Ich werde rennen wie ein Schwarzer, um zu leben wie ein Weisser
Sportministerium in Accra geschickt, mit der Bitte um Weiterleitung. Im Ministerium ist alles verschwunden. Ich habe nichts bekommen bis auf diesen einen aufgerissenen
Umschlag mit dem Foto. Wahrscheinlich wollten sie nicht, dass ich gehe.
Ende 1973 besuchte mich Wolff in Accra. Er war freundlich, er war charmant, er schwärmte von meinem Spiel. Er sagte, er wolle mich unbedingt, you are exactly the player we are looking for, Ibrahim. Nur müsse ich ein kleines bisschen Geduld haben, sie hätten gerade jemand anders gekauft für meine Position.
Ich wartete zwei Jahre.
Als ich im Juni 1975 in Bremen ankam, war es kalt und es regnete. Meine neuen Mitspieler sagten nicht viel zu mir, nur hello und goodbye. Wochenlang nur: hello und goodbye. Jungs wie Kalli Kamp, Dieter Burdenski oder Karlheinz Geils hatten freundliche Gesichter, und ich hätte auch gern mit ihnen geredet. Aber niemand in der Mannschaft konnte Englisch.
Abends schaute ich deutsches Fernsehen, obwohl ich die Worte zu den Bildern nicht verstand. Die wenigen Bücher, die ich aus Ghana mitgebracht hatte, las ich drei- oder viermal, ich kannte sie am Schluss fast auswendig. Es gab niemanden, den ich hätte fragen können, wie Deutschland funktioniert und wie der Fußball hier. Was man tun sollte und was lassen, wenn man aus einer anderen Welt kommt. Ich war der erste Afrikaner in der Bundesliga.
Wolff hatte mich irgendwie vergessen in all dem ganzen Stress. Die Mannschaft kämpfte gegen den Abstieg, unser Trainer Herbert Burdenski musste gehen, Otto Rehhagel kam, es waren unruhige Monate. Eben nicht die Zeit, in der man an einen Bankdrücker wie mich
denkt. Eine gute Idee aber hatte Wolff: Er kündigte mein Appartement in der Nähe des Weserstadions und brachte mich in einer WG unter. Ich kann es nicht anders sagen: Der Umzug rettete mein Leben.
Ich teilte mir mit Klaus Matischak eine helle Wohnung in der Bismarckstraße, und Zick-Zack-Matischak, der früher mal für Werder gespielt hatte, lachte viel, er zeigte mir die Stadt und brachte mir ein wenig Deutsch bei. An freien Tagen fuhren wir oft zu seinen Eltern. Sie mochten mich, ich war wie ein Sohn für sie. Matischaks Mutter kochte meine Lieblingsgerichte, und sein Vater hörte zu, wenn ich ihm erzählte, wie sehr ich Ghana vermisse, meine Familie und meine Freunde. Er konnte wunderbar trösten, mit wenigen Worten.
Matischaks Eltern machten mich glücklich - für einen Nachmittag oder einen Abend. Dieses Gefühl, gewollt zu werden, es verflog leider so schnell. Und wenn ich auf dem Platz stand, war es ganz weg.
Die Leute bei Werder waren nicht unfreundlich, doch sie wussten nichts anzufangen mit mir. Ich wurde mitgeschleppt, von einer Trainingseinheit zur nächsten, zwei Jahre lang. Ich war der Mann für die Ersatzbank oder für die Tribüne, und oft habe ich dort zu Recht gesessen. Mein Spiel war kaputt. Du kannst nicht mit gebrochenem Herzen spielen, nicht als Nummer zehn, die sprühen soll vor Ideen, die eine ganze Mannschaft zum Fliegen bringt in guten Momenten. Das geht nicht. Das schafft der stärkste Fußballer der Welt nicht.
Otto Rehhagel dachte vielleicht, er täte mir einen Gefallen, wenn er mir ein paar Minuten in der Bundesliga schenkt. Im Juni 1976, es war der letzte Spieltag, wechselte er mich in der zweiten Halbzeit
gegen Rot-Weiß Essen ein, für Jürgen Röber. Ich hätte glücklich sein sollen, ich weiß. Aber ich war leer, als ich endlich spielen durfte, zermürbt nach diesem einsamen Jahr in Bremen. Und was sind 45 Minuten gegen Rot-Weiß Essen für jemanden, der die afrikanische Champions League gewonnen hat? Der Afrikas Fußballer des Jahres gewesen ist?
Tausendmal während der ersten zwei Jahre in Deutschland habe ich gedacht: Du musst gehen. Tausendmal jeden Tag. Ich bin geblieben, sogar als ich gehen durfte. Im Sommer 1977 lief mein Vertrag bei Werder aus, aber ich wollte nicht zurück in die Heimat - nicht ohne etwas mitzunehmen. Ich wollte einen kleinen Triumph, einen Beweis, dass ich doch etwas verstehe von Fußball. In Barsinghausen, Hennef und Köln habe ich Trainerlehrgänge besucht und nebenbei für VSK Osterholz-Scharmbeck in der Bezirksliga gekickt, als Spielertrainer. Es war eine schöne Zeit, ich schaffte die Prüfungen, und in Osterholz-Scharmbeck schätzten sie mich. 1981 bin ich zurückgegangen nach Ghana, als Fußballlehrer mit A-Schein, der höchsten Lizenz, die der DFB vergibt.
Ich habe viel gelernt in Deutschland, vor allem für meinen heutigen Job als
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