Ich Will Ihren Mann
vorbeigekommen, um mir dein neues Gesicht vorzuführen?«
»Na ja...« Sie zögerte. »Das war einer der Gründe. Um vier war ich mit meinem letzten Kurs fertig, dann hab' ich bei Saks reingeschaut, und da ich schon mal in der Nähe war, hab' ich mir gedacht, ich spring' schnell vorbei und führ' dir die Verwandlung vor. Vielleicht kann ich bei der Gelegenheit meinen stets blendend aussehenden Mann dazu überreden, seine frisch renovierte Frau zum Essen einzuladen.«
»O Lilli...«
»Bitte, David, sag nicht nein. Wir könnten zu Winston gehen, das ist doch gleich gegenüber. Es wird bestimmt nicht lange dauern.«
»Aber Lilli, schau dir bloß mal meinen Schreibtisch an. Siehst du denn nicht, daß ich förmlich in Akten ertrinke?«
»Auf deinem Schreibtisch herrscht doch immer das reinste Chaos.«
»Es geht nicht, Spätzlein. Tut mir leid, aber ich schaff's wirklich nicht.«
»David, es ist wichtig. Ich muß unbedingt mit dir reden.« Es klopfte, gleich darauf öffnete sich die Tür, und herein trat Nicole Clark, schön wie eine Filmreklame. »Oh, Verzeihung«, wandte sie sich hastig an David. »Ich dachte, Sie wären allein. Wie geht's Ihnen, Lilian?« Plötzlich brannte das Make-up auf ihrer Haut wie eine Säure, und Lilian kam sich vor wie der ausgediente Clown, den man gewaltsam aus der Manege drängt, sobald die Große Nummer angesagt ist. Von Davids neuer Kolleginkönnte Mr. Claridge noch was lernen, schoß es ihr durch den Kopf, ehe sie sich einen Ruck gab und mit gespielter Munterkeit Nicoles Gruß erwiderte. »Danke, ich fühl' mich ganz ausgezeichnet. Ich möchte Ihnen noch nachträglich zu Ihrem Examen gratulieren und natürlich zu Ihrem Eintritt in die Firma.« »Oh, vielen Dank«, sagte Nicole herablassend. »Ich war wahnsinnig aufgeregt. Wie gut, daß Ihr Mann dabei war, ich hatte seinen Beistand wirklich nötig.« »So 'n Rückhalt tut uns allen gut«, lächelte Lilian. Sie wollte noch etwas hinzufügen, doch David kam ihr zuvor. Sie war von seinen Worten nicht wenig überrascht. »Meine Frau und ich gehn schnell mal weg zum Essen«, erklärte er der Jüngeren. »Dauert höchstens 'ne Stunde. Müssen Sie was Dringendes mit mir besprechen, oder hat's Zeit bis morgen? Das heißt, falls Sie noch im Büro sind, wenn ich zurückkomme, könnten wir auch heut' abend...«
Lilian war darauf gefaßt, daß Nicole antworten würde: »Ich bin bestimmt noch da.« Doch statt dessen hörte sie, wie die andere sagte: »Nein, ich geh' heim. Ich bin müde, und das hier kann warten. Ist sowieso nichts Wichtiges. War nett, Sie wiederzusehen, Lilian. Guten Abend.« David hatte also wirklich Wort gehalten und mit ihr gesprochen. Das war der Beweis. Ich hätte gleich anfangs zustimmen sollen, als er sie zur Rede stellen wollte, dachte Lilian, als David ihren Arm nahm und sie aus dem Büro führte. Das hätte mir monatelange Sorgen erspart.
Sie saßen sich gegenüber und stocherten in ihrem Salat herum.
»Also nun aber raus damit«, sagte David energisch. »Wir haben jetzt alles besprochen, vom Wetter über Mr. Claridge bis zu deinen Studenten. Willst du mir nicht endlich verraten, was los ist? Ich meine, du hattest 'nen interessanten Tag, zugegeben«, fuhr er lächelnd fort. »Aber was du
mir bis jetzt erzählt hast, würde ich denn doch nicht als wichtig bezeichnen.« Er langte über den lisch und griff nach ihrer Hand. »Das soll natürlich nicht heißen, ich fände es unwichtig, dich zu sehen, im Gegenteil. Ich bin froh, daß ich mich bezirzen ließ, mit meiner verführerischen Frau zu essen.«
Lilian lächelte glücklich. Dieses Make-up war doch 'ne gute Idee. Auch wenn sie das Gefühl hatte, mit dem Gesicht einer anderen herumzulaufen. Es war immerhin ein Gesicht, das David zu gefallen schien. »Irving hat mich angerufen«, sagte sie und spießte ein paar Salatblätter auf die Gabel.
»Oh! Und was hat er gewollt?« Das Interesse klang echt. »Die Anstalt startet 'n neues Nachrichtenmagazin. Vorläufig nur 'ne Pilotsendung. Aber wenn's ankommt, nehmen sie's Mitte der Saison fest ins Programm.« »Und was ist das für 'ne Sendung?« »So 'ne Art lokaler Variante von ›Sechzig Minuten‹. Soll ›Chicagos Stunde‹ heißen. Wegen der Assoziationsmöglichkeiten.«
»Sehr gut ausgedacht.«
»Ja, nicht? Ich glaub', die einzelnen Beiträge sollen sich fast ausschließlich mit Chicago befassen. Jedenfalls hab' ich den Eindruck, denn er sagte, es sei 'ne Sendung über Chicago und die Probleme in unserer Stadt und
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