Ich will nur dein Glück: Roman (German Edition)
die Zeugenaussage hinter sich hatte und die Sorgerechtsstreitigkeiten hoffentlich beigelegt waren, konnte sie sich wieder auf das besinnen, was ihr im Leben wichtig war.
Und Nash hoffte und betete, dass er auch dazugehörte. Denn er wollte, dass sie wieder ein Teil seines Lebens wurde.
Am Tag ihrer Zeugenaussage schien die Sonne. Kelly brach zeitig nach Manhattan auf – sie wollte eine Stunde vor ihrem Termin da sein, damit sie noch mit ihrem Anwalt sprechen konnte. Wenn sie den heutigen Tag heil überstehen wollte, musste sie vor der Konfrontation mit Ryan und seiner Frau all ihre anderen Probleme ausblenden.
Sie verdrängte den Gedanken an Ethan, der mit Leah und ihrem neuen Angetrauten um Tess stritt, sie verdrängte den Gedanken an Tess und ihre Ängste, und vor allem verdrängte sie jegliche Gedanken an Nash.
Letzteres fiel ihr am schwersten. Er hatte sich gestern so liebenswürdig und fürsorglich verhalten. Hatte sich nicht bloß entschuldigt, sondern ihr auch das Gefühl gegeben, dass er sich endlich von der Wut befreit hatte, die ihn bislang stets begleitet hatte. Aber Kelly war zu sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt gewesen, um das Gespräch zu vertiefen, zumal auch noch Tess in der Nähe gewesen war.
Ihr Handy klingelte, und sie schaltete die Freisprechanlage ein und ging ran. Es war Annie, die ihr alles Gute wünschen wollte.
Nicht zuletzt dank Annies Anruf verging die Zeit wie im Flug, wie so oft vor einem unerfreulichen Ereignis. Kelly hatte sich mit ihrem Anwalt in einem Café unweit des Gebäudes, in dem die Anhörung stattfinden sollte, verabredet.
Sie hatte ihn gegoogelt und erkannte ihn sogleich. Mitchell Yale war auf Familienrecht spezialisiert. Er war zwar noch recht jung, aber trotzdem erfahren. Er hatte dunkelbraune Augen und wirkte attraktiv, obwohl sein Haar bereits etwas schütter wurde. So manche Klientin hätte ihn zweifellos sexy gefunden und sich gern an seinen breiten Schultern ausgeweint.
Doch nicht so Kelly, die nach wie vor unter der Trennung von Nash litt.
Yale bat sie, ihn Mitch zu nennen und schärfte ihr ein, sich strikt an die Wahrheit zu halten und sämtliche Fragen möglichst knapp und ohne unnötige Ausführungen zu beantworten. Am besten sei es, nur mit Ja oder Nein zu reagieren und lediglich dann mehr zu sagen, wenn sie explizit dazu aufgefordert wurde. Er warnte sie außerdem vor Gesprächen mit Ryan oder seiner Ex in spe, weil alles Gesagte protokolliert wurde.
Es klang so einfach, aber Kelly wusste dank ihrer Arbeit aus Erfahrung, dass es alles andere als einfach werden würde, und ihr heftig pochendes Herz bestätigte ihre Befürchtung.
Als sie den Konferenzraum betrat, spürte sie die Blicke aller anderen Anwesenden auf sich ruhen. Sie trug einen schlichten schwarzen Rock, eine zartrosa Bluse und eine Perlenkette. Ja, sie sah aus wie die Unschuld selbst. Und nein, es interessierte sie nicht die Bohne, was die anderen von ihr dachten. Sie wollte diesen Tag einfach nur hinter sich bringen. Es machte sie ganz krank und erfüllte sie zugleich mit Scham, dass sie mit ihrer Aussage einen Einfluss darauf nehmen konnte, wie die Scheidung eines Paares, mit dem sie nichts mehr zu tun hatte, verlaufen würde. Doch das durfte sie sich nicht anmerken lassen.
Man hatte die Sitzordnung nach strategischen Gesichtspunkten festgelegt. Doreen Hayward saß neben ihrem Anwalt, den beiden gegenüber saßen Ryan und dessen Anwalt. Am Kopfende des Tisches thronte, dem ernsten Anlass entsprechend, ein Gerichtsstenograf. Kelly erlebte alles wie in Trance. Sie registrierte vage die bösen Blicke, die Doreen ihr zuwarf, und hatte den Eindruck, dass Ryan versuchte, ihre Aufmerksamkeit zu erregen, doch sie konzentrierte sich ganz auf die Fragen, die man ihr stellte, wie ihr Anwalt es ihr geraten hatte.
Es wurde genauso schlimm, wie sie es sich vorgestellt hatte. Doreens Anwalt hatte Erkundigungen über Kellys Familiengeschichte eingezogen und erwähnte die Tatsache, dass sie früh den Vater verloren hatte. Er wollte wissen, ob sie Tess großgezogen hatte und deutete an, sie sei auf der Suche nach einem Vaterersatz gewesen. Dies habe sie wohl bewogen, für einen Escortservice tätig zu werden und sich mit Ryan einzulassen. Kelly argumentierte, sie habe nur ein einziges Mal für besagten Escortservice gearbeitet, doch ihr Anwalt tippte ihr auf den Arm und ermahnte sie, sich nicht weiter dazu zu äußern.
Ryans Anwalt wiederum unterstellte Kelly im Grunde, sie habe als
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