Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)
Idee, nicht miteinander zu reden. Ich habe es zumindest versucht.«
Sie starrte mich an. »Ich will das hier nicht. Vor allem nicht jetzt, unmittelbar nach der Beerdigung deines Dads.« Sie ballte die Fäuste und bedeckte ihr Gesicht. »Ich will dir nicht wehtun, aber wenn ich dir sage, wie böse ich auf dich war, muss es wohl so sein.«
»Jetzt mach aber einen Punkt, Elle. Natürlich wolltest du mir wehtun. Seitdem du davon wusstest. Und es ist dir verdammt nochmal gelungen! Schweigen ist manchmal viel vernichtender als ein Streit. Komm endlich darüber hinweg. Sprich es aus. Ich habe mich benommen wie ein Mistkerl.«
Sie schob das Kinn vor, senkte die Augen und nickte. »Das kann man wohl sagen.«
»Und es tut mir unendlich leid. Es war der schlimmste Fehler, den ich je begangen habe.«
Sie seufzte auf. »Ach weißt du, wir waren jung und dumm. Was damals war, zählt eigentlich nicht mehr. Ich fühlte mich wie eine Gefangene zwischen dem Tod meiner Mutter, der Alkoholkrankheit meines Vaters und der Ernüchterung, dass ich wegen Christopher zu Hause bleiben musste. Ich habe verzweifelt versucht, dem Alltag irgendwie zu entkommen. Leider musstest du dafür herhalten. Aber die Schwangerschaft hat mir die Augen dafür geöffnet, was es bedeutet, ›Vater-Mutter-Kind‹ zu spielen.« Sie brach ab, schlug sich die Hand vor den Mund und blickte sich zur Küchentür um.
»Er weiß es nicht?«
»Natürlich nicht«, flüsterte sie. »Warum sollte ich es ihm erzählen?«
»Keine Ahnung. Aber wenn …«
Sie kam mir so nah, dass ich ihren Atem spürte. »Erzählst du etwa jedem Mädchen, das du kennenlernst, dass du im zarten Alter von siebzehn deine Freundin geschwängert hast?«, flüsterte sie.
»Nein, aber …«
»Was genau willst du hier? Willst du, dass ich dir beichte, wie sehr ich noch immer nach dir schmachte? Soll ich Adam etwa sagen, dass ich gleich bei der ersten Gelegenheit mit dir gevögelt habe? Und dass du mir sofort ein Kind gemacht hast? Er weiß nur, dass wir eine Zeit lang miteinander gegangen sind und uns irgendwann wieder getrennt haben. Du hast an der Uni ein Mädchen kennengelernt, das für dich schwärmte und nur allzu gern die Beine breitgemacht hat. Schön für dich. Mir dagegen hat der Vorfall die Möglichkeit gegeben, jemandem die Schuld für meine Sorgen in die Schuhe zu schieben. Ich habe dich benutzt, um alle meine Enttäuschungen an dir festzumachen. Als Sündenbock sozusagen.«
Ihre Version der Vergangenheit war ganz anders als meine. Schockiert stand ich vor ihr, bemühte mich, ihre kaltschnäuzige Zergliederung zu verdauen, und beschloss, dass ich es wohl zulassen musste, wenn sie unser Verhältnis auf diese Weise sehen wollte. Nie aber würde ich so tun, als ob auch ich mich so an unsere Zeit erinnerte. »Für mich war es nicht so, Peep. Ich habe dich geliebt. Tief und innig geliebt. Ich wollte mich nicht von dir trennen. Ich wollte immer nur bei dir sein, und ich habe dich begehrt. Dieses Mädchen kam mir in den Weg. Nur für einen Abend. Und das, was passiert ist, lag an zu viel Alkohol und daran, dass ich nicht nachgedacht habe. Nie und nimmer wollte ich dich betrügen.«
Ich griff nach Luckys Leine und drehte mich zur Tür um. Die Nachtluft war eisig. Ich zitterte, aber nicht wegen der frostigenTemperaturen, sondern wegen Elles Gleichgültigkeit. Lag es an mir, dass sie so geworden war, oder hatte diese Kaltschnäuzigkeit schon immer in ihrem Wesen gelegen?
»Matt! Warte! Das Wasser für Lucky.« Barfuß rannte Elle mir nach, obwohl der Weg noch vereist war. Adam kam ihr nach, zog seinen Pullover aus und warf ihn über ihre Schultern. Er hing ihr bis zur Hälfte der Oberschenkel hinunter. Es war eine so offenkundige Besitzergeste, dass ich ihn am liebsten umgebracht hätte.
»Ich möchte bitte noch kurz mit Matt allein reden«, sagte sie.
Er küsste ihre Schläfe. »Klar, Baby. Ich warte drinnen.«
Sie sah ihm nach, wie er ins Haus zurückkehrte, wo er sich ganz daheim zu fühlen schien. »Matt«, sagte Elle leise, »es ist nicht so, als ob du mir nichts bedeutet hättest. Nur dass das, was passiert ist, heute nichts mehr zu sagen hat. Sollte es zumindest nicht. Wir waren doch noch Kinder. Ich fühlte mich überwältigt, weil unsere Beziehung das einzig Gute war, woran ich mich klammern konnte. Du warst das einzig Gute. Du hast mir geholfen, die schwierigsten Zeiten meines Lebens zu überstehen.«
In der schwachen Beleuchtung der Veranda erschienen ihre Pupillen so
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