Ich will nur dein Glück: Roman (German Edition)
gesorgt.«
Nash schnaubte. »Damals, als er fünfzehn war, ja. Aber warum hat er es mir nicht gesagt, als wir älter waren?«
Kelly stieß einen Seufzer hervor, der zutiefst bekümmert klang. »Hin und wieder wartet man eben auf den richtigen Moment, aber er kommt nicht, und dann wird es immer schwieriger, mit der Wahrheit herauszurücken.«
Nash biss die Zähne zusammen. Er hatte es so satt, dass alle anderen glaubten, sie wüssten, was das Beste für ihn war.
Kelly drehte sich zu ihm um und sah ihn an. Ihr Blick war ernst und nachdenklich. »Es tut mir leid, dass du heute so einen schweren Tag hattest«, sagte sie und strich ihm mit der Hand über die Wange.
»Es hat mich echt fertiggemacht.«
»Dann sollten wir jetzt aufhören zu reden, damit du schlafen kannst.«
Er ergriff ihren Arm, um ihr Handgelenk zu küssen. Dann ließ er die Zunge über ihre Haut gleiten.
Sie schauderte und hob eine Augenbraue. »Ich dachte, du bist müde?«
»Ich mag geistig erschöpft sein, aber körperlich bin ich noch topfit.« Er grinste und zog sie auf sich.
Dann sagten sie eine ganze Weile nichts mehr, und auch von schlafen konnte keine Rede sein.
Die ersten Tage nach Dares Enthüllung stürzte Nash sich in die Arbeit und war nur für seine Angestellten und seinen neuen Partner zu sprechen. Alle anderen Menschen – einschließlich Kelly – zu ignorieren, schien ihm der sicherste Weg, um seine Gefühle im Zaum zu halten.
Zunächst hatten ihn seine Brüder immer wieder versucht zu kontaktieren, aber nach einer Weile hatten sie es kapiert und ein paar Tage nichts mehr von sich hören lassen. Selbst Ethans Frau, mit der er von dem Tag an verfeindet gewesen war, an dem sie nach Serendipity zurückgekehrt war, hatte versucht, zu ihm durchzudringen. Sie hatte selbst jahrelang praktisch keinerlei Beziehung zu ihren Eltern gehabt, doch dann hatte sie anhand von Ethans Beispiel gesehen, wie wichtig Familie war, und nun wollte sie Nash unbedingt zu derselben Einsicht bringen. Aber Nash war noch nicht so weit.
Der einzige Mensch, dem er jetzt Gehör geschenkt hätte, war zugleich der Mensch, der ihm vom ersten Tag an den nötigen Freiraum zugestanden hatte. Kelly hatte sich nicht mehr gemeldet, nachdem er die ganze Nacht damit zugebracht hatte, sich in ihr zu verlieren, und sie sich ihm mit Haut und Haaren hingegeben hatte. Kelly war die Einzige, die ihn verstand. Er hatte diese Nacht gebraucht, und danach wollte er einfach in Ruhe gelassen werden. Jedenfalls hatte er das gedacht.
Mit dieser Annahme hatte er zwar falschgelegen, wie sich herausgestellt hatte, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass sie seine Wünsche akzeptiert und respektiert hatte. Doch inzwischen hatte er erkannt, dass er sie brauchte wie die Luft zum Atmen. Und deshalb stand er seit dem dritten Tag jeden Abend nach der Arbeit bei ihr auf der Matte und ging erst im Morgengrauen nach Hause, um sich zu duschen und für die Arbeit umzuziehen. Kelly hieß ihn mit offenen Armen willkommen und zwang ihn nicht, über etwas Bestimmtes zu reden. Bei ihr fand er, was er brauchte. Sie leistete ihm Gesellschaft, wenn er nur schweigend dasitzen wollte, und wenn es ihm tagsüber nicht gelang, das Gedankenkarussell anzuhalten, dann wusste er, dass sie ihm abends dabei helfen würde. Ihre kleine Wohnung war zu einem Zufluchtsort für ihn geworden, an dem ihn niemand anrief oder dazu drängte, sich mit der Wirklichkeit abzufinden, ehe er bereit dafür war.
Sie war einfach für ihn da.
Nash hätte gern ewig so weitergemacht, aber irgendwann konnte er das, was um ihn herum vorging, nicht länger ignorieren. Richard war vor einer Woche aus dem Krankenhaus entlassen worden, und seine Operation war nun schon vierzehn Tage her, doch Nash hatte ihn noch nicht besucht. Da er wu sste, er würde sich unmöglich zurückhalten können, beschloss er zu warten, bis Richard eine Befragung über sich ergehen lassen konnte.
Und heute war es so weit.
Da Nash so mit sich selbst und seinen Problemen beschäftigt gewesen war, hatte er gar nicht daran gedacht, dass er, wenn er Richard besuchte, womöglich auf seine Ex-Frau treffen könnte, dabei war es eigentlich ziemlich naheliegend. Und tatsächlich, als er klingelte, öffnete sie ihm die Tür.
»Nash!«, rief Annie überrascht und sah ihm kurz in die Augen, dann wandte sie den Blick ab. Sie hatte ungewöhnlich rote Wangen für ihre Verhältnisse.
»Darf ich reinkommen?«, fragte er. »Mary meinte, Richard könne inzwischen Besuch
Weitere Kostenlose Bücher