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Ich werde schweigen Kommissar Morry

Ich werde schweigen Kommissar Morry

Titel: Ich werde schweigen Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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beneide Sie um diesen Wohnsitz, Miß Sonja! Es ist die schönste Gegend, die wir in London überhaupt zu bieten haben. Sie werden sich hier sicher sehr wohl fühlen. Und der Londoner Winter bietet eine Menge Abwechslungen für eine junge Dame. Tanz, Theater, große Bälle . . .“
    Sonja Garden blickte ihn errötend an. „Ich werde solche Vergnügungen wohl kaum besuchen“, sagte sie verhalten. „Erstens ist mein Vater kaum unter der Erde . . .“
    „Und zweitens?“, forschte der Kommissar.
    „Meine Mutter sieht es nicht gern, wenn ich abends aus dem Haus gehe. Sie will, daß ich ständig um sie bin.“
    Armes Ding, dachte der Kommissar mitleidig. Sie wird es nicht leicht haben bei dieser Mutter. Ich persönlich möchte auch nicht mit Melanie Garden zusammen leben. Dies waren seine Gedanken, als er in seinen Dienstwagen stieg.
     
    9
     
    Um die gleiche Zeit war Hilfsinspektor Puck bei Richard Donally. Man hätte sich kein ungleicheres Paar vorstellen können als diese beiden: Puck, wie immer ein wenig schüchtern und linkisch, mit einem blassen Stubengesicht und den sanften Augen eines Träumers. Richard Donally dagegen stark und männlich und voller Willenskraft. Sein sympathisches Gesicht war braun und straff und zeigte keinerlei Erschrecken, als der Hilfsinspektor sich umständlich vorstellte.
    „Was wünschen Sie?“, fragte er zuvorkommend. „Wollen Sie nicht eintreten?“
    Hilfsinspektor Puck schritt langsam in die geräumige Junggesellenwohnung hinein. Sie war schlicht, aber sehr gediegen eingerichtet. Nirgends eine Spur von Schlamperei.
    „Ich komme wegen Ihres Stiefbruders“, begann Hilfsinspektor Puck mit leisem Hüsteln. „Sie wissen ja selbst am besten, daß er seit einigen Tagen flüchtig ist. Sicher können Sie mir auch seinen Aufenthaltsort nennen?“
    „Vielleicht“, meinte Richard Donally achselzuckend. „Aber ich werde ihn nicht verraten. Ich habe Irving versprechen müssen, über alles zu schweigen. Und dieses Wort werde ich auch halten.“
    „Schade“, sagte Hilfsinspektor Puck sanftmütig.
    „Sie werden sich damit eine Menge Schwierigkeiten auf den Hals laden. Man wird Sie vielleicht sogar in Haft nehmen. Und das alles nur, weil Sie einen Mörder decken.“
    „Einen Mörder?", fragte Richard Donally stirnrunzelnd.
    Puck nahm seinen ärmlichen Zwicker ab und begann ihn sorgfältig zu putzen.
    „Es sieht fast so aus“, sagte er gedehnt, „als ob Irving Bacon der gesuchte Mörder wäre. Warum hielte er sich sonst verborgen? Er ist der einzige, der sich in einen sicheren Schlupfwinkel verkrochen hat. Aus dem Hinterhalt ist leicht morden. Überdies wissen wir, daß Irving Bacon der einzige war, der aus Brasilien rote Tungasblüten mit nach Hause nahm.“
    „Das ist nicht wahr", rief Richard Donally bestürzt. „Ich habe bei Irving nie solche Blumen gesehen. Dabei war ich doch fast jeden Tag in seiner Wohnung.“
    „Das glaube ich gern“, sagte Hilfsinspektor Puck trocken. „Irving Bacon hatte allen Grund, diese Blumen verborgen zu halten. Denn wer die Tungasblüten besitzt, ist der Mörder. Daran kann kein Zweifel sein.“
    Bisher war Richard Donally stark und gefaßt geblieben. Aber nun auf einmal überkam ihn eine Schwäche. Ein nervöses Zittern flog über seine Glieder. Er mußte sich einen Schnaps einschenken.
    „Vielleicht verraten Sie uns doch das Versteck Ihres Stiefbruders“, sagte Puck eindringlich. „Es ist nicht gut, der Helfer und Mitwisser eines Mörders zu sein.“
    „Geben Sie sich keine Mühe“, sagte Richard Donally kurz. „Ich werde auch weiterhin schweigen. Irving ist kein Mörder.“
    „Na, wie Sie wollen“, sagte Puck einsilbig und erhob sich. „Wir werden wiederkommen, Mr. Donally. Wir haben Zeit. Und wir haben den längeren Arm. Eines Tages werden Sie sprechen.“
    „Nein“, sagte Richard Donally. „Das werde ich ich nicht tun. Irving kann sich fest darauf verlassen, daß ich schweigen werde.“
    Als er wieder allein war, fühlte sich Richard Donally recht bedrückt und niedergeschlagen. Die kurze Unterredung hatte ihn doch mehr mitgenommen, als er zugeben wollte. Noch immer war das Zittern in seinen Gliedern. Er fühlte sich matt und ausgepumpt. Er war so nervös, daß ihm keine Arbeit gelingen wollte. Bis zum Abend kam er auf keinen vernünftigen Gedanken. Als es draußen dunkel wurde, machte er sich zum Ausgehen fertig. Er zog seinen Mantel an, steckte seine Brieftasche ein und nahm eine Mappe mit sich. Als er die Treppe hinunter ging,

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