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Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)

Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)

Titel: Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Priscille Sibley
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lieber intensiv darüber nachdenken, wie wir die Sache abbiegen können.«

24

Tag 10
    A uf unserem Weg zum Gericht folgten uns die Reporter wie Nagetiere dem sprichwörtlichen Rattenfänger. Nur dass wir nicht Flöte spielten, sondern für eine medienwirksame Story bürgten. Sie brüllten uns Fragen entgegen, die wir mit eisernem Schweigen beantworteten – bis plötzlich eine Dame mit gezücktem Mikrofon genau vor mir stehen blieb.
    »Wie geht es Elle?«, fragte sie mit künstlichem Zahnpastalächeln. »Lässt sich eine Besserung feststellen? Hat sie gesprochen?«
    Die Reporterin – sie hieß Paige Cartwright und war Anchorwoman bei einem Lokalsender – hatte offenbar keine Ahnung, was Hirntod bedeutete. Oder sie versuchte, eine Reaktion zu provozieren. Ich öffnete den Mund.
    Jake griff sofort nach meinem Arm. »Dr. Beaulieu gibt dazu keinen Kommentar, aber er bittet Sie, für seine Frau und das ungeborene Kind zu beten.«
    Ich wollte eigentlich etwas ganz anderes als Gebete. Ich wollte, dass diese ganzen Arschlöcher endlich verschwanden. Ich wollte nicht ständig gestört werden. Ich wollte Zeit zum Trauern. Und ich wollte über Elles weiteres Schicksal entscheiden dürfen.
    Wenn dieser blöde Adam doch einfach tot umfallen könnte! Möglicherweise genügte dem Gericht ein einziger Blick auf Adams Dokument, um die Abschaltung aller Maschinen zu verfügen. Gebete? Verdammt, ich benötigte sehr viel mehr als das.
    Meine Geduld war am Ende. Die Reporter zerrten an meinen Nerven. Paige Cartwright stopfte mir fast das Mikrofon in den Mund. »Dr. Beaulieu, wenn Elle eine Patientenverfügung hatte, bedeutet das nicht, dass Sie ihren Körper gegen ihren Willen benutzen? Kommt nicht die Tatsache, dass Sie sie zwingen, während der Dauer ihrer Schwangerschaft an diesen Geräten zu hängen, einer Vergewaltigung gleich?«
    »Was?«, schrie ich auf. »Sind Sie noch ganz dicht?«
    »Immer mit der Ruhe.« Jakes Hand berührte meine Schulter. »Kein Kommentar.«
    Fassungslos blieb ich stehen. Ich erkannte die manipulative Frage, war aber nicht in der Lage, richtig zu reagieren.
    Cartwright legte den Kopf schief. »Wollen Sie Ihre Haltung wirklich nicht erklären? Ich würde Sie gern interviewen, Dr. Beaulieu«, zwitscherte sie kokett.
    »Das ist doch wohl nicht Ihr Ernst«, entfuhr es mir. »Ich versuche, meine Familie zu retten, und Sie vergleichen es mit …« Ich brachte das Wort nicht über die Lippen. »In meinen Augen sind Sie eine sadistische Opportunistin.«
    In ihren Augen glomm etwas auf. Ich weiß nicht, ob es Verachtung oder Zufriedenheit war. »Ich habe nie behauptet, dass sie durch eine Vergewaltigung schwanger geworden ist«, erwiderte Cartwright. »Aber Elle zu zwingen, an Maschinen vor sich hin zu vegetieren, kommt einer Vergewaltigung gleich.«
    Jake stellte sich vor mich. »Halt den Mund«, zischte er mir zu. Er wandte sich an Cartwright. Es war nicht zu übersehen, dass auch er um einen gemäßigten Ton kämpfen musste, und es war ebenfalls nicht zu übersehen, dass sie nur darauf hoffte, dass entweder er oder ich ausfallend wurden.
    »Uns ist klar, dass Sie uns mit diesem Wort zu provozieren versuchen«, stellte Jake mit ruhiger Stimme fest. »Aber es bleibt dabei: Kein Kommentar.«
    Wie die Geier scharten sich die Reporter um uns.
    »Das Lexikon definiert Vergewaltigung als Nötigung unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer dem Täter schutzlos ausgeliefert ist. Elle McClure wollte nicht künstlich am Leben erhalten werden, aber Sie zwingen sie dazu. Ist das etwa keine Vergewaltigung?«
    »Gehen Sie mir aus dem Weg«, knurrte ich sie an.
    Ein Kameramann trat beiseite. Jake und ich drängten uns durch die Bresche in der Mauer der Reporter.
    Aber Paige Cartwright gab sich noch nicht geschlagen. »Schon immer wurden Frauen dazu benutzt, Nachkommen zu produzieren. Und zwar unter Zwang. Für Tyrannen, Könige und die Faschisten.«
    »Diese Situation ist mit nichts anderem vergleichbar«, antwortete Jake, der jetzt fast ebenso empört war wie ich.
    »Frauen in Hitlerdeutschland wurden befruchtet wie Tiere und gezwungen, Kinder für das Vaterland zu gebären.«
    »Verdammt nochmal«, brüllte ich und wirbelte mit geballten Fäusten herum. »Dieses Kind wurde ihr nicht aufgezwungen. Wir haben es in Liebe empfangen. Sie würde darauf bestehen, dieses Baby zu retten. Und jetzt gehen Sie mir aus den Augen.«
    »Komm, Matt.« Jake zerrte an meinem Arm.
    Aber ich blieb stehen und starrte die Reporterin an.

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