Ich will doch nur küssen
Verantwortung für Tess zu übernehmen, wie Kelly Moss es von ihm verlangte.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht. Es hat eine geschlagene Stunde gedauert, bis wir hier waren, und ich habe eine lange Rückfahrt vor mir und muss morgen in aller Herrgottsfrüh in der Arbeit sein. Aber meine Schwester kommt gern auf dein Angebot zurück, nicht wahr, Tess?« Kelly Moss legte ihrer Schwester eine Hand auf den Rücken und schob sie einen Schritt nach vorn.
»Leck mich«, fauchte das Mädchen sichtlich verärgert.
»Na ja, du wirst es schon schaffen, sie zum Eintreten zu bewegen«, sagte Kelly, zu Ethan gewandt. »Ach, ja, ich habe Tess’ Bewährungshelfer darüber informiert, dass sie bei dir wohnen wird. Sein Name steht hier drauf.« Sie hielt Ethan eine Karte hin.
Ethan stand da wie vom Donner gerührt, unfähig, die Hand auszustrecken.
Faith nahm die Karte an seiner Stelle entgegen.
»Du musst den Mann unbedingt kontaktieren«, meinte Kelly.
»Ihr Bewährungshelfer?«, platzte Ethan schließlich heraus. Er hatte das Gefühl, in einem Albtraum gefangen zu sein, aus dem es kein Erwachen gab.
Kelly wandte sich abrupt ab und umarmte ihre kleine Schwester – die erste liebevolle Geste, seit Ethan die Tür geöffnet hatte.
Als sie erneut das Wort ergriff, zitterte ihre Stimme. »Benimm dich und mach keine Dummheiten, ja? Oder jedenfalls nicht mehr so viele. Und pass auf dich auf. Ich liebe dich. Ich werde dich jeden Abend anrufen, versprochen. Und zum Ende des Sommers sehen wir uns wieder.«
Tess hielt die Arme steif an den Körper gepresst und ließ die Umarmung schweigend über sich ergehen, ohne sie zu erwidern. Erst jetzt wurde Ethan bewusst, dass es Kelly alles andere als leicht fiel, ihre Schwester bei ihm abzuladen. Die ganze Aktion erschien ihm wie eine Art verzweifelter letzter Rettungsversuch.
Aber damit wurde Tess unversehens zu seinem Problem. Was zum Teufel sollte er mit einem bockigen Teenager anfangen – noch dazu mit einem Mädchen? Er hatte diese Jahre doch selber mehr schlecht als recht hinter sich gebracht.
Tja, das sah nach einem handfesten Familienproblem aus. Er musste unbedingt eine Krisensitzung mit seiner Familie einberufen. Angesichts der Absurdität dieser Vorstellung hätte er beinahe laut aufgelacht. Seine Brüder und er waren weiß Gott meilenweit davon entfernt, eine richtige Familie zu sein, aber nun, da sie plötzlich eine kleine Schwester hatten, würde Nash und Dare gar nichts anderes übrig bleiben, als vorbeizukommen und sich mit der neuen Familienrealität auseinanderzusetzen.
Ob es ihnen passte oder nicht.
Kapitel 8
Faith stand im leeren Wohnzimmer von Ethans Haus. Nach den Ereignissen der letzten Stunden schwirrte ihr der Kopf. Das Auftauchen von Ethans Halbschwester bedeutete, dass Ethans leeres Haus viel schneller als geplant eingerichtet werden musste.
Ethan gesellte sich mit dem Mobiltelefon in der Hand und einem angespannten Ausdruck im Gesicht zu ihr.
»Und, kommen sie?«, wollte Faith wissen.
Er hatte beide Brüder angerufen. Sie hatte gehört, wie er ihnen erklärt hatte, sie müssten vorbeikommen, es sei wichtig. Da sich das Gespräch jedoch zusehends zu einer handfesten Auseinandersetzung zu entwickeln schien, hatte Faith beschlossen, mit Tess in die Küche zu gehen. Sie hatte sie regelrecht zwingen müssen, denn Tess hatte sich weder auf Faiths höfliche Bitte noch auf einen entsprechenden Befehl hin vom Fleck bewegt. Erst als Faith ihr angedroht hatte, es würde kein Abendessen für sie geben, wenn sie nicht auf der Stelle mitkam, war Tess hinter ihr in die Küche gestampft. Dort hatte sie jede Unterhaltung kategorisch verweigert.
Ethan biss die Zähne zusammen. »Ja. Aber nur, weil ich ihnen versichert habe, dass es nicht um mich geht.«
Autsch . »Na, wenigstens kommen sie überhaupt.«
Faith war Ethan vorhin an der Tür zur Seite gestanden und hatte Tess beschäftigt, solange Ethan mit seinen Brüdern telefoniert hatte. Sie hatte alles in ihrer Macht Stehende getan. Aber im Grunde überstieg es ihre Vorstellungskraft, wie schwierig er die ganze Situation finden musste, und er konnte bestimmt darauf verzichten, dass sie noch weiterhin Zeugin dieses Familiendramas war.
»Wo ist Tess?«, fragte er.
Faith betrachtete ihn. Seine Augen wirkten erschöpft, dabei war das ja erst der Anfang. Es würde zweifellos noch einiges auf ihn zukommen.
»In der Küche. Ich habe ihr einen Teller von Rosalitas leckerer Paella vorgesetzt«, sagte sie, ohne zu
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