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Ich weiß, ich war's (German Edition)

Ich weiß, ich war's (German Edition)

Titel: Ich weiß, ich war's (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Schlingensief , Aino Laberenz
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den Film zur Zufriedenheit der Produzenten erfüllt, wird sich das Honorar auch dementsprechend steigern. Zu Beginn eines Auftrages erhält man dann je nach Größe und zu erwartender Leistung einen Vorschuss von ca. 5000 DM. Später dann, bei Dreharbeiten, erhält man wohl ein immer gleichbleibendes Honorar. Ich selbst mache zurzeit auch eine solche Erfahrung. Da unser Filmklub jetzt bald in einer Sendung der ARD ein paar Ausschnitte von unseren Filmen zeigt und ich zu Beginn dieser Sendung interviewt werden soll, bekomme ich, wie man mir bestätigte, eine Tagesgage von 50 DM. Aber nicht nur Tagesgagen bekommt der Regisseur. Er bekommt dann auch noch bestimmte Fahrtkosten für außerhalb seines Wohnortes zu drehende Szenen ersetzt. Dies ist besonders reizvoll, wenn man eine Serie dreht, die meinetwegen in der Gegend von Amerika oder sonst irgendwo spielt. Die zurzeit laufende Serie »Simplizissimus« ist größtenteils in Prag gedreht worden. So konnten Regisseur, Schauspieler und das Team auf Kosten der Produzenten nach Prag reisen. Aber nicht nur die kostenlosen Reisen verlocken einen, Regisseur zu werden, sondern mich lockt dieser Beruf besonders deshalb sehr, weil er keineswegs eintönig ist. Ich könnte mir nicht vorstellen, dass ich später einmal von 6-12 und von 13-17 Uhr am Fließband stehen muss, immer die gleiche Handbewegung machen muss. Als Regisseur muss man sich um viele Dinge kümmern. So zum Beispiel um die Organisation der Drehorte, des Technischen und des Schauspielerischen. Man kann seine Fantasie spielen lassen und braucht nicht in Manie verfallen. Der Film bietet so viele Möglichkeiten, die Fantasie spielen zu lassen. Da gibt es zum Beispiel Kriminalfilme, in denen die Drehorte und die Art der Darstellung dem Regisseur frei überlassen werden. Selbstverständlich muss er sich an das Drehbuch halten. Tut er dies nicht, liegt er bald auf der Straße. Es ist für einen Regisseur noch besser, wenn er vom Produzenten das Exposé bekommt und er daraufhin das Drehbuch selbst schreiben darf. Ich zum Beispiel habe mal das Exposé zum Teil selbst ausgedacht, andernfalls mit meinen Freunden.
    So ist mir zur Verwirklichung des Drehbuchs alles selbst überlassen und ich kann meine Fantasie frei spielen lassen. Ich erwarte aber auch noch, dass ich die Zuschauer mit meinen Filmen voll anspreche. Ich kann mich sehr darüber freuen, wenn ich sehe, wie sich die Zuschauer von meinem Film angesprochen fühlen. Ich muss aber selbst zugeben, dass ich Kritik nicht sehr gut ertragen kann. Gerade aber Teamarbeit ermöglicht es jedem Einzelnen von diesem Team, schon während der Dreharbeiten an anderen und an sich selbst Kritik zu üben. Die Teamarbeit verschafft mir eine Gabe, die ich so, glaube ich, bis dahin noch nicht sehr gut kannte, nämlich die Rücksichtnahme. Durch diese Teamarbeit musste ich oft auf andere Rücksicht nehmen. Zum Beispiel bei einigen Szenen konnte ich lernen und auch erst verstehen, was es bedeutet, auf andere Rücksicht zu nehmen. Ich habe gemerkt, wie sehr ich auf die anderen Menschen angewiesen bin. Denn wenn mich plötzlich mal einer sitzen lässt, ist das ja noch zu verkraften, wenn dann aber zwei Mann weggehen, sitze ich schon leicht auf dem Trockenen. Der letzte und meines Erachtens auch der wichtigste Grund ist der des Gefordertwerdens. Sicher werde ich nun in den Augen von ein paar als völlig verrückt angesehen, aber es stimmt, dass ich das Gefühl haben muss, voll gefordert zu werden. Wenn ich dies nicht spüre, so mache ich die ganze Filmerei ohne jede Lust. Und ich hoffe, dass ich auch in meinem zukünftigen Beruf voll gefordert werde.
    Dies wären meine Erwartungen an den Beruf des Regisseurs. Ich hoffe, dass auch einmal alles so eintreffen wird, wie ich es mir vorstelle. Zum Schluss möchte ich hier aber noch das schreiben, was mir ein Regisseur namens Imhoff einmal sagte, als ich ihn fragte, wie man denn Regisseur würde. Er antwortete mir: »Christoph, du bist schon voll drin, Regisseur zu werden.«
Beurteilung: Bei allem Verständnis für deine jugendlichen Berufsträume erscheinen mir deine Vorstellungen und Erwartungen doch teilweise etwas naiv und unrealistisch. Anzuerkennen bleibt allerdings auch, dass du schon eine Reihe von erreichbaren, konkreten Vorstellungen mit anführst. So kann die Gesamtleistung noch als befriedigend bezeichnet werden.
(06.12.1975)
    (aus dem Nachlass)
    Ich habe natürlich auch gemerkt, dass man durch die Position des Regisseurs einen Mittelpunkt

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