Ich will doch nur küssen
erwähnen, wie ungehobelt, verbohrt und trotzig sich das Mädchen verhalten hatte. Damit würde Ethan noch früh genug selbst konfrontiert sein.
Faith legte ihm eine Hand auf die Schulter. Kaum zu glauben, dass sie vor Kurzem noch angenommen hatte, der Abend würde in seinem Schlafzimmer enden. »Ich sollte besser gehen, ehe deine Brüder kommen.«
»Warum das denn?«
»Na, es wird bestimmt schon schwierig genug, ihnen die Neuigkeiten zu unterbreiten, ohne dass eine Fremde dabei ist.«
»Wir sind uns alle fremd«, murmelte Ethan. »Und ich möchte, dass du bleibst.« Er ergriff ihre Hand.
Sie fragte sich, ob ihn die Verzweiflung dazu trieb, sie ohne Vorwarnung an sich zu ziehen. »Glaub bloß nicht, ich hätte vergessen, was wir vor dieser Unterbrechung gerade tun wollten.« Das Glühen in seinen Augen war der beste Beweis dafür, dass er es nicht vergessen hatte.
Sie schauderte wohlig bei dem Gedanken daran. »Ich habe es auch nicht vergessen.«
Aber es stand zu befürchten, dass er seine sexuellen Bedürfnisse vorerst hintanstellen müsste. Ein wirklich enttäuschender Gedanke.
»Bist du ganz sicher, dass du mich hierhaben willst?«, fragte sie.
»Ja.« Er drückte ihr rasch einen Kuss auf den Mund.
»Igitt!«
Faith befreite sich hastig aus Ethans Umarmung.
Tess stapfte herein und brummte: »Nehmt euch gefälligst ein Zimmer.«
»Entspann dich, Kleine«, schnaubte Ethan.
»Hast du fertig gegessen?«, fragte Faith.
Tess kaute ein wenig an ihren Nägeln herum, ehe sie antwortete.
»Ja.«
»Hast du deinen Teller und das Besteck in die Spüle gestellt?«, hakte Faith automatisch nach.
Tess stemmte die Hände in die Hüften und legte den Kopf schief. »Nein. Ich habe ihn auf dem Tisch stehen lassen, genau wie ihr. Ihr wollt mir doch nicht ernsthaft weismachen, dass es in einer solchen Villa kein Hausmädchen gibt, oder?«
Ethan atmete tief durch.
Zumindest hielt er sich zurück und legte eine gehörige Portion Geduld an den Tag. Die würde er auf lange Sicht auch brauchen.
Als es gleich darauf an der Tür klingelte, wechselte Ethan einen vielsagenden Blick mit Faith.
»Bin sofort wieder da«, sagte Ethan und ging zur Tür.
Faith drehte sich zu Tess um. »Das sind wahrscheinlich deine Brüder«, erklärte sie. »Du hast nämlich noch zwei weitere.«
»Is ja toll.« Tess verschränkte die Arme und schaute sich um. »Warum zum Teufel ist dieser Schuppen eigentlich so leer? Man kommt sich ja vor wie in einem Museum.«
Faith biss sich in die Wange. »Ethan ist gerade erst eingezogen.«
»Und? Hat er das ganze Geld für das Haus ausgegeben und kann sich jetzt keine Möbel mehr leisten?« Tess begann wieder an ihren Nägeln herumzukauen.
Faith bemerkte, dass der schwarze Nagellack schon ziemlich abgesplittert war. Reizend.
»Ähm, Faith … « Ethan stand in der Tür, seine beiden Brüder warteten hinter ihm. »Könntest du hier die Stellung halten?«, bat er sie. »Ich möchte zuerst mit ihnen reden.«
Sie nickte und setzte ein strahlendes Lächeln auf. »Aber klar doch.«
»Du hast etwas gut bei mir«, flüsterte er ihr lautlos zu, und sie grinste bei der Vorstellung, wie genau er sich erkenntlich zeigen konnte.
* * *
Ethan führte seine Brüder in die Küche, die abgesehen von seinem Zimmer der einzig möblierte Raum im Haus war. Die Atmosphäre war angespannt, aber im Nebenzimmer befand sich ein Kind, um dessentwillen sie sich zusammenreißen und zusammenraufen mussten.
Er biss die Zähne zusammen, zählte bis zehn und drehte sich dann zu seinen Brüdern um.
»Was gibt es denn so Wichtiges, dass wir stante pede kommen mussten?«, wollte Nash, der mittlere der drei Brüder, wissen.
Im Gegensatz zu Dare, der wie Ethan das dunkle Haar seines Vater geerbt hatte, kam Nash mit seinen blonden Haaren und dem hellen Teint eher nach ihrer Mutter.
Ethan legte die Hände auf eine Stuhllehne und sah seine Brüder an. »Ich werde nicht lang um den heißen Brei herumreden, also: Die Kleine nebenan heißt Tess, und ich habe soeben erfahren, dass sie unsere Schwester ist.«
Die beiden Männer musterten Ethan, als hätte er den Verstand verloren. Wahrscheinlich lagen sie damit gar nicht so falsch, nach allem, was während der vergangenen Stunde geschehen war.
»Erinnert ihr euch an Lea Moss, Dads Sekretärin?«, fragte Ethan.
Nash nickte.
»Vage«, meinte Dare. Kein Wunder, er war der Jüngste und hatte damals wohl am wenigsten mitbekommen.
»Laut der Frau, die Tess bei mir abgeliefert hat, und laut
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