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Ich werde schweigen Kommissar Morry

Ich werde schweigen Kommissar Morry

Titel: Ich werde schweigen Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Holm mit hervorquellenden Augen.
    Er taumelte wie ein Betrunkener von seinem Hocker. Er war auf einmal so weich in den Knien, daß er kaum einen Schritt tun konnte. Hilflos und hinfällig legte er die kurze Strecke bis zur Telephonkabine zurück. In banger Erwartung nahm er den Hörer auf. Seine Nerven zitterten schmerzhaft. Sein Hirn war wie eingetrocknet.
    „Ja, bitte?“, fragte er mit pfeifendem Atem. „Wer ist da?“
    Über sein Gesicht lief eine kalkige Blässe, als er statt eines Namens ein häßliches Gemecker hörte.
    „Tut mir leid, daß wir Sie noch einmal stören müssen, Sir“, krächzte eine blecherne Stimme. „Wir wollten Sie wirklich nicht mehr belästigen. Aber da ist ein Umstand, der uns gestern noch nicht bekannt war. Die Polizei ist nämlich hinter uns her, Sir! Wir müssen baldigst verschwinden. Am besten ins Ausland, verstehen Sie? Für eine solche Reise aber langt das bißchen Geld nicht. Sie müßten uns noch einmal tausend Pfund geben. Es wäre wirklich das letzte Mal.“
    „Nein“, ächzte Pancras Holm verzweifelt. „Das kann ich nicht. Ich weiß keinen Menschen mehr, von dem ich mir diese ungeheure Summe beschaffen könnte. Haben Sie doch Verständnis für meine Lage. Ich bin am Ende.“
    Der Mann am anderen Ende der Leitung reagierte mit keiner Silbe auf dieses verzweifelte Geständnis. Er schien das Gemüt eines Holzklotzes zu haben.
    „Wir lassen Ihnen drei Stunden Zeit“, krächzte die unsympathische Stimme weiter. „In diesen drei Stunden werden Sie sich das Geld beschaffen, Mr. Holm. Kommen Sie um Mitternacht zur Brücke am Fish Market. Sie kennen den Platz ja schon . . .“
    Pancras Holm hörte ein leises Klicken in der Leitung. Dann war Stille. Der Teilnehmer meldete sich nicht mehr. Zwei, drei Minuten blieb Pancras Holm noch regungslos in der Zelle stehen. Dann erst legte er den Hörer auf. Sein Gesicht war bleich und verfallen. Überhaupt sah er aus, als wäre er eben von einem langen Krankenlager aufgestanden. Gebeugt stolperte er aus der Kabine.  
    Seine Augen verengten sich, als er einen schlanken, sportlich wirkenden Herrn vor sich stehen sah. Es war Kommissar Morry. Der berühmte Detektiv ging tief in Gedanken versunken vor der gläsernen Kabine auf und ab.
    „Wollen Sie etwas von mir, Sir?“, fragte Pancras Holm mit schleppender Stimme.
    Der Kommissar hörte ihn nicht einmal. Er tat wenigstens so. Er schenkte ihm keinen Blick.
    Pancras Holm zuckte niedergeschlagen mit den Achseln und wankte auf den Georges Place hinaus. „Gute Nacht, Sir“, grüßte ihn der Portier. „Beehren Sie uns bald wieder.“
    Pancras Holm hatte schon die unterste Treppenstufe erreicht, da drehte er sich um und kehrte noch einmal in die Bar zurück. Er schien wirklich nicht mehr bei klarem Verstand zu sein. Seine Augen hatten den irren Glanz eines Gemütskranken. Er schob sich rücksichtslos durch die Gäste an der Garderobe und klopfte kurz nachher an eine Tür, die ins Privatkontor des Barbesitzers führte. Scheu und linkisch trat er an den Schreibtisch heran.
    „Ah, Mr. Holm“, sagte der gutmütige Dicke und faltete seine riesige Zeitung zusammen. „Welch ein Vergnügen, Sie zu sehen. Was verschafft mir die Ehre?“
    „Ich bin“, stotterte Pancras Holm, „in einer momentanen Verlegenheit. Kann ja mal Vorkommen, nicht wahr? Könnten Sie mir bitte . . .“
    „Aber selbstverständlich“, murmelte der Dicke freundlich. „Ich habe auch schon mal meine Brieftasche vergessen. War eine verdammt peinliche Situation. Wieviel wollen Sie denn haben, Mr. Holm?“
    „Tausend Pfund.“
    „Wieviel?“, fragte der Dicke und schnappte entgeistert nach Luft.
    „Tausend Pfund!“, wiederholte Pancras Holm monoton. „Ich würde Ihnen das Geld schon in der nächsten Woche zurückgeben. Meine Kollegen im Parlament . . .“
    „Tut mir außerordentlich leid, Mr. Holm. Ich habe keine tausend Pfund im Hause. Noch nicht einmal die Hälfte. Sie wissen ja, wie schwer wir heute um unsere Existenz kämpfen müssen . . .“
    Pancras Holm nickte geistesabwesend und griff nach seinem Hut. Er murmelte noch nicht einmal einen Gruß, als er das Privatkontor verließ. Wie ein abgewiesener Bettler irrte er an dem Türsteher vorbei. Er hielt den Kopf tief zu Boden gesenkt. Scheu ging er den Laternen aus dem Wege. Ich kann nicht zu dieser Brücke gehen, überlegte er in dumpfem Brüten. Sie werden dort umsonst auf mich warten. Ihr Haß und ihre Rache wird mich in Zukunft Tag und Nacht verfolgen. Sie werden

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