Ich will nur dein Glück: Roman (German Edition)
du es dann nicht?« Tess rührte in ihrem schmelzenden Eis und wich ihrem Blick aus.
»Weil ich voll und ganz davon überzeugt bin, dass dich Ethan liebt, dass er dich gern bei sich hat und dass er alles in seiner Macht Stehende tun wird, um dich zu behalten. Und Faith ebenfalls. Und mal ganz ehrlich – würdest du wirklich lieber in meiner winzigen Einzimmerwohnung hausen als in seiner Villa?«
Kelly wartete gespannt ab. Falls Tess ihre Frage mit Ja beantwortete, würde sie noch heute Abend ihren gesamten Kram holen und zu sich nach Hause transportieren.
»Bist du auch nicht beleidigt, wenn ich dir die Wahrheit sage?«, fragte Tess.
»Also, mal ganz abgesehen davon, dass das das erste Mal wäre, dass du deine Meinung nicht ungefragt herausposaunst – nein, natürlich nicht. Also, schieß los.«
»Okay, ja, ich finde es schön, bei Ethan und Faith zu wohnen, wo ich mein eigenes Zimmer habe und Freundinnen zu Besuch kommen können. Es ist immer jemand da, wenn ich von der Schule nach Hause komme, und dich vermisse ich auch nicht allzu schlimm, weil wir uns so oft sehen.«
»Natürlich, dafür sorge ich schon.« Kelly legte den Kopf schief. »Dann glaubst du mir also, dass Faith und Ethan dich gern bei sich haben?«
Tess nickte. »Es ist bloß so … «
»Dass die Menschen, die dir nahe waren, dich immer wieder enttäuscht haben, und deshalb hast du Angst, ihnen zu vertrauen.«
Tess musterte sie anerkennend. »Wie kommt es, dass du genau weißt, was in mir vorgeht?«
Kelly lachte. »Ich bin eben älter und klüger als du.«
Und als Tess die Augen verdrehte und grinste, wusste Kelly, dass sie den schwierigsten Teil des Nachmittags hinter sich gebracht hatte.
»Und warum bist du dann nicht mehr mit Nash zusammen?«
Kelly hätte sich beinahe an ihrem Eis verschluckt. So viel zum Thema »den schwierigsten Teil des Nachmittags hinter sich gebracht«.
»Weil es vorkommen kann, dass zwei Menschen, die sich gern haben, in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht haben, was sich dann auf ihr Verhalten in der Gegenwart auswirkt.« Kelly nickte, zufrieden mit dieser Erklärung. »Verstehst du?«
Tess schüttelte den Kopf. »Nö.«
Kelly seufzte.
»Einen wunderschönen Nachmittag, die Damen.«
Kelly straffte die Schultern, als sie Nashs sexy Stimme vernahm.
»Hey, Nash! Über dich haben wir gerade geredet.« Tess war schon wieder ganz die Alte – eine neugierige, vorlaute Vierzehnjährige, die gern Mist baute.
»Ah, ja?« Nash zog einen der weißen Eisenstühle heran, drehte ihn um und setzte sich rittlings darauf. »Erzähl mal.«
»Du sagst keinen Ton«, befahl Kelly ihrer Schwester und zog einen Zehner aus der Tasche. »Hier, hol dir ein neues Eis. Das hier ist ja inzwischen geschmolzen.« Sie wedelte Tess mit dem Geldschein vor der Nase herum.
Tess sah von Kelly zu Nash – und schnappte sich den Zehner.
»Bring mir doch bitte eine Flasche Wasser mit, ja?«, bat Kelly sie.
Tess spähte zur Kasse. »Da stehen massenhaft Leute an«, klagte sie.
»Los, los!«
Tess marschierte zum Tresen.
»Das hast du jetzt aber elegant gelöst«, spottete Nash grinsend.
»Nicht wahr? Sie wird uns ein paar Minuten alleinlassen. Mission erfüllt.«
Er lachte, und Kelly hätte beinahe vergessen, dass sie Schluss gemacht hatten. Aber nur beinahe.
Nash schien gerade von der Arbeit zu kommen – er trug einen marineblauen Nadelstreifen-Anzug und eine gemusterte Krawatte in Pastelltönen, und er sah gut darin aus. Umso mehr schmerzte Kelly die Distanz, die zwischen ihnen herrschte.
»Gibt es etwas zu feiern?«, fragte er und deutete auf Tess’ Eisbecher.
»Nein. Ich habe Tess von der Schule abgeholt, weil ich mit ihr über Leah reden und herausfinden wollte, was sie von der ganzen Sache hält.«
Nash nickte. »Und, hat sie es einigermaßen gut verkraftet?«
Kelly war ihm dankbar dafür, dass er sich auch jetzt, da sie kein Paar mehr waren, um einen freundlichen Umgangston bemühte, selbst wenn es nur wegen Tess war. Schließlich standen ihnen endlose Jahre mit zahlreichen Familienfeiern bevor. Ihr graute schon bei dem Gedanken daran.
»Sie wird damit klarkommen, wenn erst einmal alles rechtlich geregelt ist. Solange noch alles in der Schwebe ist, wird sie an den Gefühlen ihrer Mitmenschen zweifeln.«
Wut blitzte in seinen Augen auf, doch er riss sich am Riemen. »Echt furchtbar, dass sie in ihrem Alter mit einem derartigen Gefühlschaos fertigwerden muss.«
»Gegen Kummer oder Enttäuschung ist niemand
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