erhob ich mich und deckte sie zu.
Draußen war Wind aufgekommen. Aus den weichen Flocken waren harte Kristalle geworden, die gegen die Scheiben prasselten. Ich legte Holz nach und versuchte abzuschätzen, wie viel Schnee bereits gefallen war. Ein paar Zentimeter waren es durchaus.
Ich stapfte hinaus zur Scheune und versuchte, die Schneefräse zu starten, doch sie wollte nicht anspringen. Ich musste endlich einmal selbst lernen, wie diese technischen Dinge funktionierten – es ging einfach nicht an, dass ich jedes Mal meinen Bruder bemühte. Ich schraubte die Zündkerzen aus und wieder ein, fummelte am Anlasser herum und überprüfte den Tank, der voll war. Trotzdem funktionierte das Ding nicht. Es gab keinen Mucks von sich. Unwillkürlich sah ich auf die Uhr, um den Todeszeitpunkt festzustellen. Viertel vor elf. Halbherzig schaufelte ich wenigstens die Stufen frei und streute Salz auf den Gehweg. Mein Vater hatte seinen ersten Herzinfarkt an einem Abend wie diesem. Einem Abend mit viel nassem Schnee. Aus diesem Grund hatte ich übrigens die Fräse gekauft, aber so, wie es aussah, würde ich morgen früh auf althergebrachte Weise schaufeln müssen.
Ich ging ins Haus, um Elle zu wecken. Es war Zeit für ihre Spritze. Sie lag nicht mehr auf dem Sofa, und ich glaubte, sie sei zu Bett gegangen.
Plötzlich hörte ich sie rufen. »Matt!« Ihre Stimme klang komisch. Ich sauste in die Küche. Sie lag in ihre Decke gewickelt auf dem Küchenboden und war so weiß wie unsere Schränke.
Ich kniete mich neben sie. »Bist du gefallen?«
»Meine Fruchtblase ist geplatzt. Gerade eben, vor höchstens einer Minute.« Sie rang nach Luft.
Ich zog die Decke fort. Sie trug nur ein Nachthemd. Ihre Beine waren nass vor Fruchtwasser und Blut.
Das Baby kam zu früh, aber das war nicht meine einzige Sorge. Elle hätte vor der geplanten Entbindung unbedingt mit den Blutverdünnern aufhören müssen. Wenn das Baby heute Abend zur Welt kam, konnte Elle bei der Geburt verbluten.
Ich rief den Notarzt. »Immer weiter atmen, Peep. Es wird schon gut gehen.« Aber das tat es nicht.
Nicht immer geschieht ein Wunder.
39
Nach dem Unfall · Tag 22
W enn Elle diese Lungenentzündung überleben sollte, würde ein Wunder geschehen müssen. Jake entschuldigte mich vor Gericht, spielte dabei jedoch Elles kritischen Gesundheitszustand herunter. Allerdings sollte an diesem Tag auch mein Partner Phil aussagen, und der würde dem Richter sicher berichten, dass Elle im Sterben lag. Ihr Körper lag im Sterben. Sie selbst war schon lange nicht mehr bei uns.
Aber das Baby in ihrem Leib schlug noch immer Purzelbäume. Ich klammerte mich an diesen lebendigen Hoffnungsschimmer und spielte die Aufzeichnung immer wieder ab, während die Schwester Elles Luftröhrenschnitt versorgte.
Plötzlich hörte ich ein abgehacktes Geräusch und blickte hoch. Elle hatte gehustet. Ich sprang auf.
Die Schwester musterte mich. »Was ist?«
»Sie kann nicht husten. Diesen Reflex hat sie verloren.«
Die Schwester verstärkte die Sauerstoffzufuhr. »Ihr Gehirnödem ist zurückgegangen. Sie hat auch schon ein paar Mal spontan geatmet«, sagte sie. »Natürlich nicht so, dass es für ihre Sauerstoffversorgung reicht, aber immerhin. Wenn wir die Lungenentzündung unter Kontrolle bekommen, brauchen wir sie vielleicht sogar bald nicht mehr künstlich zu beatmen.«
Himmel! Ich griff in meine Tasche. »Haben sie eine Lampe?«, fragte ich die Krankenschwester.
»Klar.« Sie reichte sie mir.
Ich ließ den Lichtstrahl in Elles Augen fallen. Nichts. IhrePupillen blieben bewegungslos und erweitert. Ich überprüfte ihren Korneal- und ihren Sehnenreflex, aber sie reagierte nicht auf schmerzhafte Stimulation. Du meine Güte, kaum zeigte sich auch nur der
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