Ich werde rennen wie ein Schwarzer, um zu leben wie ein Weisser
die Ashanti begreifen sich als Staat im Staate - kaum ein Volk in Westafrika lebt noch so sehr in traditionellen Strukturen, und Tutu II. ist der Anführer, er regelt Gebiets- und Besitzstreitigkeiten. Sein Wort ist Gesetz.
Im Klubhaus von Asante Kotoko in Kumasi huldigen sie Tutu II. nicht sonderlich. Zwei Fotos von ihm stehen auf dem Fußboden, eingefasst in einen Rahmen mit blinder Scheibe. Immerhin, sie sind zu sehen, nach Pokalen und Meisterschalen muss man erst suchen. Sie lagern in der Küche, zwischen zwei Kühlschränken und einer leeren Bierkiste.
Pokalsammlung von Asante Kotoko in der Küche des Klubhauses
Asante Kotoko ist 21-maliger ghanaischer Meister, zweimaliger Gewinner der kontinentalen Champions League und laut der International Federation of Football History & Statistics »Afrikas Klub des 20. Jahrhunderts«. Kotoko wird geführt von Helena Cobbinah. Sie ist Head of Administration and Finance , und alles, was sie für ihren Job braucht, sind drei Handys und ein Tischtelefon. Keinen Computer. Ihre vier Telefone sind stumm, es ruft niemand an, zwei Stunden lang nicht, und so kann Cobbinah, 63, zwei Stunden Mittagspause machen an ihrem Schreibtisch. Es gibt Fisch aus der Dose und Papayastreifen.
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Helena Cobbinah, Finanzchefin von Kotoko
Helena Cobbinah sagt, es sei ihr eine Ehre, dem Klub zu dienen, »denn wer dem Klub dient, dient dem König«. Sie wolle Asante Kotoko stark machen für die Zukunft, und deshalb müsse sie zuallererst
aufs Geld schauen, nicht ein Cedi dürfe verschwendet werden. »Das wäre eine Versündigung am ganzen Ashanti-Volk.«
Wie groß der Saisonetat ist, wisse sie nicht, sagt sie. Die durchschnittliche Zuschauerzahl? »Unterschiedlich, hängt vom Gegner ab.« Noch mal die Frage nach dem Durchschnitt. Helena Cobbinah verzieht das Gesicht und zischt etwas auf Ashanti-Twi, dem Stammesdialekt, aber sie will jetzt mal eine Frage beantworten, sie brüllt durch die geschlossene Tür: »Bringt mir die Zahlen!« Sie kann unfassbar laut brüllen, sie war bis zu ihrer Pensionierung Leiterin der Polizeischule in Accra, und ihr Ton muss noch der von früher sein. Sie bittet nicht, sie schnauzt.
Helena Cobbinah trägt ein weites, grün-weiß gemustertes Kleid, sie ist größer als jeder Mann in der Geschäftsstelle und breiter auch, alle hier gehorchen ihr. Nach einer Viertelstunde kommt ein Sekretär ins Büro, in der Hand einen Zettel, randvoll mit Zahlen. Cobbinah starrt eine Weile auf das Papier, vielleicht auch durch das Papier, und sagt dann: »Zehntausend«
Funktionäre wie Helena Cobbinah waren auch ein Grund dafür, dass Kwame Baah-Nuakoh im Mai 2009 ausstieg bei Asante Kotoko und zurzeit nur als Berater für den Klub arbeitet. Knapp drei Jahre gehörte Baah-Nuakoh zum management board , zuständig für Marketing und Kommunikation. Es ging dann nicht mehr, er wollte seine Doktorarbeit in Wirtschaftswissenschaften abschließen, außerdem hatte er noch Lehrverpflichtungen an der University of Ghana in Accra.
»Wenn man richtig aufräumen will bei Kotoko«, sagt Baah-Nuakoh, »dann darf man das nicht aus der Ferne machen. Man muss vor Ort sein und Druck machen, jeden Tag. Die Widerstandskräfte
im Klub sind gewaltig, jeder will seine Pfründe verteidigen und seinen Job retten.«
Es war kein Abschied für immer im Mai 2009, das verrät schon Baah-Nuakohs Büro in der Universität, Raum W21, Economic Department. Ein paar akademische Urkunden hängen da an der Wand, aber die werden geschluckt von Mannschaftsfotos, Zeitungsausschnitten und Presse-Akkreditierungen. Baah-Nuakoh ist mal Radioreporter gewesen, ein richtig guter, 2002 wurde er für seine Livereportagen aus dem Baba-Yara-Stadion als Ghanas »Media Presenter of the Year« ausgezeichnet.
2006, als Baah-Nuakoh für ein Jahr in Harvard studierte, lernte er König Otumfuo Osei Tutu II. bei einer Audienz in Boston kennen. Tutu II. erinnerte sich gleich an Baah-Nuakohs Stimme und an seine Berichte im Radio, man kam ins Plaudern über Fußball, und am Ende des Gesprächs sagte der König, dass er Baah-Nuakoh gern ins Management von Kotoko holen würde.
Nach seiner Rückkehr aus den USA machte sich Baah-Nuakoh gleich an die Arbeit. Er vertiefte sich in Bilanzen, ließ sich Kalkulationen und Budgetpläne geben; viel Material bekam er nicht, ein paar Blätter mit handschriftlichen Notizen. Es genügte ihm aber, um zu verstehen, wie Kotoko funktioniert - und auf welchen Wegen das Geld verschwindet. Baah-Nuakoh nennt es
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