Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)
Sämtliche Kameras surrten. Ich konnte die heimliche Freude in allen Gesichtern lesen. Das hier waren die Schlagzeilen von morgen. »Ehemann der schwerverletzten Astronautin rastet bei Interview aus.« Ich zwang meine Stimme zur Ruhe. »Elle liebte Kinder. Sie liebte sie unendlich.« Ohne noch einmal zurückzublicken, drängte ich mich durch die Menge.
Erst an der Tür zum Gerichtssaal suchte Jake Blickkontakt mit mir und atmete vernehmlich aus. »Ich habe versucht, dich auf solche Situationen vorzubereiten. Lass dich bloß nicht aufdie Palme bringen. Vor allem nicht im Gerichtssaal, aber außerhalb natürlich auch nicht. Könnte schließlich sein, dass der Richter die Fernsehnachrichten sieht. Allerdings muss ich gestehen, dass ich so etwas auch nicht vorhergesehen habe. Sie hat dich bewusst herausgefordert. Nun, passiert ist passiert. Vergiss die ganze Sache. Wir müssen jetzt in diesen Gerichtssaal und uns den Fakten stellen. Aber beim nächsten Mal hältst du bitte den Mund.«
Ich nickte zwar, zitterte aber noch immer vor Zorn. Erst nach mehrmaligem tiefem Durchatmen konnte ich den Raum betreten.
Jake und ich nahmen unsere Plätze ein. Neben meiner Mutter saß jetzt ein dunkeläugiger Mann mittleren Alters, der mit einem frisch gespitzten Bleistift auf sein Notizbuch klopfte. Unmittelbar hinter ihnen erkannte ich Adam.
»Der Anwalt deiner Mutter heißt Paul Klein«, flüsterte Jake mir zu. »Er arbeitet für eine mittelgroße Kanzlei, die hauptsächlich Konzerne vertritt, aber er hat auch schon gegen Arztfehler geklagt.«
Als die Sprache endlich auf die Patientenverfügung kam, stand Jake auf und knöpfte sein Jackett zu.
»Euer Ehren, bei besagter Patientenverfügung handelt es sich um eine Fotokopie, nicht um ein Original. Außerdem bestand während der letzten fünf Jahre abgesehen von der Arbeit bei der NASA keine Verbindung mehr zwischen Adam Cunningham und Elle Beaulieu. Sie könnte das Original bei ihrem Auszug vernichtet haben. Ich plädiere daher dafür, das Dokument nicht als Beweismittel zuzulassen.«
Richter Wheeler faltete die Hände und beugte sich vor. »Das Gericht interessiert sich ausschließlich dafür, wie sich Elle Beaulieu entscheiden würde, wenn sie in der Lage wäre, für sich selbst zu sprechen. Ich möchte bitte hören, was in diesemDokument steht. Mr. Klein, können Sie uns die Rechtmäßigkeit der Patientenverfügung bestätigen?«
»Leider sind wir nicht im Besitz des Originals, Euer Ehren, aber wir haben Kontakt zu dem Notar aufgenommen, der das Dokument seinerzeit beurkundet hat.«
»Gut, dann verschieben wir das auf später. Meine Herren, dürfte ich jetzt bitte Ihre Ausführungen hören? Für das Protokoll: Da es jetzt nicht mehr um die Übernahme der Vormundschaft geht, sondern um das Unterbrechen der lebenserhaltenden Maßnahmen, wird Mrs. Linney Beaulieu zur Antragstellerin und Dr. Beaulieu zum Antragsgegner. Mr. Klein, sind Sie bereit?«
»Ja, Euer Ehren.« Klein fasste den Standpunkt meiner Mutter zusammen. Nach sieben oder acht Minuten beendete er seinen Vortrag mit den Worten: »Als Erwachsene unterzeichnete Elle nicht nur eine, sondern gleich zwei Patientenverfügungen. Damit ist klarer denn je, dass sie um keinen Preis ihr Leben künstlich verlängern wollte. Die Gesetzgebung billigt ihr ein Recht auf Selbstbestimmung zu, das durch die Schwangerschaft nicht beeinträchtigt wird. Bitte respektieren Sie ihren Wunsch. Danke, Euer Ehren.«
Wheelers Gesicht ließ keine Rückschlüsse zu. »Sie sind an der Reihe, Mr. Sutter.«
Jake stand auf und trug seine Argumente so vor, als verstehe er Elles Wünsche ganz genau. »Am Tag vor ihrem schrecklichen Unfall diskutierten Elle und Matt über einen erneuten Versuch, eine Familie zu gründen. Zu diesem Zeitpunkt wussten beide noch nicht, dass Elle bereits schwanger war. Euer Ehren«, schloss er schließlich. »Elle und Matthew Beaulieu träumten seit Jahren von einer Familie. Gestatten Sie Elle, diesen Traum zu verwirklichen.« Er knöpfte sein Jackett auf und setzte sich.
Ein Gerichtsdiener näherte sich und reichte dem Richter einen Zettel.
»Vielen Dank den Herren Rechtsanwälten. Das Gericht zieht sich zu einer zwanzigminütigen Pause zurück. Anschließend erwarte ich Ihren ersten Zeugen, Mr. Klein.«
Jake verbrachte die Pause damit, seine Unterlagen zu ordnen. Ich las einen Tagebucheintrag, den Elle vierzehn Jahre zuvor geschrieben hatte.
25
Vierzehn Jahre vor dem Unfall
Eintrag in ihre erste Kladde:
12.
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