Ich will nur dein Glück: Roman (German Edition)
nicht so aussahen, als hätte der Herrgott sie geschaffen. Vielleicht hatte sie mit ihren künstlichen Reizen ja früher etwas hergemacht, aber viel war davon inzwischen nicht mehr übrig. Und von innerer Schönheit konnte man in Anbetracht des Verhaltens, das sie ihren Töchtern gegenüber an den Tag gelegt hatte, wohl auch kaum sprechen.
»Ich kann nicht nach Hause gehen«, beharrte Leah. »Erst müssen wir uns unterhalten.«
Kelly hätte sie ausgelacht, wenn die ganze Angelegenheit nicht so niederschmetternd gewesen wäre. Außerdem konnte sie sich kaum noch auf den Beinen halten. Dass ihre Mutter hier auftauchen würde, damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Dabei hätte sie es sich eigentlich denken können, als sie gehört hatte, in wessen Auftrag der Detektiv gekommen war.
Leah war impulsiv und egoistisch, und sie dachte nur an sich und ihr eigenes Wohl. »Was willst du?«, fragte Kelly erneut.
Sie wollte sie möglichst rasch wieder loswerden, nicht nur, weil sie selbst ihre Gegenwart kaum ertrug, sondern auch, um Nash und Ethan die Anwesenheit der Frau zu ersparen, die die Geliebte ihres Vaters gewesen war.
»Ich finde nicht, dass wir dieses Gespräch vor ihnen führen sollten.« Leah deutete auf die Brüder, ohne ihnen in die Augen zu sehen.
»Warum nicht?«, fragte Kelly. »Es geht hier schließlich nicht um mich, sondern um Tess. Und sie ist auch ihre Schwester. Oder hast du schon vergessen, dass du mit ihrem Vater geschlafen hast?«
»Kelly!«, rief Leah entsetzt und starrte sie mit offenem Mund an.
Kelly verdrehte die Augen. »Tu doch nicht so, als würdest du dich dafür schämen! Dafür ist es reichlich spät, nicht?«
Leah hob widerstrebend den Kopf und sah von Nash zu Ethan.
Einen Augenblick herrschte verlegenes Schweigen.
»Ihr habt beide das gute Aussehen eures Vaters geerbt«, sagte Leah schließlich.
Nash erwiderte nichts darauf, und auch Ethan starrte sie nur finster an.
»Kelly, bitte, wir müssen uns allein unterhalten.«
Kelly schüttelte verwirrt den Kopf. Sie wusste, dass ihre Mutter das Sorgerecht für Tess wollte, sie konnte sich bloß nicht erklären, weshalb. Warum hatte sie urplötzlich einen Mutterinstinkt entwickelt, und wie spielte ihr neuer Ehemann in die Sache mit hinein? Kelly konnte es kaum erwarten, es zu erfahren, aber sie würde den Teufel tun und das Wort Sorgerecht in den Mund nehmen, ehe Leah es tat.
»Nash und Ethan bleiben hier«, beharrte sie.
Nash lockerte demonstrativ die Schultern. »Wir gehen nirgendwohin.«
Ethan musste sich nicht weiter äußern; sein finsteres, entschlossenes Gesicht sagte alles.
»Euer Vater hat euch Jungs geliebt«, sagte Leah zu ihrer aller Verblüffung aus heiterem Himmel.
Kelly schnappte überrascht nach Luft und sah zu Nash, der zusammengezuckt war, aber nichts darauf erwiderte.
»Wenn ihr Vater sie so sehr geliebt hat, dann hätte er ihre Mutter nicht betrügen sollen«, knurrte Kelly.
Leah stampfte frustriert mit dem Fuß auf. »Darauf läuft immer alles hinaus, nicht?«
Bestimmt würde sie gleich explodieren. Kelly, die das oft genug miterlebt hatte, rüstete sich innerlich. »Worauf?«, fragte sie.
»Darauf, dass ich eine Affäre hatte. Du hast mich stets verachtet, weil ich mich mit Mark Barron eingelassen habe.«
»Weil er verheiratet war! Du hast wissentlich mit einem Mann geschlafen, der eine Frau und drei kleine Kinder hatte!«
Kelly registrierte vage, dass sich Nash und Ethan rechts und links von ihr aufgebaut hatten. Die ganze Situation war für die beiden genauso peinlich und unerquicklich wie für sie selbst.
Leah trat einen Schritt auf sie zu und fuchtelte ihr mit dem Zeigefinger vor der Nase herum. »Gott, was bist du nur für eine selbstgerechte Heuchlerin! Dabei warst du kein bisschen besser als ich, als du mit Ryan Hayward geschlafen hast«, zeterte sie.
Ihre Worte trafen Kelly wie ein Schlag ins Gesicht. »Ryan war damals bereits offiziell von seiner Frau getrennt«, presste sie zwischen den Zähnen hervor. »Ich habe mir wohlweislich die Scheidungspapiere von ihm zeigen lassen, ehe ich eine Beziehung mit ihm eingegangen bin, weil ich auf gar keinen Fall so werden wollte wie du.« Sie zitterte vor Wut und Kränkung.
Ihre Mutter war damals noch bei ihnen gewesen, und sie hatte sich abgesetzt, noch während Kelly versucht hatte, das Ende der Affäre und den Kummer über Ryans Verrat zu verarbeiten. Nicht, dass sich Leah auch nur einen Deut um die Gefühle ihrer älteren Tochter geschert
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