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Ich werde schweigen Kommissar Morry

Ich werde schweigen Kommissar Morry

Titel: Ich werde schweigen Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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mich nicht mehr zur Ruhe kommen lassen. Vielleicht verzinken sie mich auch schon heute Nacht an die Polizei . . .
    Er kratzte sein letztes Kleingeld zusammen und nahm am Hollaway Circus eine Taxe. „Fahren Sie mich nach Hause“, sagte er zu dem Chauffeur. „Ich wohne am Hill Rise in Richmond.“
    Es war eine ziemlich weite Fahrt. Das Auto zockelte gemächlich durch die nächtlichen Straßen. Gegen die Windschutzscheiben schlug der Regen. Aber im Wagen selbst war es behaglich warm. Pancras Holm wäre am liebsten die ganze Nacht so weitergefahren. Aber dann öffnete der Chauffeur plötzlich die Tür. Der Wagen hielt. Zur Rechten ragten moderne Mietsblöcke auf.
    „Wir sind am Ziel, Sir. Macht siebzehn Shilling.“
    Pancras Holm zahlte und stieg aus. Zögernd ging er auf den wuchtigen Häuserblock zu. Von Angst und Sorgen gequält schloß er die Tür auf. Er trat ein und knipste die Treppenbeleuchtung an. Schwerfällig stieg er die Stufen empor. Dann endlich war er in seiner Wohnung. Er hatte kaum die Tür hinter sich geschlossen, da wäre er am liebsten wieder umgekehrt. Ein dumpfer, würgender Druck legte sich auf seine Brust. Eine entsetzliche Ahnung schnürte ihm die Kehle zu. Was habe ich denn, dachte er. Es ist doch alles wie sonst. Die Tür war ordnungsgemäß verschlossen. Niemand kann die Wohnung während meiner Abwesenheit betreten haben. Das redete er sich ein.
    Aber dieser Trost blieb hohl und ohne Wirkung. Er stand da, als hätte er eine entsetzliche Nachricht zu erwarten. Er wagte sich kaum von der Stelle. Als er die Hand auf die Türklinke legte, zögerte er wieder ein paar Herzschläge lang. Dann endlich gab er sich einen Ruck. Er öffnete die Tür, die in sein Wohnzimmer führte.
    Schon auf der Schwelle blieb er wie angewurzelt stehen. Seine Augen weiteten sich in ungläubigem Staunen. Fassungslos starrte er auf den Mann, der im hellen Lichtschein am Schreibtisch saß. Er trug einen braunen Lodenmantel und einen breitrandigen Hut.
    „Was wollen Sie hier?“, fragte Pancras Holm mit bröckelnder Stimme. „Wie kommen Sie in meine Wohnung? Reden Sie!“
    Der Fremde sagte keine Silbe. Er verstand anscheinend nur die Sprache des Todes.
    Noch ehe sich Pancras Holm von seinem Staunen erholte, fiel der blitzende Schuß aus der schallgedämpften Pistole. Weiter war nichts zu hören.
    Auch Pancras Holm starb, ohne einen Laut von sich zu geben. Seine Lippen verzerrten sich unter bitteren Qualen. Seine Augen wurden stumpf und ausdruckslos.
    Jetzt endlich weiß ich, was hier gespielt wird, dachte er noch, bevor er ins schwarze Nichts hinüberschwebte. Jetzt endlich begreife ich alle Zusammenhänge, nun, da es zu spät ist.  
     
    12
     
    Von diesem dramatischen Geschehen, das sich in der Wohnung Pancras Holms ereignet hatte, ahnten Rex Chapel und Ernest Cropp nicht das Geringste. Sie bezogen pünktlich um Mitternacht ihre Plätze am Fish Market. Sie stellten sich wie immer an das Geländer der kleinen Brücke, weil es der günstigste Ort für sie war. Hier standen ihnen sämtliche Fluchtwege offen. Ein Sprung in den Kanalgraben rettete sie im Notfall vor jedem Verfolger. Zum ersten Mal seit Wochen war die Luft kalt und trocken. Der endlose Regen hatte aufgehört. Ein beißender Wind blies von Nordosten her. Am Himmel war kein Stern zu sehen. Es war die finsterste Nacht, an die sich Rex Chapel und Ernest Cropp erinnern konnten. Man sah kaum zwei Meter weit.
    „Das nächste Mal“, stotterte Ernest Cropp, „müssen wir eine Taschenlampe mitbringen. Mit dem Feuerzeug ist hier nichts mehr auszurichten.“
    „Mach die Klappe zu“, brummte Rex Chapel mürrisch. „Du holst dir sonst eine Lungenentzündung. Dieser verfluchte Wind geht einem durch Mark und Bein.“
    Sie taten, als wären sie hier auf einem harmlosen Kaffeeklatsch. Mit keinem Gedanken dachten sie daran, daß sie ein Opfer erwarteten, das sie bis zum Weißbluten erpressen wollten. Es kümmerte sie nicht, daß sie einen Menschen in alle Abgründe der Angst und Verzweiflung trieben. Die Gier nach Geld übertönte alle anderen Stimmen in ihrem Innern.
    „Zwölf Uhr“, sagte Ernest Gropp plötzlich. „Nun ist es soweit. Hoffentlich kommt er so pünktlich wie das letzte Mal.“
    Die Schläge der Turmuhr verhallten. Es wurde wieder still auf dem weiten Platz. Nur der Kanalgraben rauschte eintönig zu ihren Füßen. Zwei, drei, vier Minuten vergingen. Dann hörten sie plötzlich Schritte in ihrer Nähe. Sie kamen direkt auf die Brücke zu. Die Gestalt,

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