Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)
Gemeindepfarrer?«
»Nun, du praktizierst doch, oder?« Er trat ganz nah an mich heran. »Katholiken haben bei den Leuten von Pro-Life einen dicken Stein im Brett. Versuche, möglichst fromm auszusehen, selbst wenn du in Wirklichkeit ein Heide bist.«
Ich war zwar katholisch erzogen, aber weder ging ich zur Kirche, noch war ich ganz sicher, ob Gott überhaupt existierte. Elle hingegen schon. Sie ging sogar manchmal zur Messe. Mir gefiel die Vorstellung eines gütigen Gottes, und ich mochte die christliche Lehre von der Nächstenliebe. Philosophisch gesehen konnte ich problemlos zustimmen, spirituell aber blieb ichskeptisch. Wenn aber Gott nicht existierte und Himmel und Hölle reine Mythen waren, dann hatte ich Elle für immer verloren. Ich denke, ich wollte so an Gott glauben, wie ein Kind an den Weihnachtsmann.
Jakes Blackberry begann zu klingeln, doch er schaltete es aus. Ich folgte seinem Beispiel. Dabei fiel mir auf, dass Phils Frau Melanie mir eine Nachricht geschickt hatte.
»Ich habe nie begriffen, warum Katholiken zu Heiligen beten und Maria verehren, aber zumindest glauben sie, dass menschliches Leben mit der Empfängnis beginnt.« Jake grinste. »Es wird höchste Zeit, dass du endlich mal etwas von deiner Kirche hast – abgesehen davon, dass du freitags Fisch essen darfst.«
Mir war absolut nicht danach, katholische Lehren mit ihm zu diskutieren. »Willst du dich etwa auf die Religion berufen?«
»Ja, natürlich. Unsere Verfassung sichert uns Religionsfreiheit zu. Schon mal davon gehört?«
Christopher und meine Mutter betraten den Gerichtssaal. Auch meine Mutter war Katholikin, allerdings nur für den Hausgebrauch. Und sie glaubte an das Recht aller Frauen, ihre eigene Wahl zu treffen.
Jake tätschelte mir tröstend die Schulter. »Einmal tief durchatmen. Hoffen wir, dass der Richter Elles Patientenverfügung nicht sofort als rechtmäßig anerkennt, ehe wir Gelegenheit haben, unseren Fall darzulegen.«
Ich suchte im Zuschauerraum nach Elles Vater. Hank war seit Tagen nicht mehr gesehen worden. Elle wäre sicher stinkwütend, dachte ich unwillkürlich.
Der Gerichtssaal war ganz mit Eichenholz getäfelt. Mom hatte keinen Rechtsbeistand und saß ganz allein an dem mit ANTRAGSGEGNER beschrifteten Tisch. Christopher hielt sich dicht hinter ihr und flüsterte ihr ins Ohr.
Jake und ich nahmen an dem mit ANTRAGSTELLER bezeichneten Tisch Platz. Jake blätterte seine Akten durch und versuchte, dem Blick meiner Mutter auszuweichen. Meine Mutter konnte mit ihren dreiundsechzig Jahren normalerweise gut und gern für fünfzig durchgehen, doch an diesem Morgen fiel mir auf, wie dünn ihre Haut war. Allmählich wurde sie alt. Sie sah schrecklich aus, und vermutlich stand ich ihr da in nichts nach. Sollten Jake und ich keinen Erfolg haben, würde ich vermutlich irgendwann vor Erschöpfung tot umfallen. Aber zumindest müsste ich mir dann nicht mehr den Kopf über eine für mich geeignete Todesart zerbrechen.
Ein Gerichtsbediensteter trat ein. »Erheben Sie sich. Richter Martin Wheeler.«
Ein Mann mittleren Alters trat ein und setzte sich auf die Bank. Wir setzten uns ebenfalls wieder. Der Richter blätterte in seinem Aktenmaterial, nahm eine randlose Brille aus einem Lederetui, putzte sie und sagte: »Als Erstes verhandeln wir heute den Antrag auf Betreuungsvollmacht für Elle Lenore Beaulieu. Deren Ehemann, Dr. Matthew Beaulieu, hat einen Antrag auf Betreuung gestellt, dem von Frau Elinor Beaulieu widersprochen wurde. Für das Gericht möchte ich klarstellen, dass Elinor Beaulieu die Schwiegermutter von Elle Lenore Beaulieu ist. Die Namen sind gleich.«
Meine Mutter hob die Hand. »Das kann ich erklären. Elles Mutter Alice hat ihre Tochter nach mir benannt. Ich werde von allen nur Linney gerufen. Wenn es Ihre Arbeit erleichtert, können Sie gern ebenfalls Linney sagen.«
Der Richter presste die Lippen aufeinander, und ich erwartete eine Zurechtweisung oder zumindest einen Hinweis über richtiges Verhalten vor Gericht. Doch seine Stimme klang geduldig und sanft. »In Ordnung.« Er sprach die beiden Namen noch einmal aus und änderte dann den Namen meiner Mutterauch für die Akten in Linney. »Haben Sie einen Rechtsbeistand, Mrs. Beaulieu?«
Meine Mutter schüttelte den Kopf. »Ich habe lediglich die Papiere mitgebracht, die man beim Nachlassgericht verlangt hat. Elle hat eine Patientenverfügung gemacht. Sie wollte nicht auf diese Weise am Leben erhalten werden.«
»Darauf kommen wir gleich noch
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