Ich Will Ihren Mann
vorstellen, daß Beth sich ausgenutzt fühlen würde«, sagte sie.
David schüttelte den Kopf. »Nein, wahrscheinlich nicht. Vielleicht paßt es ihr sogar gut in den Kram. Dir ist natürlich klar«, fuhr er nach einer kurzen Pause fort, »daß kein Anwalt der Welt sie in dieser Sendung auftreten lassen würde.«
»Aber sicher«, gab Lilian hastig zu. Sie war froh und erleichtert, daß sie wenigstens in einem Punkt übereinstimmten. »Das würde ich auch nie verlangen. Wenn ich Irving richtig interpretiere, dann soll sich der Schwerpunkt des Beitrags ohnehin auf die moralischen und juristischen Gesichtspunkte der Tat konzentrieren und den Blickwinkel auf Beths Motiv für den Mord richten.« »Wird ja immer schöner«, murmelte David sarkastisch. Lilian merkte auf einmal, daß sie beide ihr Essen nicht angerührt hatten. »Wie ich sehe, hast du dich schon entschieden.«
Lilian schüttelte den Kopf, doch David ließ ihr keine Zeit zu widersprechen.
»Wem willst du eigentlich was vormachen, Lilli? Dein Entschluß stand doch schon fest, bevor du zu mir ins Büro kamst. Und wenn du das Gegenteil behauptest, dann betrügst du dich nur selbst.« Er schob seinen Teller zur Seite. »Es ging dir gar nicht drum, meine Meinung zu hören. Was du willst, ist Absolution. Wenn's nach dir ginge, sollte ich sagen: Los doch, benutze mich und meine Kanzlei und all unsere Bekannten. Nur zu, ruiniere auch noch den letzten Funken guten Rufs, der einem ehrenhaften Mann geblieben ist. Was du auch tust, ich steh' hundertprozentighinter dir. Aber das kann ich nun mal nicht. Ich bin dagegen, und ich möchte nicht, daß du da mitmachst.« Über den Tisch hinweg starrten sie sich an. Als Lilian endlich sprach, kam ihre Stimme von weit her. »Und wenn ich mich nun doch dafür entscheide?« fragte sie. »Ich meine, ich bin fest davon überzeugt, daß ich's fertigbrächte, allen Beteiligten gegenüber fair zu sein, und bestimmt würde ich Als Andenken nicht beschmutzen ...« »Wach doch auf, Lilli«, herrschte David sie an. »Hör endlich auf, dir was vorzumachen!« »Aber das tu ich doch gar nicht«, protestierte sie. »Tja, wenn das so ist, dann bist du vielleicht zu naiv fürs Fernsehen.« Er stand auf. »Aber wie dem auch sei, du wolltest wissen, was passiert, wenn du's trotzdem tust. So ähnlich war doch die Frage, nicht wahr? Nun, die Antwort lautet: Wir müßten beide lernen, mit dieser Entscheidung zu leben.«
»Was soll das heißen?«
»Genau das, was ich gesagt hab'«, antwortete er und blätterte drei Zehndollarscheine auf den Tisch. »Du, ich muß zurück ins Büro. Es hat keinen Sinn, noch länger über die Geschichte zu streiten. Laß dir Zeit und iß in Ruhe fertig. Ich komm' heut' abend später.« Er beugte sich zu ihr hinunter und küßte sie auf die Stirn. »Du brauchst nicht aufzubleiben«, sagte er.
Lilian blieb sitzen und starrte auf ihren Teller. Ihr war der Appetit vergangen.
»Schmeckt es Ihnen nicht?« erkundigte sich der Kellner nach einer Weile.
»Doch, doch, das Essen ist ausgezeichnet«, versicherte sie. »Aber ich fühl' mich nicht ganz wohl.« »Oh, das tut mir aber leid«, sagte der Kellner mit aufrichtigem Bedauern. »Möchten Sie vielleicht Tee?« Lilian schüttelte den Kopf. »Nein, vielen Dank«, erwiderte sie.
23
Lilian hätte nicht mit Bestimmtheit sagen können, zu welchem Zeitpunkt ihr klar geworden war, daß ihr Mann eine Affäre mit Nicole Clark hatte. Sie wußte lediglich, daß es so war und daß sie damit leben mußte. In der Pause zwischen ihren beiden Vormittagskursen saß sie im Aufenthaltsraum und versuchte, sich auf die Morgenzeitung zu konzentrieren. In einer Pension hatte man zwei Männer und drei Frauen erstochen aufgefunden. Die Polizei vermutete, daß die Opfer aus der Drogenszene stammten. Ein Mann hatte seine Frau und seine beiden Kinder umgebracht. Bei der Vernehmung behauptete er, Christus habe ihm in der Nacht zuvor im Traum den Befehl zu der Tat gegeben. Ein Ehemann, dessen Eifersucht an Wahnsinn grenzte, hatte seine Frau erschossen, weil er glaubte, sie hätte dem Postboten zu freundlich zugelächelt. Lilian blätterte um. Eine Frau war zu zwei Jahren Haft verurteilt worden, weil sie ihrem Baby den Schädel eingeschlagen hatte. Ein Ehepaar, dessen drei Kinder unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen waren, sagte vor Gericht aus, sie hielten sich für ausgezeichnete Eltern und hätten die Absicht, so lange Kinder in die Welt zu setzen, wie Gott ihnen welche
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