Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)
verbracht. Siehst du eineMöglichkeit, mir irgendetwas von der NASA mit Unterschriften zuzuschicken?« Pause. »Oh, das wäre super. Das Mädchen heißt Camilla Rodriguez.« Carol buchstabierte den Namen, verabschiedete sich und reichte mir den Hörer.
Ich hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. »Da bin ich wieder«, sagte ich.
»Du, ich muss Schluss machen. Das Bild von der Crew schicke ich euch dann.«
»Peep …«
»So etwas machen wir oft. Es gehört zur PR -Arbeit der NASA . Wie geht es euch eigentlich? Was machen die Hochzeitspläne?«
»Oh, darum kümmert sich hauptsächlich Carol.«
Elle schwieg. »Ich wünsche mir, dass du glücklich wirst«, sagte sie schließlich.
»Alles in Ordnung?«
»Klar, aber ich muss jetzt wirklich Schluss machen. Ich bringe es im Augenblick nicht fertig, tapfer zu klingen.«
»Warte! Was meinst du mit tapfer?«
Es dauerte eine Weile, bis sie antwortete. »Hier ist noch einiges zu tun. Meine neue Wohnung hat noch keine Vorhänge. Nicht, dass es eine Rolle spielt – ich bin ohnehin selten zu Hause. Aber mein Leben ist ein bisschen leer. Trotz der intensiven Vorbereitung auf den Weltraumflug fühlt es sich leer an. Und …« Elles Stimme klang brüchig. »Ich nehme an, es ist ganz normal, rührselig zu werden, wenn man jemanden aufgeben muss, den man liebt. Bis bald.«
42
Tag 25
A ls ich mich von Father Meehan verabschiedete, bat ich den Priester tatsächlich, für das Baby zu beten. Was war das? Ein Fortschritt? Oder zunehmende Verzweiflung? Als Wissenschaftler war mir tiefer Glaube eher fremd. Aber ich sah mich als Mann, der seine Frau liebte und sich alle Möglichkeiten offenhalten wollte.
»Aber selbstverständlich, Matt«, antwortete Father Meehan. »Ich bete schon lang für Elle und das Baby. Und auch für Sie.«
Ich schüttelte ihm die Hand und ging. Den Wagen hatte ich in einer Seitenstraße geparkt, um nach der Messe schneller verschwinden zu können. Freeport war eine lebhafte Kleinstadt mit allen erdenklichen Einkaufsmöglichkeiten, aber ich freute mich auf die ländliche Ruhe meines nur wenige Kilometer entfernten Hauses.
Ich fuhr den Wagen gar nicht erst in die Garage, denn ich würde sicher nicht lang bleiben. Ich brauchte nur ein wenig frische Luft oder, wie Father Meehan sich ausdrücken würde, etwas Zeit, mich mit Gott zu unterhalten. Allerdings schien Gott eher ein schweigsamer Typ zu sein, denn er sagte absolut nichts. Aber vielleicht war sein Schweigen auch eine Art Antwort. Allerdings nicht die, die ich mir erhofft hatte.
In Selinas Garten welkten die Blumen. Alles wirkte tot. Der Anblick passte zu meiner Trauer. Ich würde die Urnen ausgraben müssen. Wir hatten nie wieder darüber gesprochen, aber ich wusste, dass Elles Wunsch sich nicht verändert hatte.
Zwar war ich nicht zum Bauernhaus hinausgefahren, um mich auf ihre Beerdigung vorzubereiten, aber ich wusste, dass ich es früher oder später tun musste. Elles Nieren funktionierten nur noch eingeschränkt, und die Schwangerschaft stellte eine zusätzliche Belastung dar. Die Chancen standen alles andere als gut. Ich setzte mich ins Gras und betrachtete den Garten. Nein, nicht hier. Elle gehörte auf den kleinen Familienfriedhof neben ihre Mutter. Unter die Bäume des Tannenwäldchens, das sie so liebte. Und die Babys würde ich mit ihr zusammen begraben.
»Darf ich kurz ein bisschen morbide werden?«, hatte sie an jenem Tag am Strand gefragt. Damals bereitete sie sich auf ihre Weltraummission vor. In ihren Augen sicher eine Art von Himmel.
Wir hatten nie darüber gesprochen, wo sie begraben werden wollte, sondern nur, dass Selina bei ihr sein sollte. Damit galt für Dylan natürlich das Gleiche.
Ich ging über die Wiese zum Wald hinauf. Zehn Minuten später stand ich auf dem Familienfriedhof. Wegen des ziemlich verregneten Sommers war ich in diesem Jahr noch nicht hier oben gewesen. Das Gelände wirkte ungepflegt und ein bisschen einsam. Dort drüben in der Ecke lag Alice. Elles Großmutter war bei einem Verkehrsunfall gestorben, als Alice noch ein Kind war, und auch Elles Großvater hatte uns schon vor vielen Jahren verlassen. Die anderen Grabsteine trugen Namen, die mir nichts bedeuteten. Elle hingegen kannte alle diese Namen schon als kleines Mädchen.
Ich sah sie noch vor mir, wie sie mitten auf dem Friedhof kniete, sich das hellblonde Haar aus der Stirn strich und sich daranmachte, den Grabstein ihrer Großmutter zu schrubben. Damals war sie neun und ein
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