Ich will nur dein Glück: Roman (German Edition)
Geheimniskrämerei ein Dorn im Auge.
Aber er hatte es satt, immer der Zyniker unter den Barron-Brüdern zu sein. Er hatte sich mit Kelly eingelassen und beschlossen, es zu genießen, was auch immer es war, und er war nicht gewillt, die Sache einfach zu beenden, nur weil er das Gefühl hatte, dass sie ihm irgendein Problem verschwieg.
Kapitel 9
Zu seiner Überraschung gestaltete sich das Abendessen mit Kelly und Tess äußerst harmonisch, denn seine kleine Schwester war zur Abwechslung tatsächlich einmal freundlich zu ihm. Vielleicht trugen seine Bemühungen, ihr zu zeigen, dass er ein netter Kerl war, ja nun doch endlich Früchte. Den Gedanken, dass er sich ihre Zuneigung im Grunde erkauft hatte, verdrängte er lieber. Es war schön, in friedlicher Atmosphäre mitihrzu speisen.
Seine Gastgeberinnen unterhielten ihn mit allerlei amüsanten Anekdoten über ihre Zeit in New York City. Tess erzählte, Kelly habe mit schöner Regelmäßigkeit das Frühstück anbrennen lassen, selbst das Toastbrot, und Kelly revanchierte sich mit einer Geschichte über ein Kätzchen, das Tess einmal heimlich mit nach Hause genommen hatte.
Bald hatte Kelly ganz rote Wangen, und ihr Gelächter wirkte so echt und aufrichtig, dass Nash eine seltsame Melancholie überkam. Genau das war es, was ihm nach dem Tod seiner Eltern gefehlt hatte – diese langjährige Vertrautheit, das Gefühl, irgendwohin zu gehören.
»Hattest du früher auch mal ein Haustier, Nash?«, erkundigte sich Tess ahnungslos.
Kelly hielt vor Schreck die Luft an, als ihre Schwester das heikle Thema seiner Kindheit anschnitt.
»Ja, ich hatte einen Hund namens Lucifer.«
»Lucifer?«, wiederholte Tess erstaunt. »Wie bist du denn auf den Namen gekommen?«
»Er war eben ein richtiger Satansbraten. Ständig hat er die Mülltonne unserer Nachbarn umgeworfen oder ihre Rosenbüsche ausgegraben«, berichtete Nash und schüttelte bei der Erinnerung daran grinsend den Kopf. Seltsam, er hatte seit Jahren nicht an Lucifer gedacht.
»Was ist aus ihm geworden?«, wollte Tess wissen.
Nash hatte plötzlich einen Kloß im Hals. »Das weiß ich nicht.« Genau deshalb hatte er ja auch jahrelang nicht an seinen Hund gedacht. Er hatte es sich nicht gestattet.
»Wieso denn nicht?«, hakte Tess nach.
»Sei nicht so neugierig, Tess«, ermahnte Kelly sie leise.
»Nein, lass sie nur.« Er musste darüber reden, sonst fühlte sich Tess ausgeschlossen, und er musste wieder bei null anfangen. »Du weißt doch Bescheid über den Tod unseres Vaters … meiner Eltern.«
Tess nickte mit großen Augen und hielt zur Abwechslung einmal ihr vorlautes Mundwerk.
»Und du weißt auch, dass Ethan die Stadt verlassen hat.« Nash schluckte die Bitterkeit hinunter, die in ihm aufstieg.
Wieder nickte Tess.
Kelly saß schweigend daneben und lauschte ihm, eine stumme moralische Stütze.
»Nun, Dare und ich kamen zu zwei verschiedenen Pflegefamilien.«
»Und Lucifer?«
»Ich weiß nicht, was mit ihm passiert ist. Ich glaube, er ist ins Tierheim gekommen.« Nash rieb sich den Nasenrücken.
Er brachte es nicht übers Herz, ihr zu sagen, dass man den Hund, der ihm das Gesicht geleckt und nachts am Fußende seines Betts geschlafen hatte, aller Wahrscheinlichkeit nach eingeschläfert hatte.
Und Nash war daran schuld, denn er hatte die Rossmans damals nicht gefragt, ob er den Hund behalten dürfe. Sie hatten ihm Nahrung und ein Dach über dem Kopf gegeben, und er hatte es nicht gewagt, noch mehr zu fordern, zumal sie sich geweigert hatten, seinen Bruder ebenfalls zu sich zu nehmen.
»Is ja Kacke«, stellte Tess betroffen fest, und diesmal wurde sie weder von Nash noch von Kelly wegen ihrer Ausdrucksweise zurechtgewiesen.
Sie beendeten die Mahlzeit schweigend; die Geschichte von Lucifer hatte ihnen allen den Appetit verdorben.
Schließlich erhob sich Kelly und begann den Tisch abzuräumen. Nash half ihr dabei, und selbst Tess leistete ihren Beitrag, ohne dass sie dazu aufgefordert werden musste. Ihre Stimmung war nach der traurigen Geschichte noch etwas gedrückt, tat der gemütlichen Atmosphäre aber keinen Abbruch, und nach einer Weile fingen sie wieder an, einander zu necken und herumzualbern.
»Wir könnten doch eine Willkommensparty für Ethan und Faith organisieren«, schlug Tess plötzlich vor.
Nash, der gerade den Müllbeutel zuschnürte, registrierte, wie er bei der Erwähnung seines ältesten Bruders sämtliche Muskeln anspannte. Er hatte schon fast vergessen, dass das Familienidyll nicht
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