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Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast

Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast

Titel: Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois Duncan
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hatte zu kaum jemandem Kontakt gehalten. In den letzten Monaten hatte er hin und wieder an Ray gedacht und jedes Mal war glühender Neid in ihm aufgestiegen. Schon die Vorstellung, allein unterwegs zu sein, ohne ständig den Druck seiner Eltern zu spüren! Aber letzten Endes hatte die Vernunft die Oberhand gewonnen. Klar, so ein Vagabundenleben hatte etwas Romantisches, aber wer wollte schon wirklich einen miesen Job nach dem anderen annehmen, sich als Aushilfskellner über Wasser halten, Autos waschen oder auf Fischerbooten anheuern, nur um etwas zu essen und einen Platz zum Schlafen zu haben?
    Fakt war: Wenn er von seinen Eltern auch weiterhin finanziell unterstützt werden wollte, musste er so leben, wie sie es von ihm erwarteten. Das mit Helen dagegen war etwas anderes. Es gab keinen Grund, weiter mit ihr zusammenzubleiben. Sie hatten viel Spaß miteinander gehabt, aber jetzt war es höchste Zeit, die Sache zu beenden.
      
    Draußen im Flur klingelte das Telefon, verstummte aber nach ein paar Sekunden wieder.
    Kurz darauf klopfte es an der Tür.
    »Hey, Cox? Bist du da?«, rief jemand. »Telefon für dich.«
    »Wahrscheinlich schon wieder irgend so eine scharfe Schnitte«, sagte Lou mit kaum verhohlenem Neid in der Stimme. »Wie machst du das nur, Alter? Verkaufst du mir das Rezept?«
    »Charme. Einfach nur Charme.«
    Barry stand vom Bett auf. Als er an der Kommode vorbeikam, klappte er das Foto um. Morgen würde er sich endgültig davon trennen. Aber bis dahin musste er erst einmal den schwierigeren Teil hinter sich bringen und das ging am Telefon definitiv besser als von Angesicht zu Angesicht. Er hatte Helen eigentlich versprochen, sich bei ihr zu melden, hatte es aber nicht getan, was sie ihm bestimmt gleich zu Beginn des Gesprächs vorhalten würde. Und das war die perfekte Steilvorlage für ihn, um sauer zu werden und ihr Rücksichtslosigkeit vorzuwerfen, weil er schließlich lernen müsste. Keine schlechte Ausgangsposition, um die Sache zu beenden.
    Zwei seiner Mitbewohner kamen gerade den Flur entlang, als er nach dem Telefon griff.
    »Halt dich kurz, Cox«, sagte einer von ihnen mit einem Zwinkern. »Es gibt da ein ziemlich heißes Mädchen, das auf meinen Anruf wartet.«
    »Kein Problem«, entgegnete Barry. »Was ich zu sagen habe, dauert nicht lang.« Er hielt sich das Telefon ans Ohr und meldete sich. »Ja? Cox hier.«
    Einen Moment später legte er es neben die Station und drehte sich zu den Jungs hinter ihm um. »Das Telefon gehört dir«, sagte er.
    »Alter!«, der Typ sah ihn mit einer Mischung aus Bewunderung und Erstaunen an. »Wenn ich so mit meiner Freundin reden würde, würde sie mich auf der Stelle abschießen.« Dann griff er nach dem Telefon und tippte eine Nummer ein.
    Barry ging den Flur hinunter und durch den Seiteneingang auf den Parkplatz hinaus. Über dem Stadion im Westen glühten winzige bunte Sterne am Himmel auf, sto ben auseinander, verglommen und verschwanden schließlich wie Wassertropfen auf einem heißen Backblech. Unterdrückte Jubelrufe stiegen von der Menge auf, die sich das Feuerwerk ansah.
    Barry folgte dem Pfad, überquerte einen gepflasterten Weg und betrat die Sportanlage. Am anderen Ende zeichnete sich die Tribüne wie eine dunkle Mauer gegen den Himmel ab. Ihre Silhouette leuchtete unvermittelt auf, als eine weitere Rakete über dem Stadion explodierte und ein andächtiges Raunen durch die Reihen der Zuschauer ging.
    Barry stand reglos da, während er versuchte, seine Augen an den plötzlichen Wechsel von Hell zu Dunkel zu gewöhnen. Dann tauchte rechts von ihm auf einmal der Scheinwerferkegel einer Taschenlampe auf und leuchtete ihm direkt ins Gesicht.
    »Hey! Was soll das, verdammt noch mal?« Er schirmte die Augen mit der Hand ab.
    Der Lärm des Feuerwerks war so laut, dass er den Schuss, der auf ihn abgefeuert wurde, nicht hörte, sondern nur spürte, wie die Kugel in seinen Bauch eindrang und in seinem Rückgrat stecken blieb.

SIEBEN
    Sie erfuhren es noch am sel ben Abend. Ray bekam es von seinem Vater gesagt. Der Treter, der in seinem zum Büro umfunktionierten Arbeitsschuppen Papierkram erledigt und übers Radio ein Baseballspiel verfolgt hatte, war nach oben gelaufen und hatte an der Tür zum Zimmer seines Sohnes geklopft.
    »Ray?«, hatte er mit seiner dröhnenden Bassstimme gerufen. »Einem deiner Kumpels ist eine ganz scheußliche Sache passiert.«
    Als Ray die Tür öffnete, erzählte sein Vater ihm, dass die Übertragung des Spiels wegen

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