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Ich weiss, wie du tickst: Wie man Menschen durchschaut (German Edition)

Ich weiss, wie du tickst: Wie man Menschen durchschaut (German Edition)

Titel: Ich weiss, wie du tickst: Wie man Menschen durchschaut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Betschart
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Pauschalurteile wie: «Alle Männer sind unzuverlässig.» Als eine Kursteilnehmerin in einem meiner Seminare Letzteres behauptete, fragte ich zurück: «Wirklich alle? Kennen Sie alle Männer auf der Welt?» «Natürlich nicht!», antwortete sie und musste ihre Aussage korrigieren. Die Fähigkeit, Erfahrungen zu verallgemeinern, kann hilfreich sein. Es schränkt jedoch sehr ein, von einigen übereinstimmenden Erfahrungen auf die ganze Welt zu schließen.
    Wenn wir selektiv , also auswählend, mit Informationen umgehen, dann haben wir einen «Tunnelblick»: Wir sehen, hören und erleben das, was wir wollen – und blenden alles andere aus. Wenn z. B. jemand eine vorgefasste Meinung über eine Person hat, glaubt er plötzlich, von überall nur noch Bestätigungen für seine Meinung zu bekommen. Entgegenstehende Meinungen nimmt er nicht zur Kenntnis, weil er seine Wahrnehmung so steuert, dass er nur das herauspickt, was er will. Um daraus auszusteigen, hilft es, die Person auch einmal aus einer anderen Perspektive zu sehen.
    Attributions- bzw. Zuschreibungsfehler sind Verzerrungen in der Beurteilung eigenen und fremden Verhaltens. Wenn uns bei einem anderen ein Verhalten stört, dann neigen wir dazu, es der Person zuzuschreiben. Verhalten wir uns selbst jedoch genauso, dann schreiben wir es der Situation zu. Angenommen, jemand verspätet sich, so neigen wir dazu, ihn für unzuverlässig und unpünktlich zu halten. Verspäten wir uns jedoch selbst, dann war der Zug oder der Stau auf der Autobahn «schuld».
    Menschen, die ähnlich positive Eigenschaften haben wie wir selbst, haben unsere Sympathie . Das passiert natürlich häufig, wenn zwei gleich ticken und demselben Verhaltenstyp angehören. An sich kann dies ja nur positiv sein, doch kann es auch dazu führen, dass Fehlentscheidungen bei der Einstellung von Mitarbeitern begangen werden, wie eine wissenschaftliche Untersuchung herausgefunden hat: Führungspositionen werden überwiegend mit Leuten besetzt, die aus der gleichen sozialen Schicht kommen (vgl. Tödter 2008, S. 160).
    Den Halo-Effekt haben Sie bereits im letzten Kapitel am Beispiel des Vorstellungsgesprächs kennengelernt (S. 124 ff.). «Halo» leitet sich vom griechischen Wort für «Hof» ab und bedeutet, dass eine Eigenschaft eines anderen, die uns besonders auffällt, zu einem Gesamturteil über die Person führt. So wie der Mond einen Hof hat, so überstrahlt das eine Merkmal alle übrigen. Das funktioniert ähnlich wie eine Generalisierung. Zum Beispiel wird von herausragenden Fähigkeiten auf einem Gebiet geschlossen, dass die Person auch in allen anderen Gebieten exzellent sein muss.
    Der Hierarchie-Effekt besagt, dass Mitarbeiter der oberen Führungsebenen in der Regel besser beurteilt werden als Mitarbeiter der unteren – traurig, aber wahr. Dies kann dazu führen, dass Führungskräfte, die sehr weit oben in der Hierarchie stehen, kaum noch ein ehrliches Feedback bekommen. So haben Mächtige oft das Gefühl, dass sie von Ja-Sagern umgeben sind, die ihnen nicht widersprechen.
    Der Mechanismus der Projektion wird klar, wenn wir uns einen Beamer anschauen: Wir erkennen das Bild nicht an seinem Ursprungsort, dem Beamer oder Computer, sondern an der Wand, auf die es projiziert wird. Dasselbe geschieht auch bei emotionalen Vorgängen. Gefühle, die wir uns selbst nicht eingestehen wollen und verdrängen, beobachten wir plötzlich bei einem anderen Menschen, der sie uns vorlebt. Wenn uns dieser Zusammenhang nicht bewusst ist, dann führt dies häufig dazu, dass wir den anderen kritisieren, weil uns an ihm stört, was uns in Wirklichkeit an uns selbst stört. Man sieht den Splitter im Auge des anderen, aber nicht den Balken im eigenen Auge.
    Ähnlich funktioniert die Übertragung . Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch darin, dass man nicht eigene Merkmale auf einen anderen projiziert, sondern ihm Eigenschaften anhängt, die sich auf eine andere Person oder Situation beziehen. Fühlte man sich z. B. als Kind ungerecht behandelt, so kann es sein, dass man sich später als Erwachsener von anderen «Autoritäten» wie Vorgesetzten, Lehrern usw. stets ungerecht behandelt fühlt, auch wenn dies objektiv nicht stimmt. Übertragungen können Sie durchschauen, wenn Sie sich fragen, ob Ihre momentanen Gefühle gegenüber einem anderen Menschen angemessen in der jetzigen Situation sind. Besonders bei extremen Gefühlen wie Wut oder Hass ist das häufig nicht der Fall. Möglicherweise bemerken Sie, dass

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