Ich Will Ihren Mann
Tür. Es verging ein Monat, ehe er anrief, um ihr mitzuteilen, daß er seine Frau um die Scheidung gebeten habe. Elaine hatte mit der Drohung reagiert, sie werde ihm den letzten Pfennig abknöpfen.
Lilian drehte an der Lüftung, bis der Luftstrom direkt aufihren Hals gerichtet war.
»Geht's dir jetzt besser?«
»Mir wird's erst besser gehn, wenn ich aus diesem Kleid'raus bin und den verdammten Fetzen verbrannt hab'.«
»Wenigstens haben sie ihn nun begraben.« »Gott sei Dank! Nachdem ja heute alles schiefzugehen schien, hätt's mich nicht gewundert, wenn ihnen zur Krönung des Ganzen der Sarg runtergefallen wär'.« David lachte. »Das war ein Tag«, seufzte er kopfschüttelnd. »Mir kam das alles so unwirklich vor.« »Mir ging's genauso.«
»Al ist wirklich tot«, sagte David wie zu sich selbst. »Wir waren dabei, als sie ihn in die Erde legten.« »Wir haben nur gesehen, wie sie einen Sarg hinunterließen«, korrigierte Lilian. »Al ist vielleicht immer noch an der Tankstelle von vorhin. Womöglich haben die ihm 'nen Job angeboten. Schneller als dieser lahme Mechaniker würde er selbst in seinem Zustand noch arbeiten.« David lachte auf. Dann fädelte er sich plötzlich ungeachtet des dichten Verkehrs auf der mehrspurigen Straße nach rechts ein und hielt am Fahrbahnrand. Sie waren nur noch wenige Minuten von ihrer Wohnung entfernt. »Warum halten wir?« fragte Lilian verblüfft. Einen Augenblick lang sah sie hilflos zu, wie Davids Lachen in Weinen überging. »O David«, flüsterte sie schließlich, legte die Arme um seinen Nacken und preßte den Kopf an seine Schulter. Auf einmal stiegen auch ihr die Tränen in die Augen. Eine Weile saßen sie ganz still nebeneinander und weinten um den Mann, den sie beide so geliebt und bewundert hatten.
Endlich löste David sich aus ihrer Umarmung, richtete sich auf und trocknete sich die Augen. »Tut mir leid«, sagte er.
»Was denn, um Himmels willen?«
Er schüttelte den Kopf. »Einfach alles. Daß ich so 'n Spießer bin und dir dieses blöde Kleid aufgezwungen hab'...« »Ist schon gut.«
»Nein, ist es nicht. Guck dich doch bloß mal an!« »Bitte erinnere mich nicht dran, wie ich ausseh'! Ich will's gar nicht wissen.«
»Siehst du? Schon wieder! Ich brauch' nur den Mund aufzumachen, und schon tu ich dir weh.« »Aber das stimmt doch gar nicht. Schau, ich fühl' mich fabelhaft. Oder doch zumindest mittelprächtig. Sagen wir, ich fühl' mich mittelprächtig.«
Er beugte sich über sie und gab ihr einen Kuß. »Du bist so lieb, und ich? Ich bin 'n richtiges Scheusal.« »Lobenswerte Selbsterkenntnis. Ist dir das erst jetzt aufgefallen?« Sie küßte ihn auf die Wange. »Komm, fahr los. Wir wollen nach Hause. Ich werd' mein Kleid verbrennen; wir nehmen zusammen ein Schaumbad und legen uns ins Bett. Was hältst du davon?«
Er nickte wortlos und drehte den Zündschlüssel um. Der Wagen sprang an, und in einträchtigem Schweigen fuhren sie bis zu ihrem Apartmenthaus.
Wenige Minuten später hielt David auf ihrem Stellplatz in der riesigen Tiefgarage. Doch er machte keine Anstalten auszusteigen, sondern blieb reglos mit gesenktem Kopf sitzen, so als sei er völlig in Gedanken versunken. Lilian spürte, daß er ihr etwas sagen wollte, und da sie annahm, es sei dringender als ihr Wunsch, das gräßliche Kleid auszuziehen, wartete sie geduldig. »Was ist los?« fragte sie endlich.
Schweigen. Nach einer Weile begann er zögernd: »Ich muß mich noch für was anderes bei dir entschuldigen.« Lilian hielt den Atem an und dachte angstvoll an Nicole Clark. Gab es da noch was, außer diesem Mittagessen, das er ihr verschwiegen hatte? Bitte, behält's für dich, betete sie stumm. Ich will's nicht wissen. »Ich finde, du hast dich heute schon genug entschuldigt«, flüsterte sie mühsam. »Aber dafür nicht.« »David...«
»Ich meine das wegen deiner Arbeit, die Uni...« »Was?«
»Na ja, weil ich doch so blöd reagiert hab', als du mir klarmachen wolltest, wie unglücklich du da bist.«
»Wie hast du denn eigentlich reagiert?« »Siehst du, genau darum geht's. Ich hab' nämlich strenggenommen überhaupt nicht reagiert. Ich hab' dir geraten, die Zähne zusammenzubeißen und dich durchzuboxen. Oder irgend so 'n Quatsch. Ausflüchte. Mit Standardratschlägen hab' ich dich abgespeist, und dabei war alles, was du brauchtest, 'n bißchen Trost und Verständnis. Zum Kuckuck, Lilli, wenn du meinst, daß du an der Uni unglücklich bist, dann solltest du die Stelle aufgeben.
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