Ich war nur kurz bei Paul
Lesebrille aus der Reverstasche seines Jacketts und hielt die Fotokopie, um besser sehen zu können, unter eine Wandlampe. Sie sahen, dass er blass wurde. Er sah auf - leicht verstört. »Das ist unser Geschäftsbriefbogen! Ich hole meine Frau. Bitte warten sie!«
Nach wenigen Minuten kehrte er mit ihr zurück. Sie hatte inzwischen ihr Kostüm gegen einen bequemeren Hausanzug eingetauscht. Sie studierte die Kopie.
»Woher haben Sie das?«
»Wir fanden es in Herrn Schmitts Papierkorb.«
»Sie haben sich dort Zugang verschafft? Wissen Sie nicht, dass sie einer polizeilichen Untersuchung der Räume zuvorgekommen sind? Sie haben gerade Spuren vernichtet!«
»Nein, nicht vernichtet, sondern gesichert!«
Frau Luckner sah bedeutungsvoll zu ihrem Mann, der nun das Wort übernahm: »Ich fürchte, dass sie da soeben eine strafbare Handlung begangen haben. Ich muss das der hiesigen Polizeibehörde mitteilen, die hier die Amtshilfe für die Engländer leistet.«
»Geben Sie mir bitte das Papier zurück, Frau Luckner?« Frank hielt ihr auffordernd seine offene Hand entgegen. Sie war gerade im Begriff es ihm zurückzugeben, doch da schnellte die Hand des Senators vor, ergriff es und hielt es triumphierend in die Höhe. »Nein, kommt nicht in Frage! Wir müssen etwas zu unserer Entlastung in der Hand behalten, denn dieses Schreiben wurde ganz gewiss nicht von meiner Frau verfasst. Haben Sie nicht die vielen Schreibfehler gesehen und die fehlende Unterschrift? Glauben Sie wirklich, dass ein solches Schreiben unser Haus verlassen würde? Und jetzt gehen Sie bitte! Verlassen Sie mein Haus!«
Unversehens war die Situation eskaliert. Frank Heise bemerkte beim Verlassen des Hauses bedauernd: »Es tut mir Leid, dass Sie sich derart kompromittiert fühlen. Das lag nicht in unserer Absicht. Ich fürchte, dass hier ein Riesenmissverständnis vorliegt. Wir wollen Ihnen nichts ans Zeug flicken, aber jetzt empfinde ich Ihre Reaktion doch sehr befremdlich. Wir haben die Ehre, Herr Senator!«
»Komm Ralf!« Hinter ihnen schloss sich die schwere Haustür, sie stiegen die Treppe hinunter und verließen das Grundstück. Wortlos stiegen sie ins Auto, erst da machte Frank seinem Herzen Luft: »Donnerwetter, der ist aber hochgegangen wie eine Silvesterrakete!«
»Kann man wohl sagen!«, pflichtete ihm Ralf bei.
Dann fuhren sie los, endlich nach Hause zu seiner Mutter, die sich langsam Sorgen machen würde.
***
Die folgenden Wochen wurden durch die Sorgen um Paul überschattet. Frank fuhr am Tag nach dem Besuch beim Senator mit Ralf zum Behördenhochhaus. Sie übergaben der dortigen Dienststelle der Kriminalpolizei die von ihnen gesicherten Beweisstücke.
Ihre Aussage wurde zu Protokoll genommen. Wie erwartet, machte man ihnen wegen ihres eigenmächtigen Handelns Vorhaltungen, da sie möglicherweise wichtige Spuren vernichtet hätten. Dann aber kam Bewegung in die Sache, und man ging dem Fall nach. Die Kripo hatte erst drei Tage zuvor von den britischen Behörden von dem Drogenschmuggel erfahren. Daraufhin nahm die Staatsanwaltschaft im Rahmen der Amtshilfe Ermittlungen auf. Dazu gehörte eine Durchsuchung von Pauls Atelier sowie die labortechnische Analyse des Beweisstückes. Auch im Hause des Senators wurden die Beamten vorstellig, protokollierten Aussagen und durchsuchten, trotz des heftigen Protestes des Senators, Maiks Zimmer.
Leider erfuhren Frank und Ralf zum Stand der Ermittlungs-Ergebnisse zunächst gar nichts. Erst an einem Sonntag, Ende September, berichteten die Lübecker Nachrichten in ihrem Lokalteil darüber, dass eine polizeiliche Ermittlung und die Durchsuchung von Räumen im Hause des Senators stattgefunden haben, wegen internationalen Drogen-Schmuggels!
Diese Meldung schlug ein wie eine Bombe! Es gab Dementis - Bilder zeigten einen mit hochrotem Kopf vor den Kameras stehenden Senator. Tags darauf wurden erste Rücktrittsforderungen seitens der Senats-Opposition laut. Die Wogen gingen hoch.
Frank erwies sich in diesen stürmischen Wochen als engagierter und zuverlässiger Unterstützer Ralfs, dessen Mutter überrascht, aber auch etwas gekränkt, reagierte, als sie davon erfuhr, dass Paul in Wirklichkeit ein alter Mann und nicht, wie sie die ganze Zeit geglaubt hatte, ein Schulfreund ihres Sohnes war. Dann aber akzeptierte sie die neue Situation und sah ihrem Sohn die Flunkerei nach.
In die Hektik dieser Tage und Wochen fiel
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