Ich werde rennen wie ein Schwarzer, um zu leben wie ein Weisser
spricht die Sprache der Mannschaft, er ist nicht wesentlich älter als seine Spieler, er hört dieselbe Musik, sieht dieselben Filme, und doch sagt er: »Ich frage mich oft, ob ich von einem anderen Stern bin, wenn ich in der Kabine stehe.«
Sekondi-Trainer Charles Akonnor schwört sein Team ein
Er hatte gedacht, dass sie an seinen Lippen kleben werden. 14 Jahre Deutschland, 121 Bundesligaspiele für Wolfsburg, einst Nachfolger des großen Abide Pelé als Kapitän der ghanaischen Nationalmannschaft - so einem wird man doch vertrauen. Hoffte er. Sie wollen seine Geschichten aus Deutschland aber nicht hören, vor allem nicht, wenn er predigt, dass es Ausdauer, Geduld und Selbstkritik braucht, wenn man es schaffen will in Europa. »Viele Spieler in meinem Team denken, dass sie reif sind für die Champions League, wenn sie drei oder vier gute Partien nacheinander gemacht haben«, sagt Akonnor. »Und wenn ich dann warne, bin ich der Fiesling, der ewige Nörgler. Derjenige, der sie kleinhalten will und nicht fördern.«
Akonnor hat keine Chance gegen die Macht der Bilder. Englands Premier League, Spaniens Primera División und Italiens Serie A sind fast rund um die Uhr im Satelliten-TV zu sehen; irgendwo läuft immer eine Wiederholung. »Europa fühlt sich für die Jungs so nah an«, sagt Akonnor. »Sie kommen in Chelsea-Trikots zum Training, sie denken, sie hätten kapiert, worum es geht in Europa. Aber sie wissen nichts.«
Das Testspiel am Nachmittag gegen den Zweitligisten Medeama FC endet 0:0, wieder kein Fortschritt und kaum Zuschauer. Dreißig sind es höchstens, Eintritt: zwei Cedi, knapp ein Euro. Akonnor fährt zurück in die Shammah Lodge, er versucht, ein paar Stunden zu
schlafen, denn um drei Uhr in der Nacht will er nach Accra aufbrechen. Zweimal in der Woche fährt er von Takoradi in die Hauptstadt, zu seiner Familie. Wenn es gut geht und er den Berufsverkehr meiden kann, braucht er für die zweihundert Kilometer drei Stunden. Wenn nicht, fünf oder sechs, manchmal sieben.
Stau vor Accra bedeutet Drängeln und Blockieren, bedeutet Abgasluft und stechende Hitze, bedeutet Hupen, schreiende Kinder und aufgedrehte Radios, bedeutet eine Höllenwut, die raus muss und nicht kann. Akonnor will trotzdem nicht umziehen nach Takoradi. Er traut der Ruhe im Klub nicht.
Sie waren alle sehr weit in ihren Plänen und Konzepten bei Sekondi Eleven Wise, vielleicht zu weit. Der Manager Maraby, der glaubte, er könne es schon mit Kotoko und den Hearts of Oak aufnehmen. Die Spieler, die sich schon mit einem Bein in der Champions League sahen. Und Akonnor selbst, der dachte, er brauche nur an ein paar Schräubchen zu drehen.
Es gibt bald diese Sitzung des Hauptaktionärs Global Media Alliance, die alles entscheidet. Ob noch mal Geld kommt oder ob Sekondi verschwindet in den unteren Ligen. Ob das ehrgeizigste Projekt im ghanaischen Fußball stirbt, dieser Modellklub, der strahlen sollte, der ein Traum war von Kurt Okraku und Kwame Baah-Nuakoh.
Jetzt muss Trainer Charles Akonnor erst mal weitermachen. »Klassenerhalt sichern, Spieler sichten, Nachwuchsabteilung aufbauen«, sagt er. So tun, als bliebe er noch Jahre. In dem Wissen, dass es bald zu Ende sein könnte.
Akonnor sagt: »Vielleicht schon morgen.«
Julian du Plessis, 20
Kapstadt/Township Manenberg, Südafrika
Ikapa Academy FC
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DER WINDHUND
Du hast keine Chance, ihnen zu entkommen. Sie stehen an jeder Ecke, sie schlagen dich, sie bestehlen dich, sie bespucken und beschimpfen dich, und wenn sie dich nur mit Worten angreifen und nicht mit dem Messer, hast du Glück. Du musst einer von ihnen sein, ein Gangster, dann hast du ein bisschen Ruhe.
Ich wollte nie ein Gangster sein, keiner von den Jester Kids, die unser Viertel hier im Township Manenberg unter Kontrolle haben. Gangster zu sein bedeutet, dass du irgendwann in den Knast kommst, wie mein Freund Lesley. Zwölf Jahre wegen Vergewaltigung. Er war voll mit Drogen, als er es tat. Du nimmst die Drogen und du verkaufst sie, und irgendwann erwischt dich die Polizei, es ist immer dasselbe. Ein Gefangener bist du schon vorher, denn als Gangster kommst du nicht mehr raus aus deinem Block. Die Hard Livings von gegenüber wollen dich abknallen, weil du das gleiche Zeug verkaufst wie sie. Und die Hard Livings ziehen schnell, hat Lesley gesagt.
Nein, solch ein Leben will ich nicht. Ich wollte immer Fußballer sein, nur Fußballer. Vor ein paar Jahren hat mich einer von den Jester Kids angemacht, er wollte meine
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