Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)
zurück«, sagte Richter Wheeler. »Zunächst müssen wir die Feststellung treffen, dass Elle Beaulieu tatsächlich nicht selbstständig handlungsfähig ist.« Er setze sich zurecht und fasste die Erklärungen der Ärzte zusammen. Anschließend blickte er von seinen Unterlagen auf, fragte Jake, ob er zustimme, und stellte meiner Mutter die gleiche Frage.
»Ja, Euer Ehren«, antwortete meine Mutter.
»Sehen Sie, eigentlich ist es ganz einfach, einer Meinung zu sein«, sagte der Richter. »Machen wir doch einfach so weiter. Ich stelle fest, dass Elle Beaulieu als handlungsunfähig befunden wurde und in der Folge als Mündel bezeichnet wird.«
Ich schluckte. Am liebsten hätte ich gekotzt. Mündel! Man erkannte Elle ihre menschliche Existenz Schritt für Schritt ab.
Richter Wheeler legte ein Dokument zur Seite. »Was nun die Betreuungsvollmacht angeht, so besteht Unstimmigkeit. Uns liegt ein Antrag auf Übernahme der Betreuung durch den Ehemann vor. Strittig ist jedoch die Frage, was Elle unter diesen besonderen Umständen gewünscht hätte. Dr. Beaulieu hat angegeben, dass er ohne die bestehende Schwangerschaft die lebenserhaltenden Maßnahmen beendet hätte, ist aber der Meinung, dass Elle das Kind würde austragen wollen, auch wenn das für die Dauer der Schwangerschaft die Abhängigkeit von Geräten bedeutet. Er ist einverstanden, dass die lebenserhaltenden Maßnahmen nach erfolgter Entbindung beendet werden.«
Der Richter blickte über seine Lesebrille hinweg in die Runde. »Mrs. Linney Beaulieu widerspricht dem Betreuungsantrag. Sie gibt an, eine enge, sehr freundschaftliche Beziehung zu Elle zu haben, und wusste von ihrer Angst vor einer künstlichen Lebensverlängerung. Dem Gericht liegt eine von Elle unterzeichnete Patientenverfügung vor, in der sie Linney Beaulieu als Bevollmächtigte eingesetzt hat. Sollte sie als Betreuerin bestimmt werden, würde sie die lebenserhaltenden Maßnahmen sofort beenden und Elle in Frieden sterben lassen.«
Wheeler hielt inne, legte seine Unterlagen auf den Tisch und verschränkte die Arme. »Mrs. Beaulieu, wussten Sie von Elles Schwangerschaft, als Sie Einspruch gegen den Antrag erhoben?«
»Ja, ich wusste davon. Allerdings ist die Schwangerschaft im Frühstadium. Wenn der Fetus eine Chance haben soll, müsste man monatelang …«
Im Zuschauerraum sprang eine schlampig gekleidete Frau auf. »Es ist ein Baby, kein Fetus«, kreischte sie. »Ein Baby!«
Meine Mutter blickte sich um. Die Frau lächelte höhnisch. »Elle trägt ein Baby unter dem Herzen.«
»Ruhe!«, mahnte Wheeler. »Wir befinden uns hier in einem Gerichtssaal. Zuschauer, die sich unaufgefordert zu Wort melden, werden des Saales verwiesen.« Er verfügte über eine natürliche Autorität, obwohl er nicht sonderlich geschniegelt aussah. Sein relativ langes, lockiges Haar verbarg die beginnende Glatze nur notdürftig.
Er zog die von mir zerknüllte Patientenverfügung aus seinen Unterlagen. »Dieses Dokument stammt aus dem Jahr 1991. Elle war achtzehn Jahre alt und damit volljährig.« Er kramte ein weiteres Blatt hervor. »Dieses Formular wurde im vergangenen Februar von Elle Beaulieu unterschrieben. Sie hat hier angekreuzt, keine Patientenverfügung gemacht zu haben, was bedeuten könnte, dass sie das Dokument aus dem Jahr 1991für nichtig erachtete. Da es in diesem Fall weniger um Betreuungsvollmacht als vielmehr darum geht, wie Elle Beaulieu selbst entschieden hätte, ermächtige ich Dr. Matthew Beaulieu zur vorläufigen Wahrnehmung der Betreuung, bis wir uns endgültig entschieden haben. Mr. Sutter, wie lange brauchen Sie, um ihr Anliegen darzustellen, und wie viele Zeugen gedenken Sie zu berufen?«
Jake blätterte in seinem Kalender und kratzte sich am Kinn. »Ich rechne mit etwa fünf Tagen und habe vor, Dr. Beaulieu, Dr. Philip Grey als medizinischen Betreuer, einige enge Freunde und einen Geistlichen zu befragen.«
Bei der Erwähnung von Phil schüttelte ich unmerklich den Kopf, doch Jake achtete nicht auf mich.
Der Richter schrieb sich die Namen auf. »In der kommenden Woche habe ich andere Verpflichtungen, aber ich schlage vor, dass wir zunächst am 22. August und danach am 3. September wieder zusammenkommen.« Er blickte meine Mutter an. »Was ist mit Ihnen, Mrs. Beaulieu? Wie lange brauchen Sie, um Ihr Anliegen zu präsentieren?«
»Ich verstehe nicht viel von diesen Abläufen, Euer Ehren, aber können wir die Verhandlung nicht vorverlegen? Ich bin sicher, Elle würde nicht so lang an
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